Vor den Bundestagswahlen

Mehr Mut zum Mittelstand

Zwei Gastronomen schauen im Betrieb auf Tablet
AG Mittelstand: „Für die Betriebe des deutschen Mittelstands ist entscheidend, dass es schnellstmöglich einen Paradigmenwechsel gibt.“ (Foto: © iStockphoto)
Die AG Mittelstand, der unter anderem der Dehoga angehört, fordert bessere Rahmenbedingungen. Denn „ohne den Mittelstand wird es keine wirtschaftliche Erholung geben“, warnt die Arbeitsgemeinschaft.
Montag, 07.06.2021, 12:19 Uhr, Autor: Natalie Ziebolz

Die AG Mittelstand wird in Kürze ihren Jahresmittelstandsbericht 2021 vorlegen. Dazu erklären die beteiligten Verbände mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl: „Wer in Deutschland politische Verantwortung trägt oder tragen will, muss diesen Bericht als Weckruf verstehen. Es geht darum, jetzt die richtigen Lehren aus der Pandemie ziehen. Eine dieser Lehren muss sein: Mehr Mut zum Mittelstand.

Für die Betriebe des deutschen Mittelstands ist entscheidend, dass es schnellstmöglich einen Paradigmenwechsel gibt. Wir müssen in unserem Land endlich weg von der situativen Corona-Politik und hin zu einer zukunftsorientierten Standortpolitik. Kurzum: Aus Getriebenen müssen wieder Gestalter werden. Dazu braucht es Mut, Entschlossenheit und Weitblick. Die großen Zukunftsfelder liegen auf der Hand: die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, Wachstum, starke Regionen, stabile soziale Sicherungssysteme, Digitalisierung, Nachhaltigkeit.

Eines ist klar: Ohne den Mittelstand wird es keine wirtschaftliche Erholung geben. Nur mit dem Mittelstand kann unser Land genügend Energie entfachen, um nach der Pandemie wieder voll durchzustarten. Deshalb braucht es eine mittelstandsorientierte Politik, die unsere Betriebe und Beschäftigten als Wohlstandsmotor und Wettbewerbsvorteil begreift. Eine Politik, die Menschen zur Selbstständigkeit ermutigt, unternehmerisches Handeln fördert, Freiräume für Betriebe und Beschäftigte schafft und dem Mittelstand mit Vertrauen begegnet. Dabei müssen die Leitlinien der Sozialen Marktwirtschaft verteidigt und immer wieder ausbalanciert werden.

Unsere Betriebe und Beschäftigten brauchen verlässliche Bedingungen, die auf marktwirtschaftlichen Instrumenten beruhen. Im Vordergrund der politischen Anstrengungen müssen ambitionierte Maßnahmen zur Fachkräftesicherung, ein entschlossener Bürokratieabbau, stabile Sozialversicherungsbeiträge sowie eine mittelstands- und investitionsfördernde Steuerpolitik stehen.

Der Mittelstand wird sich auch in Zukunft seiner Verantwortung stellen, vor allem mit seinem großen Engagement für Innovation, Beschäftigung und Ausbildung. Die 3,5 Mio. kleinen und mittleren Unternehmen aus Handel, Handwerk, dem Dienstleistungssektor, Gastronomie und Hotellerie, den Freien Berufen, der genossenschaftlich orientierten Agrar- und Ernährungswirtschaft, der Industrie sowie – als wichtigste Finanzierungspartner der kleinen und mittleren Unternehmen – die Sparkassen und Genossenschaftsbanken beschäftigen sechs von zehn sozialversicherungspflichtigen Mitarbeitern (fast 18 Mio.). Sie bilden vier von fünf der insgesamt mehr als 1,3 Mio. Auszubildenden aus und stehen für nachhaltiges unternehmerisches Handeln über Generationen.“

Was es jetzt braucht

  • Der Mittelstand fordert einen ausgewogenen Ausgleich zwischen allen Dimensionen der Nachhaltigkeit ein. Die Verfolgung von ökologischen und sozialen Zielen darf Wirtschaftlichkeit und Arbeitsplätze im Mittelstand nicht gefährden.
  • Der Mittelstand ist auf verlässliche und planbare energie- und klimapolitische Rahmenbedingungen angewiesen. Zudem sollte die Energie- und Klimapolitik im Grundsatz auf marktwirtschaftlichen Instrumenten beruhen.
  • Der Mittelstand braucht ein umfassendes Belastungsmoratorium für neue Gesetzgebungen sowie ein entschlossenes Programm zur Reduzierung des gesetzgebungsbedingten Erfüllungsaufwands für die Wirtschaft
  • Der Mittelstand ist auf wettbewerbs- und binnenmarktrechtliche Rahmenbedingungen angewiesen, die faire Datennutzungsmöglichkeiten eröffnen und strukturelle Nachteile gegenüber Wettbewerbern aus anderen Rechtsräumen ausgleichen.
  • Der Mittelstand plädiert für wettbewerbsfähige Unternehmenssteuern. Die ertragsteuerliche Belastung aller in Deutschland tätigen Unternehmen sollte auf maximal 25 Prozent auf Ebene der Gesellschaft sinken.
  • Der Mittelstand erwartet eine Offensive für die berufliche Bildung. Notwendig sind Investitionen in die Qualität der Bildung und die Berufsorientierung über alle Schulformen hinweg.
  • Der Mittelstand in den ländlichen Regionen braucht zukunftsfähige Gewerbeflächen mit hochleistungsfähigen digitalen Infrastrukturen und Verkehrsanschlüssen, um die Standortnachteile in ländlichen Räumen zu überwinden.
  • Der Mittelstand lehnt die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung ab, weil sie die Stabilität der Refinanzierungsbasis der deutschen Kreditinstitute und somit auch die Kreditverfügbarkeit für die Realwirtschaft schwächt.
  • Der Mittelstand macht sich für mittelstandsfreundliche Freihandelsabkommen stark. Zentrale Inhalte sollten dabei KMU-Kapitel und einfache Ursprungsregeln bei Waren sein.
  • Für den Mittelstand hat die Vollendung des EU-Binnenmarktes oberste Priorität. Dafür müssen diskriminierende nationale Normen und technische Standards abgeschafft und EU-Vorschriften einheitlich und harmonisiert umgesetzt werden.

 (DEHOGA/NZ)

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