Corona-Krise

„Die Politik darf Deutschlands Gastgeber nicht allein lassen“

Guido Zöllick
Dehoga-Präsident Guido Zöllick plädiert für ein sofortiges Rettungspaket für das Gastgewerbe. (Foto: ©Dehoga Bundesverband/Svea Pietschmann)
Wann Deutschlands Gasgewerbe wieder öffnen darf, ist unklar. Dehoga-Präsident Guido Zöllick fordert nun sofortige Unterstützung für die Branche – und kritisiert die überwiegenden Wirtschaftshilfen für Großkonzerne.
Donnerstag, 16.04.2020, 08:05 Uhr, Autor: Kristina Presser

Die Corona-Maßnahmen gehen erneut in die Verlängerung – gelten nun bis mindestens 3. Mai 2020. Während sich etwa für den Einzelhandel und Schulen eine vorsichtige Lockerung der strengen Regelungen abzeichnet, hat die Politik zur Öffnung von Gastronomie und Hotels (auch für touristische Zwecke) kein Datum in Aussicht gestellt. Im Gegenteil. Von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hieß es, dass diese Branche eher eine der letzten sein wird, für die Lockerungen angedacht sind. Guido Zöllick, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga Bundesverband) über die Problematik für das Gastgewerbe: „Unsere Betriebe waren die ersten, die geschlossen wurden, und sind nun die letzten, die wieder öffnen dürfen.“ Dabei betonte er, dass das Gastgewerbe alles akzeptiert, was gesundheitspolitisch geboten sei. Allerdings müssten die Maßnahmen nachvollziehbar und begründet sein. „Umso wichtiger ist jetzt ein sofortiges Rettungspaket für die Branche, wie wir es von Beginn an gefordert haben.“ Das sei die einzige Möglichkeit, „eine Pleitewelle nie gekannten Ausmaßes und Massenarbeitslosigkeit“ zu verhindern.

Die Forderungen des Dehoga im Einzelnen

  • Reduzierte Mehrwertsteuer
    Die wichtigste Hilfsmaßnahme sei, laut Dehoga, die Einführung eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes für gastronomische Umsätze ab dem ersten Tag der Wiedereröffnung. Guido Zöllick: „Mit sieben statt 19 Prozent Mehrwertsteuer könnten die nicht unerheblichen Umsatzausfälle aufgrund der dann einzuhaltenden Abstandsregelungen ein wenig kompensiert werden – und das völlig unbürokratisch, antragslos und sofort wirksam.“ Außerdem würde die reduzierte Steuer mittelfristig helfen, aufgenommene Kredite auch tilgen zu können. Im Abhol- und Liefergeschäft, das derzeit von einigen Unternehmen angeboten wird, würden bereits sieben Prozent Umsatzsteuer gelten. „Wir brauchen jetzt dringend Maßnahmen, die Perspektiven eröffnen und Mut machen“, sagte Zöllick.
  • Einrichtung eines Rettungs- und Entschädigungsfonds
    Abgesehen von der steuerlichen Erleichterung, fordert der Dehoga-Präsident auch die Bildung eines Rettungs- und Entschädigungsfonds für das Gastgewerbe, um die dramatischen Folgen der Corona-Krise abzufedern. „Es darf nicht sein, dass Deutschlands Gastgeber nur mit einer hohen Verschuldung aus der Krise gehen, sollten sie sie überhaupt überstehen, und keine Entschädigung erhalten“, sagte Zöllick. „Hier muss schnellstens ein Rettungsfonds mit direkten Finanzhilfen für die Betriebe geschaffen werden.“ Andere Branchen hätten in weitaus weniger dramatischen Situationen hohe staatliche Unterstützungsleistungen erhalten.

Sollten die geforderten Hilfen von politischer Seite nicht umgesetzt werden, befürchtet Zöllick, dass Tausenden kleinen und mittelständischen Betrieben die Luft ausgehe: „Unsere Familienbetriebe haben nicht die Rücklagen und Möglichkeiten großer Industrie oder Versicherungskonzerne, um aus eigener Kraft aus der Krise herauszufinden. Damit steht die einzigartige Vielfalt von Gastronomie und Hotellerie in Deutschland auf dem Spiel.“ Ganze touristische Strukturen drohten zerstört zu werden.

