Wie Brauereien jetzt das Bierbauch-Klischee kippen wollen
Macht der gute alte Gerstensaft tatsächlich dick? Die Antwort auf diese Frage sollen Verbraucher zukünftig bereits schon auf dem Flaschenetikett erhalten. Denn die Brauereien wollen jetzt alle Biergetränke mit Kalorienangaben versehen, wie der Deutsche Brauer-Bund und der Verband Privater Brauereien in Deutschland dieser Tage mitteilten. Die Brauer drängten gleichzeitig die Wein- und Spirituosenbranche, mitzuziehen. Der Hintergrund: Bislang müssen alkoholische Getränke in der EU noch keine Nährwertangaben tragen. Doch drängen die EU-Kommission wie auch die Verbraucher seit Jahren auf eine freiwillige Kennzeichnung. Für den Hauptgeschäftsführer des Brauer-Bundes, Norbert Eichele, ist der Schritt deshalb schlichtweg zeitgemäß: „Ein durchschnittlicher Supermarkt hat heute mehr als 12.000 Produkte im Angebot. Fast alle haben Kalorienangaben auf der Verpackung. Nur bei alkoholischen Getränken sucht der Kunde heute noch vergebens danach.“
„Verbraucher schätzen Kaloriengehalt von Bier zu hoch ein“
Für die Brauer sei die größere Transparenz in ihrem ureigensten Interesse, so Eichele weiter. Denn Umfragen würden zeigen, dass viele Verbraucher den Kaloriengehalt von Bier überschätzen. „Eine Flasche Pils hat im Schnitt rund 200 Kilokalorien. Doch viele Verbraucher glauben, es sind 300, 400 oder sogar 500 Kilokalorien“, lässt der Fachexperte dazu verlauten. Der Kaloriengehalt eines normalen Bieres entspräche nach Angaben der Verbraucherzentrale Hamburg etwa dem von Apfel- oder Orangensaft. „Alle großen und viele kleinen deutschen Brauereigruppen machen Eichele zufolge bei Einführung der Kalorienangabe mit – so seien u.a. auch Bitburger, Krombacher, Oettinger, Paulaner, Radeberger, Veltins und Warsteiner dabei. Internationale Brauriesen wie Carlsberg oder Heineken hätten die Kennzeichnung sogar bereits eingeführt. In Deutschland sollen die Kalorienangaben schrittweise Einzug auf den Etiketten halten.
Wein doppelt so kalorienreich wie Bier
Der Lebensmittelexperte Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg begrüßte den Schritt der Brauereien und drängte die Wein- und Spirituosenbranche, rasch dem Beispiel der Bierbrauer zu folgen. „Es gibt keinen Grund, die Ausnahme für Wein und Spirituosen aufrecht zu erhalten“, sagte er. Nach Angaben der Verbraucherzentrale haben Sekt und Wein einen fast doppelt so hohen Kaloriengehalt wie Bier. Bei Spirituosen läge er sogar fünf- bis sechsmal so hoch. Diese Tatsache ist den Weinbauern offensichtlich wohlbekannt, denn deren erste Reaktionen auf die Nährwertkennzeichnung fielen zurückhaltend aus. Die Winzer wollen sich zusätzlichen Verbraucherinformationen nicht verschließen, hieß es beim Deutschen Weininstitut in Bodenheim bei Mainz. Allerdings sei das Gesamtkonzept noch nicht abgeschlossen ausdiskutiert. Der Sprecher des Fränkischen Weinbauernverbandes, Michael Bock, erklärte: „Für Nährwert- oder Kalorienangaben auf Wein sehen wir keinen Bedarf, da Wein ein Genussmittel ist.“ Er fügte noch hinzu: „Die Menschen in Franken überlegen aber auch nicht, ob Wein dick macht. Sie genießen ihn.“ Vom Bundesverband der Spirituosen-Industrie war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.