„Da stellt sich doch die Frage, ist das Vorsatz?“
Jürgen Gangl, 1. Vorsitzender der Hoteldirektorenvereinigung Deutschland (HDV), hat sich zur Corona-Politik und der aktuellen Situation für die Hotellerie geäußert. Für ihn sind die erfolgten und noch immer geltenden (Lockown-)Maßnahmen schon lange nicht mehr nachvollziehbar, scheinen vielmehr an Stimmenfang für die kommenden Wahlen geknüpft. Er attestiert der Regierung und den Verantwortlichen im politischen Berlin stringente Ignoranz.
Mitte März jährt sich das alle Bereiche des öffentlichen Lebens beherrschende Thema Corona zum ersten Mal. Aktuell befinden wir uns zum zweiten Mal im Lockdown, allen voran das Gastgewerbe. Die Hotellerie, sagt Gangl, werde in möglichen Öffnungs-Überlegungen und Lockerungsplänen nicht einmal mehr erwähnt. „Eine gesamte Branche wird von der Politik schlichtweg ignoriert. Wir werden ‚nach hinten verschoben‘, ‚vertagt‘, ‚folgen irgendwann‘. Da stellt sich doch die Frage, ist das Vorsatz?“
Für den 1. Vorsitzenden der Hoteldirektorenvereinigung Deutschland ist es „erschütternd dabei zuzusehen, wie die Politik versucht, ihre Maßnahmen bestmöglich zu vermarkten und zu rechtfertigen, anstatt sich darauf zu konzentrieren, den Lockdown schnellstens abzuschaffen“. Das politische Berlin ducke sich im Super-Wahljahr weg, zu Lasten der Bürger und kompletter Branchen, deren wirtschaftliche Grundlange immer dramatischer wird.
Schnelltests sind keine Alternative zur Impfung
Die in Aussicht gestellten Lockerungen und Stufenpläne sind für Gangl kaum noch nachvollziehbar. Öffentlichkeitswirksam sind vor allem Streitereien und Schuldzuweisungen unter den Parteien und Politikern. Dabei lägen, laut Gangl, alle Mittel, die nach aktuellem Wissensstand zur Pandemiebekämpfung beitrügen, vor: „Es gilt, zu impfen, zu testen und Kontakte digital zu verfolgen. Doch in einem hochentwickelten Land wie Deutschland gibt es von allem zu wenig und alles viel zu spät: Es wurde zu wenig Impfstoff bestellt und der vorhandene dann auch noch schlechtgemacht. Schnelltests gibt es bereits seit dem vergangenen Sommer. Die wurden aber monatelang konsequent ignoriert. Nun werden sie als Wundermittel angepriesen, was sie bei Weitem nicht sind, und außerdem sind trotz vollmundiger Ankündigung kaum welche vorhanden.“ Schnelltests mit einer maximalen Gültigkeit von sechs bis acht Stunden seien, nach Meinung des HDV-Vorsitzenden, keine Alternative zu einer Impfung. „Dient vielleicht das Schnelltest-Desaster als PR-Maßnahme zur Ablenkung vom Impf-Debakel?“, fragt Gangl vielmehr.
Auch die vom Bund für viele Millionen in Auftrag gegebene Corona-Warn-App, die zur Kontaktverfolgung entwickelt wurde, trage in Gangls Augen „nicht wirklich viel“ bei. Funktionierende digitale Systeme aus der Privatwirtschaft würden dagegen schlicht ignoriert. „Insgesamt versinkt Deutschland in einem bürokratischen Corona-Sumpf. Aber Bürokratie und Pandemie gehen einfach nicht Hand in Hand.“
Aussage des RKI zur Hotellerie als potenzieller Pandemietreiber
Potenziellen Kritikern nimmt Gangl direkt den Wind aus den Segeln: „Wer das für zu viel Politiker-Schelte hält, der sollte nicht übersehen, dass das immer offensichtlichere politische Versagen enorme, nicht wieder zu reparierende Negativ-Auswirkungen insbesondere auch auf die Hotellerie hat.“ Selbst das RKI habe jüngst bestätigt, dass diese kein Pandemietreiber sei. „Die stringente Ignoranz gegenüber unserer Branche ist schon lange nicht mehr mit Inzidenzen, Wellen und Mutanten zu rechtfertigen“, betonte der HDV-Vorsitzende.
Seit Pandemiebeginn habe man viel Zeit gehabt, das Virus besser zu verstehen und zu lernen, sagt Gangl. Auch sei allen klar, dass man mit dem Virus leben müsse. Und man wisse bereits, wie dies funktionieren könne. Dabei verweist er auf die zunächst schleppend angelaufene und inzwischen mit rasanter Geschwindigkeit vonstattengehende Impfkampagne in den USA. „Zuletzt sind im Schnitt 2 Millionen Impfdosen am Tag verabreicht worden. Deutschland kommt auf etwas mehr als 200.000. Wenn die USA voraussichtlich im Mai durchgeimpft sind, sind wir schlimmstenfalls noch im Lockdown. Spätestens angesichts solcher Zahlen kann sich kein Politiker in Deutschland mehr aus der Verantwortung ziehen und die Situation weiter verschleppen.“
Man habe ein Jahr lang alles mitgetragen, schließt Gangl sein Statement, „unsere Geduld kann nun wahrlich nicht mehr weiter strapaziert werden. Wir haben gelernt, mit Verantwortung umzugehen, unsere Politik bleibt uns da einiges schuldig.“
(HDV/KP)