Kommentar

Wo ist der versprochene Bürokratieabbau?

Schild „An Jugendliche wird kein Alkohol ausgeschenkt“
Solche oder ähnlich lautende Aushänge müssen in allen österreichischen Lokalen sichtbar sein – auch in Gastronomiebetrieben, die überhaupt keinen Alkohol ausschenken. (© wko)
Dass in Österreichs Amtsstuben der gleichnamige Schimmel wiehert ist keine Neuigkeit. Vielleicht könnte man aber doch mal aufhören, Unternehmer mit sinnbefreiten Verordnungen zu piesacken
Montag, 21.10.2019, 14:11 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

Österreich, das Land der Vorschriften! (Wobei man zumindest diesbezüglich Deutschland auf Augenhöhe begegnet. „In Deutschland wird es nie zu einer Revolution kommen, da hierfür keine Vorschrift existiert“, lautet ein altes Bonmot.) Manche sind sinnvoll, viele unnötig und etliche völlig schwachsinnig. Einziger (wenn vielleicht auch nicht direkt gewollter) Zweck in solchen Fällen ist bei Betriebsüberprüfungen ohne Augenmaß eine Strafe mehr.

Klassisches Beispiel ist der verpflichtende Aushang in allen Lokalen, dass an Jugendliche unter 16 Jahr kein Alkohol ausgeschenkt wird. Und zwar muss dieser Hinweis auch im türkischen Dönerimbiss hängen, der aus Glaubensgründen ohnehin keinen Alkohol im Angebot hat. Man bietet zwar generell keinen Alkohol an, muss aber explizit darauf hinweisen, dass man speziell an Kinder und Jugendliche auch keinen Alkohol verkauft – sonst Strafe. Muss das jeder verstehen?

Fünf Schilder pro Zimmer?

Einen anderen Fall hat jetzt die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) publik gemacht. So seien laut Nichtraucherschutzgesetz in Hotelzimmern Rauchverbotshinweise „in ausreichender Zahl und Größe so anzubringen, dass sie überall im Raum oder der Einrichtung gut sichtbar sind“. Das hieße gleich mehrere Schilder je Hotelzimmer mit Bad und WC. „In unserem Hotel wird seit einem Jahr gar nicht mehr geraucht, völlig problemlos. Jetzt sollen wir laut Nichtraucherschutzgesetz je Hotelzimmer vier bis fünf Schilder anbringen oder bis zu 10.000 Euro Strafe zahlen. Das ist nicht einzusehen“, beklagt etwa Alexander Gulewicz, Hotelier und ÖHV-Landesbeirat in der Steiermark, diese Blüten der Bürokratie. Dabei sind das nur zwei willkürlich ausgesuchte Beispiele. Allergenverordnung, HACCP, völlig jenseitige Schulungsvorschriften und –protokolle von Mitarbeitern, etc. – die Liste ist endlos.

Wenn man also einen Wunsch an die kommende Regierung in Österreich formulieren darf, dann steht ein Bürokratieabbau, der dann auch eine gewisse Behördenwillkür einschränken würde, ganz oben auf dem Wunschzettel – auch wenn man diesen Wunschzettel vermutlich ebenso gut an das Christkind adressieren könnte. Schließlich werden Bürokratieabbau, Verwaltungsreform, etc. seit gefühlt einem halben Jahrhundert versprochen, zuletzt etwa auch als großes Projekt von Ex-Justizminister Josef Moser. Aber träumen wird man ja noch dürfen…

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