Polizei nutzt Gästelisten auch für kleinere Vergehen
Die bayerische Polizei hat in vereinzelten Fällen auch bei der Verfolgung kleinerer Delikte auf die Daten von Gästelisten aus der Gastronomie zurückgegriffen. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der FDP-Fraktion im Landtag hervor. Diese lag der unter anderem der Deutschen Presse-Agentur vor.
Demnach griffen die Beamten mit Stand Ende Juli 2020 in 24 Fällen auf die Gästelisten zurück, die Besucher etwa von Restaurants oder Biergärten ausfüllen. Dreimal ging es dabei um Betrug, je einmal um Diebstahl und Beleidigung. Viele Abfragen beziehen sich allerdings weiter auf gravierendere Fälle der Strafverfolgung, etwa Mord und Totschlag, gefährliche Körperverletzung oder Bedrohung. Dreimal wurden die Listen für die Suche nach Vermissten herangezogen.
Vorgehen sei „völlig legal“
Mitte Juli hatte eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergeben, dass die bayerische Polizei solche Gästeliste-Daten nutzt. Innenminister Joachim Herrmann verteidigte danach das Vorgehen, die Gästelisten aus Restaurants könnten „im Einzelfall wichtige Ermittlungsansätze liefern“. Gerade Kapitalverbrechen müssten sorgfältig ausermittelt werden, damit der Täter seine gerechte Strafe erhalte.
Ein Sprecher des Innenministeriums betonte jetzt, dass im Einzelfall ein Zugriff auf die Gästeliste-Daten auch bei weniger schweren Delikten verhältnismäßig sein könne. Der Gesetzgeber habe allerdings keine bestimmte Delikt-Schwere vorgeschrieben, weshalb das Vorgehen der Ermittler völlig legal und immer eine Einzelfallentscheidung sei, auch in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft.
Politiker kritisieren Vorgehensweise
FDP-Fraktionschef Martin Hagen kritisiert das Vorgehen der Ermittler gerade bei weniger gravierenden Fällen der Strafverfolgung: „Ich halte das für hochproblematisch. Diese Gästelisten wurden ausschließlich zur Pandemiebekämpfung eingeführt. Eine Zweckentfremdung zerstört das Vertrauen der Bürger in staatliches Handeln und die Akzeptanz für die Corona-Regeln“, sagte er gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ am Mittwoch.
(dpa/lby/KP)