Keine Allgemeinverbindlichkeit, nur eine zusätzliche Option
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat sich zur Initiative des Bayerischen Wirtschaftsministeriums geäußert, die eine Teil-Auszahlung aus Betriebsschließungsversicherungen an bayerische Gaststätten- und Hotel-Betriebe vorsieht. Entsprechend versicherte Unternehmen sollen demnach aufgrund der Corona-Krise und dadurch entstehende wirtschaftliche Schäden Geld daraus bekommen. (HOGAPAGE berichtete).
Diese Landes-Lösung sei, laut Dehoga, eine Reaktion darauf, dass tausende Gastro-Unternehmen in den vergangenen Jahren eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen hätten – und in der aktuellen Krisensituation nun guter Hoffnung waren, dass die Versicherung greift. „Umso größer war die für uns nachvollziehbare Enttäuschung und Verzweiflung, als eine Vielzahl von Versicherungen dies kategorisch ablehnten. Aufgrund der individuellen und unterschiedlichen Versicherungsverträge und der Voraussetzungen, die an den Eintritt des Versicherungsfalls geknüpft werden, war und ist es für uns nahezu unmöglich, für alle Verträge generalisierende Aussagen zu treffen“, teilte Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Dehoga Bundesverbandes, nun in einer offiziellen Stellungnahme mit.
Folgende Punkte sollen, gemäß Dehoga, nun Klarheit schaffen:
- In Bayern hat das Wirtschaftsministerium am 3. April 2020 eine gemeinsame Initiative für Hotel- und Gaststättenbetreiber mit der Haftpflichtkasse VVaG, der Versicherungskammer Bayern und der Allianz Versicherungs-AG sowie der vbw und dem Dehoga Bayern unterzeichnet. Der Dehoga Bundesverband, wie auch alle anderen Landesverbände im Dehoga Bundesverband, waren über den Inhalt der Initiative im Vorfeld der Unterzeichnung durch oben genannte Partner nicht informiert. Es war lediglich bekannt, dass Gespräche unter Federführung von Staatsminister Hubert Aiwanger mit dem Ziel geführt wurden, die Verweigerungshaltung der Versicherungen aufzubrechen.
- Konkret bedeutet dies, dass diese Vereinbarung zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine bundesweite Relevanz besitzt, erst recht kommt ihr keine präjudizierende Wirkung zu. Auch in Bayern hat diese Vereinbarung keine Allgemeinverbindlichkeit. So hat auch der Dehoga Bayern erklärt, dass es lediglich eine zusätzliche Option in Bayern für bestimmte Betriebe ist.
- Wenn nun die oben genannten drei Versicherungen ihren Kunden aus Gastronomie und Hotellerie anbieten, „freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht für die Dauer der vereinbarten Haftzeit eine Zahlung von 10 bis 15 Prozent der jeweils vereinbarten Tagesentschädigung“ zu leisten, kann jeder Gastronom oder Hotelier frei entscheiden, ob er dies annimmt oder nicht. Dieses Angebot ist eine Option, mehr nicht.
- Jeder Unternehmer ist gut beraten, sehr sorgfältig abzuwägen, ob das Angebot mit Blick auf seinen Vertrag und die darin vereinbarten Leistungen für ihn in Frage kommt (s. Ziffer 6).
- Insbesondere gilt, dass durch diese „Bayerische Initiative“ kein Versicherer aus der Verpflichtung entlassen wird, bereits zugesagte Regulierungen auf Basis bestehender Verträge zurückzunehmen. Denn auch diese erfreulichen Fälle über Reaktionen anderer Versicherer wurden uns zugetragen. Ebenso sind Versicherer in der Pflicht, die noch in den ersten Monaten des Jahres Betriebsschließungsversicherungen mit Verweis auf Corona verkauft haben.
- Sehr wichtig ist zudem die Prüfung des Angebotes (10 bis 15 Prozent der vereinbarten Tagesentschädigung) im Verhältnis zur Entschädigung gemäß Vertrag. Der „Bayerischen Initiative“ wurden bei der Ermittlung des Prozentsatzes folgende Annahmen zu Grunde gelegt: „Die Bundesrepublik Deutschland und der Freistaat Bayern haben bereits zahlreiche Unterstützungsmaßnahmen auf den Weg gebracht, wie unter anderem das Kurzarbeitergeld und weitere Soforthilfen. Unter Berücksichtigung der statistischen Durchschnittswerte für die Zusammensetzung der Betriebsaufwände im Hotel- und Gaststättengewerbe, reduziert sich durch vorgenannte Maßnahmen, sowie durch die ersparten Aufwendungen (zum Beispiel für Materialkosten), der wirtschaftliche Schaden eines Unternehmens um rund 70 Prozent. Im Hinblick auf die verbleibenden Einbußen (circa 30 Prozent) sind die Versicherer bereit, einen freiwilligen Beitrag zu leisten und ihren Kunden hierdurch kurzfristig weitere Liquidität zur Verfügung zu stellen.“ Jeder ist jetzt gut beraten, sorgfältig zu rechnen und bei akuten Liquiditätsengpässen die zeitlichen Komponenten zu berücksichtigen.
- Hoteliers und Gastronomen mit Betriebsschließungsversicherungen sind auf jeden Fall weiter aufgerufen, die Schließung der Betriebe den Versicherungen anzuzeigen. Ferner sollten alle Betriebe, die eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen haben, eine Schadensanzeige an ihre Versicherung richten, damit etwaige Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag aufgrund unterlassener oder verspäteter Schadensanzeige nicht verwirkt werden.
- Nach aktuellem Kenntnisstand ist die Rechtslage mit Blick auf die Vielzahl unterschiedlicher Versicherungen und Fallkonstellationen komplex und unübersichtlich. Fakt ist, viele Unternehmer haben Betriebsschließungsversicherungen abgeschlossen, um für diesen Ernstfall gerüstet zu sein. Ingrid Hartges: „Ihre nachvollziehbare Erwartungshaltung darf nicht enttäuscht werden. Ich appelliere an die Versicherer, entsprechend der vereinbarten Verträge schnell und unbürokratisch zu regulieren. Es geht um die Existenz tausender Betriebe. Aber es geht auch um das Vertrauen in die Versicherungswirtschaft.“
(Dehoga/KP)