„Tourismus muss endlich Chefsache sein!“
Die Tourismuswirtschaft hält nicht mehr lange ohne staatliche Unterstützung durch. Diesen Hilferuf haben die Branchenverbände* BTW, Dehoga, DRV, DTV, IHA, RDA und VIR jetzt gemeinsam ins Kanzleramt nach Berlin gesendet und einen Tourismusgipfel unter Leitung der Bundeskanzlerin gefordert. Viele Unternehmen wie Reisebüros, Reiseveranstalter, Fluggesellschaften und Busunternehmen, Hotels, Restaurants und weitere Akteure des Deutschlandtourismus stünden aufgrund der Corona-Krise unmittelbar vor dem Aus. Finanzielle Hilfen seien bislang aber ausgeblieben, heißt es in einem gemeinsam verfassten Schreiben der Verbände.
„Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, wir müssen reden. Wir sehen uns mit einer Krise dramatischen Ausmaßes konfrontiert, in der wir schnellstmöglich Hilfe benötigen. Ein beträchtlicher Teil des deutschen wirtschaftlichen Mittelstands läuft Gefahr innerhalb weniger Wochen komplett wegzubrechen. Über eine Million Arbeitsplätze sind unverschuldet in Gefahr geraten. Die Rücklagen sind aufgebraucht. Ohne einen Rettungsfonds mit schnellen, direkten Finanzhilfen werden wir es nicht schaffen“, heißt es seitens Dr. Michael Frenzel, Präsident des BTW.
Für viele lohnt die Öffnung nicht
Auch Guido Zöllick, Präsident des Dehoga Bundesverband, drängt in dem Papier erneut auf ein Rettungspaket mit direkten Subventionen. „Lage und Stimmung im Gastgewerbe sind verheerend“, gibt Zöllick an. „Die meisten Betriebe befinden sich in der neunten Woche ohne Umsätze bei weiterhin laufenden hohen Fixkosten. Die Betriebe, die jetzt öffnen können, haben erhebliche Umsatzausfälle aufgrund der Schutzmaßnahmen.“ Für viele lohne es sich nicht zu öffnen.
Hinsichtlich der weiterlaufenden monatlichen Kostenbelastung fordert IHA-Vorsitzender Otto Lindner „unbedingt eine gesetzliche Klarstellung zum Recht auf Mietminderung in Zeiten der Corona-Pandemie, damit Vermieter und Mieter zu einem fairen Interessenausgleich bei Mieten und Pachten finden.“
„Tourismus muss endlich Chefsache sein!“
Welcher enormen finanziellen Belastung auch die Reisewirtschaft seit Beginn der Krise ausgesetzt ist, stellt Norbert Fiebig, DRV-Präsident, noch einmal dar. Reisebüros und Reiseveranstaltern hätten mit nachträglichen Annullierungen bereits abgeschlossene Buchungen zu kämpfen – die Reaktion auf die internationalen Reisewarnung. Enorme Rückerstattungsforderungen der Kunden seien die Folge. „Dies hat, neben dem komplett weggebrochenen Neugeschäft, die finanzielle Belastbarkeit der Reisebüros und Reiseveranstalter deutlich überfordert. Sie leiden noch zusätzlich unter der Planungsunsicherheit und der fehlenden Perspektive zur Öffnung touristischer Destinationen“, teilt Fiebig mit.
Ein Tourismusgipfel solle daher aus Sicht der Verbände klären, wie ein finanzielles Rettungspaket aussehen kann und muss, um die Vielfalt der Branche und überhaupt ihr Überleben zu sichern. Reinhard Meyer, Präsident des Deutschen Tourismusverbandes (DTV): „Wir brauchen einen Rettungsschirm und ein wirksames Konjunkturprogramm. Tourismus muss endlich Chefsache sein!“
Wie groß die Bedeutung der Branche als Wirtschaftszweig der Bundesrepublik ist, macht ein Blick auf die Zahlen deutlich: Mit insgesamt rund drei Millionen Beschäftigten liege der Tourismus auf Augenhöhe mit der Automobil- oder Maschinenbauindustrie, heißt es in der offiziellen Forderung von Verbandsseite. Die Tourismuswirtschaft steht für vier Prozent der Bruttowertschöpfung in Deutschland.
(IHA/KP)
*BTW (Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft e.V.), Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband), DRV (Deutscher Reiseverband e.V.), DTV (Deutscher Tourismusverband e.V.), IHA (Hotelverband Deutschland), RDA (Internationaler Bustouristikverband e.V.) und VIR (Verband Internet Reisevertrieb e.V.).