„Die Politik darf Deutschlands Gastgeber nicht allein lassen“

Zwar erkenne die Branche die bislang getroffenen Maßnahmen der Bundesregierung sowie der Landesregierungen an, aber sie reichen definitiv nicht aus. „Die Politik darf Deutschlands Gastgeber, die öffentlichen Wohnzimmer unserer Gesellschaft, die maßgeblich zur Lebensqualität beitragen, in diesen schwersten Tagen ihrer Geschichte nicht allein lassen“, appellierte Zöllick. „Es kann und darf nicht sein, dass nur Großkonzerne durch den sogenannten Wirtschaftsstabilisierungsfonds gerettet werden und 223.000 gastgewerbliche Betriebe mit 2,4 Millionen Beschäftigten das Nachsehen haben.“ Hier müsse nachgebessert und das notwendige Rettungspaket auf den Weg gebracht werden.
(Dehoga/KP)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Geselliges Paar bei einem Wein im Restaurant mit Hund
Inklusion
Inklusion

Hunde verboten! Aber was ist mit Assistenzhunden?

In der Hotellerie und Gastronomie sind die bellenden Vierbeiner, außer im Biergarten, nicht immer willkommene Gäste. Wie aber sollen Betreiber mit den Tieren umgehen, wenn sie vom Menschen benötigt werden, um ein Handicap auszugleichen? 
Drei Frauen sitzen an einem Tisch im Restaurant und unterhalten sich.
Dehoga-Umfrage
Dehoga-Umfrage

Geschäftserwartungen im Gastgewerbe verbessern sich

Zum Ende der Winterzeit verbessert sich die wirtschaftliche Lage im Gastgewerbe. Wie eine aktuelle Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes zeigt, gehen die Umsatzverluste in der Branche zurück. Es ist der beste Wert seit März 2020.
Interview das gefilmt wird
„Aufgetischt & Nachgefragt“
„Aufgetischt & Nachgefragt“

Spitzenkandidaten im Gespräch

Welche Wertschätzung bringen die Berliner Spitzenkandidaten dem Gastgewerbe entgegen? Wie stellen sie sich die Zusammenarbeit vor? Diese und weitere Fragen klären Christian Andresen, Dehoga Berlin, und Bernhard Moser, eat!berlin, in der Reihe „Aufgetischt & Nachgefragt“.
Strandkorb am Strand
Halbjahresbilanz
Halbjahresbilanz

„In Ferienregionen wächst die Zuversicht“

Im ersten Halbjahr 2021 fiel der Umsatzrückgang im Gastgewerbe erneut hoch aus. Gastronomische Betriebe durften schließlich erst im Mai wieder öffnen. Für Juli und August rechnet Dehoga-Präsident Guido Zöllick mit besseren Zahlen.
Kellner mit Essen und Maske
Branchen-Umfrage
Branchen-Umfrage

Gastgewerbe noch nicht über dem Berg

Das Gastgewerbe erholt sich nur langsam vom Lockdown. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Dehoga Bundesverbandes. Vor allem die Stadt- und Tagungshotellerie sowie das Eventcatering verzeichnen weiterhin erhebliche Umsatzausfälle.
Mona Naubaur
Corona-Maßnahmen
Corona-Maßnahmen

NRW-Grüne fordern Hilfsfonds für Gastgewerbe

Auch aus der Politik kommt inzwischen die Forderung nach Finanzhilfen für Gastronomie und Hotellerie – und die baldige Öffnung der Betriebe. Für Branchenexperten sind es dennoch trübe Aussichten.
v.l.n.r. die Mitglieder des Dehoga Bayern: Christopher Riemensperger (Schatzmeister), Andreas Brunner (2. Vizepräsident), Michaela Schmitz-Guggenbichler (Vorsitzende des Fachbereichs Gastronomie), Angela Inselkammer (Präsidentin), Tourismusministerin Michaela Kaniber, Dr. Thomas Geppert (Geschäftsführer), Thomas Förster (1.Vizepräsident).
Aufruf
Aufruf

Kaniber fordert politische Wende für das Gastgewerbe

Die Tourismusministerin Michaela Kaniber hat sich auf dem diesjährigen Gastgebertag des Dehoga Bayern zur aktuellen Lage der Branche geäußert. In einem Statement fordert sie unter anderem die Rückkehr zum niedrigeren Mehrwertsteuersatz.
Bezahlung im Restaurant
Umsatzzuwächse
Umsatzzuwächse

Guter August für das bayerische Gastgewerbe

Der Ferienmonat August bescherte den bayerischen Wirten und Hoteliers erfreuliche Umsatzzuwächse. Für das laufende Jahr sieht das Bild jedoch nicht ganz so positiv aus.
Gastronomin im Restaurant
Optimismus
Optimismus

Mäßige Ferienbilanz in Sachsen-Anhalt: Hotels und Restaurants hoffen auf Besserung

Die Sommerferien in Sachsen-Anhalt haben vergleichsweise früh angefangen. Auch wegen des unbeständigen Wetters lief das Geschäft in Hotels und Gastronomien nicht so gut. Doch es gibt noch Hoffnung.