Rechtssprechung

Weinhändler und Winzer zittern vor Gerichtsurteil

Eine Weinkiste mit dem Aufdruck „Nicht jugendfrei“
Beim Internet handelt es um einen „virtuellen Öffentlichen Raum“, sodass Weinversender verpflichtet seien, das tatsächliche Alter der Kunden festzustellen – so das Bochumer Landgericht. (© Photocreatif/Fotolia)
Zahlreiche Weinhändler verschicken ihre Ware, ohne das tatsächliche Alter des Bestellers zu prüfen. Ein Gerichtsurteil zu dieser Handhabung sorgt nun für Unruhe in der Branche. Die ersten Betriebe erhielten bereits Drohbriefe. 
Dienstag, 23.04.2019, 11:16 Uhr, Autor: Thomas Hack

Wie das Portal Internet World Business berichtet, herrscht durch ein kürzlich gesprochenes Urteil des Landgerichts Bochum zunehmend Unruhe unter deutschen Winzern und Weinhändlern. Die Richter bezogen sich in ihren Ausführungen auf Paragraf 9 des Jugendschutzgesetzes, welcher inhaltlich besagt, dass in Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit kein Wein an Jugendliche unter 16 Jahren abgegeben werden darf. Bisher sahen sich Online-Weinhändler nicht in der Pflicht, sich an dieses Gesetz zu halten, da ein „Onlinehandel“ nicht „in der Öffentlichkeit“ agiere, wie es im Jahre 2007 auch das Landesgericht Koblenz bestätigt hatte. Die Bochumer Kollegen sehen dies nun offensichtlich etwas anders: Beim Internet handle es sich ihnen zufolge um einen „virtuellen Öffentlichen Raum“, sodass Weinversender verpflichtet seien, das tatsächliche Alter der Kunden festzustellen. Es reiche nicht aus, dass lediglich ein Vermerk zur Altersfreigabe im Onlineshop niedergeschrieben ist.

„Die gemütliche Zeit für den Onlinehandel ist vorbei!“
Die deutschen Winzer und Weinhändler sind hinsichtlich dieser widersprüchlichen Aussagen irritiert, doch Fachexperten sind sich sicher, dass ein Onlineshop zwangsläufig Umsatzeinbrüche hinnehmen muss, wenn sich dieser zu einer Altersverifikation entscheidet. Der Grund: Erfahrungsgemäß stelle eine Altersüberprüfung für die Besteller eine umständliche Hürde dar und verursache für das Unternehmen zudem auch noch zusätzliche Servicekosten. Viele Weinbesteller würden sich den Experten zufolge stattdessen einen anderen Weinshop suchen, der eine solche Altersverifizierung noch nicht auf der Webseite eingeführt hat. Die ersten Folgen dieses Urteils sind offensichtlich schon zu spüren, da seit einigen Wochen zahlreiche Onlineshops E-Mails mit der Aufforderung zur Einhaltung des Jugendschutzes erhalten würden. Auch Androhungen von Gerichtsklagen seien dem Bericht zufolge schon mehrfach von den Weinhändlern gemeldet worden. Frieder Schelle vom Unternehmen Trusted Shops GmbH ließ zu der momentanen Sachlage verlauten: „Die gemütliche Zeit für den Online-Weinhandel ist vorbei!“

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