Kommentar: Koalitionsvertrag der CSU und FW in Bayern

Was von den Versprechen für das Gastgewerbe übrig bleibt…

Ministerpräsident Söder in einem Bierzelt
„Herr Ministerpräsident, wir nehmen Sie beim Wort!“ (© picture alliance/Sueddeutsche Zeitung Photo)
Vor dem Hintergrund der dramatisch schlechten Umfrageergebnisse wurde dem Gastgewerbe vor den Landtagswahlen in Bayern viel versprochen – von Markus Söder höchstpersönlich. Jetzt haben die CSU und die Freien Wähler einen Koalitionsvertrag unterschrieben. Und wir erinnern an gemachte Wahlversprechen.
Dienstag, 06.11.2018, 15:50 Uhr, Autor: Daniela Müller

Haben Sie auch vor einigen Wochen Post von Markus Söder bekommen? Es war wohl der Mut der Verzweiflung, der den CSU-Chef kurz vor den Landtagswahlen im Oktober dazu trieb, sich in einem Brief (das Schreiben liegt der HOGAPAGE-Redaktion vor) direkt an die Unternehmer unserer Branche zu wenden. Neben der üblichen Lobhudelei für das bayerische Gastgewerbe – von wegen „Aushängeschild für den Freistaat und wichtigste Kraft für den Tourismus“ etc. – wurde dem Briefempfänger, der mit seiner Arbeit einen wichtigen Beitrag für die Attraktivität Bayerns leiste, auch obligatorischer Dank ausgesprochen. So weit so gut. Was uns dann aber aufhorchen ließ, war, was in den folgenden Absätzen zu lesen war.

Schwarz auf weiß standen sie da geschrieben, Markus Söders höchstpersönliche Wahlversprechen für die Gastronomie: Ein Investitionspaket von über 30 Millionen Euro zur Förderung von Modernisierungen für mehr Gastlichkeit, Qualität und Barrierefreiheit. Kostenlose Beratungen und Förderprogramme für gastgewerbliche Betriebe, Digitalisierung, Entbürokratisierung und die Einführung von Praxis-Checks bei neuen Auflagen und Gesetzen.

Ein Mann, ein Wort?
„Wir reden nicht nur, wir machen“, fügte der Bayerische Ministerpräsident kämpferisch hinzu. Und zog gleich noch zwei Asse aus dem symbolisch hochgekrempeltem Ärmel: „Das gilt auch auf Bundesebene: Hier setzen wir uns für die Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes und eine Absenkung des Mehrwertsteuersatzes für Essen ein.“ Wow, dachte sich da so mancher geplagte Unternehmer, Wahlgeschenke für das Gastgewerbe? Ernsthaft? Nicht zu früh freuen, bitte! Zwar finden sich einige der oben genannten Punkte tatsächlich im Koalitionsvertrag wieder. Wie ernst es Markus Söder aber am Ende mit seinen Versprechen bzw. Plänen ist, oder ob in der prekären Umfrage-Not etwas blaue Farbe vom bayerischen Himmel geflunkert werden musste, das werden wir alle schon bald herausfinden. „Fast alles wie immer“ lautete jedenfalls der Tenor zum nun vorgestellten Vertragswerk in den meisten Tageszeitungen – für das Gastgewerbe verhieße das nichts Gutes.

Zumindest der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband bewertet die Koalitionsvereinbarung dennoch positiv: Sie lege einen Schwerpunkt auf den Mittelstand und damit auf das Gastgewerbe als Rückgrat der heimischen Tourismuswirtschaft, heißt es aus München. So werde etwa der vom Verband geforderte Bürokratieabbau an mehreren Stellen konkret benannt und auch mit Maßnahmen hinterlegt.

Reduzierte MwSt. auf alle Speisen? Fehlanzeige im Koalitionsvertrag!
Das wichtige Thema Mehrwertsteuersenkung auf alle Speisen betreffend, darf allerdings schon mal eine pessimistische Prognose getroffen werden: Im Wahlkampfbrief noch explizit erwähnt, ist im Koalitionsvertrag nämlich leider rein gar nichts Konkretes mehr darüber zu lesen. Es ist lediglich von „besseren Rahmenbedingungen für den bayerischen Tourismus und von Steuererleichterungen“ die Rede, für die man sich auf Bundesebene einsetzen wolle. Für ernsthafte Absichten taugt eine solch schwammige Formulierung sicher nicht.

Abschließend möchten wir deshalb ein paar Worte direkt an Markus Söder richten: Herr Ministerpräsident, wir nehmen Sie beim Wort! Wie viele konkrete Taten Ihren Worten nun folgen werden, daran wird die gesamte Branche Sie bei den nächsten Wahlen messen – Unternehmer, Verbände und wir, die Medien. Und wir garantieren Ihnen: Wir alle werden Sie dabei unterstützen und Sie hartnäckig und mit unbequemer Vehemenz daran erinnern, dass Sie nun in der Pflicht stehen, Ihre gemachten Versprechen und Zusagen unserer Branche gegenüber einzuhalten! Zählen Sie auf uns!

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