Branchenstimmen

„Ich erwarte vom Auswärtigen Amt differenzierte Reisehinweise“

Norbert Fiebig, Deutscher Reiseverband
Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbands, bewertet die verlängerte Reisewarnung als zu pauschal. (Foto: ©DRV/Wyrwa)
DRV-Präsident Norbert Fiebig kritisiert die Verlängerung der Reisewarnung für 160 Nicht-EU-Länder bis Ende August. Damit steht er nicht allein. Auch andere Branchenakteure bewerten den Beschluss als zu pauschal.
Mittwoch, 10.06.2020, 14:30 Uhr, Autor: Kristina Presser

Die deutsche Tourismusbranche kritisiert den Beschluss des Bundeskabinetts, die Reisewarnung für 160 Länder außerhalb der EU bis 31. August 2020 zu verlängern. Der Deutsche Reiseverband (DRV) bezeichnete die Entscheidung als „nicht verhältnismäßig“, weil durch sie rund 160 Staaten unberechtigterweise gleichbehandle. Vielmehr sei ein differenzierterer Ansatz notwendig, um die wirtschaftliche Erholung und die Wiederaufnahme von Handel und Tourismus nicht zu gefährden.

DRV-Präsident Norbert Fiebig urteilt: „Das Auswärtige Amt macht es sich mit der weltweiten Reisewarnung zu leicht. Die Pandemie klingt in sehr vielen Ländern der Welt ab. Entsprechend stellt sich das Infektionsgeschehen in den rund 160 Ländern, auf die sich die Reisewarnung bezieht, sehr unterschiedlich dar.“ Man solle und könne sie daher nicht alle über einen Kamm scheren.

Die Länder müssen einzeln betrachtet und bewertet werden

Viele Staaten seien außerdem beim Kampf gegen das Coronavirus sehr erfolgreich und hätten teils weniger Infizierte als Deutschland. Sie würden belastbare Hygiene- und Sicherheitsprotokolle umsetzen, was auch für Kreuzfahrten gelte. Daher Fiebigs Forderung: „Ich erwarte vom Auswärtigen Amt, dass es nun schnellstmöglich differenzierte Reisehinweise vorlegt, welche die Gefährdungslage in den Ländern dieser Welt darlegt.“ Dafür brauche es objektive Maßstäbe wie die Anzahl der aktiv Infizierten und der tatsächliche Zustand des Gesundheitssystems. Im Fall der Fälle, gibt Fiebig zu bedenken, würden deutsche Reiseveranstalter auch für eine Rückholung von Pauschalurlaubern garantieren.

Auch andere Branchenexperten sind gegen eine pauschale Reisewarnung

Der Geschäftsführer der FTI Group, Ralph Schiller, kritisierte, die Entscheidung der Bundesregierung „entzieht Veranstaltern und Reisebüros in Deutschland weiter einen großen Teil der Wirtschaftsgrundlage und ist zudem auch ein herber Rückschlag für viele betroffene Destinationen.“ Auch Schiller forderte einen differenzierten Ansatz.

DER Touristik Manager Ingo Burmester begrüßte wiederum die Ankündigung von Außenminister Heiko Maas, auf Basis eines Kriterienkataloges individuelle Bewertungen vorzunehmen. „Wir sind überzeugt, dass einige Reiseziele, darunter die Türkei, bereits zeitnah Urlauber sicher empfangen können“, sagte der Zentraleuropa-Chef.

Zu den 160 Nicht-EU-Ländern für die eine pauschale Verlängerung der Reisewarnung gilt, zählen unter anderem die Türkei und Ägypten – beides Staaten, die weit oben auf der Beliebtheitsskala der Deutschen als Urlaubsland stehen.
(DRV/dpa/KP)

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