„Unsere Gäste kommen nicht mit der U-Bahn“
In einer eher ungewöhnlichen Koalition haben der ÖVP-Bezirksvorsteher der Inneren Stadt in Wien, Markus Figl, und die grüne Wiener Verkehrsstadträtin, Birgit Hebein, sich darauf geeinigt, den 1. Bezirk innerhalb der Ringstraße „autofrei“ zu machen, wie sie es nennen. Wobei von „autofrei“ keine Rede sein kann, im Prinzip kann jeder weiterhin mit dem Auto in die City fahren, er kann bloß nicht mehr an der Straßenoberfläche parken, diese gehört ausschließlich Bezirksbewohnern. Alle Besucher werden in Garagen verbannt – und die waren in der Gegend noch nie eine Okkasion.
Die ersten, die gegen diese Pläne Sturm laufen sind die Vertreter des Handels, die gerade in Nach-Corona-Zeiten Anreize zum Einkaufen fordern, statt einer künstlichen Abschottung. Widerstand kommt aber auch aus den Reihen der Gastronomie. „Unsere Gäste kommen nicht mit der U-Bahn“ lautet dort der Tenor. Konkreter formuliert es Wiens Gastro-Obmann Peter Dobcak: „Bei den Touristen macht eine autofreie Innenstadt keinen Unterschied. Die kommen sowieso und das in der Regel ohne eigenes Auto. Aber der Großteil der Wiener Gäste, die in der Innenstadt ein Lokal aufsuchen, die fahren sehr wohl mit dem Auto. Also die Gastronomie ist mit diesen Plänen absolut nicht happy“, erklärt er im Gespräch mit HOGAPAGE. Der einzige positive Aspekt einer Verkehrsberuhigung wäre aus seiner Sicht, dass die Bewilligung oder Vergrößerung eines Schanigartens dadurch möglicherweise einfacher würde.
Klientelpolitik
Noch deutlicher wird Ober-Cafetier Berndt Querfeld (u.a. Café Landtmann): „Manches kommt zur Unzeit. Bad Timing könnte man es auch nennen.“ Zwar gesteht auch er zu, dass der Individualverkehr in Form des Autos nicht das zukunftsfähige Konzept für Stadtzentren sei, aber: „Für viele Kunden und Gäste ist die Fahrt mit dem eigenen Auto derzeit selbstverständlich. Schon bei der Einführung der Kurzparkzone hat sich gezeigt, dass es einige Monate gedauert hat, bis sich die Gäste darauf eingestellt haben. Teilweise erhebliche Umsatzeinbußen waren die Folge. Die jetzt geplante Maßnahme ist allerdings noch einschneidender. Und eigentlich in dieser Zeit, wo jeder Euro Umsatz wichtig ist, nicht verantwortbar. Außer man betreibt Klientelpolitik. Für Innenstadtbewohner, denen man eine Schlafstadt verspricht oder Grünwähler, denen man vor der Wienwahl ein Prestigeprojekt verspricht. Unternehmerinnen und Unternehmer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Kunden sind ja nicht stimmberechtigt.“