Kommentar

Stiefkind Tourismus?

Füllhorn
Für Tourismus- oder Gastronomiebetriebe in Not bleibt das staatliche Füllhorn leider derzeit verschlossen. (© Joerg Mikus/TAP/stock.adobe.com)
Bei anderen Branchen steht im Krisenfall die öffentliche Hand oft relativ rasch mit dem Füllhorn bereit. Für das vom Coronavirus betroffene Gastgewerbe indes sind staatliche Hilfsgelder derzeit keine in Sicht.
Montag, 02.03.2020, 12:02 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

In der richtigen Branche müsste man sein: Wenn etwa in der Landwirtschaft der Hut brennt, springen selbstverständlich die jeweiligen Regierungen oder gar die EU, bzw. indirekt der Steuerzahler ein: 2015 etwa verteilte alleine die EU sieben Mio. Euro an Hilfsgeldern für österreichische Milchbauern und Schweinefleisch-Produzenten, knapp 70 Mio. Euro gingen an die Kollegen aus Deutschland, die damals mit einem Preisverfall zu kämpfen hatten. 2018 sorgten in Deutschland Bund und Länder gar für Hilfszahlungen von 340 Mio. Euro für Landwirte und in Österreich waren es im gleichen Jahr immerhin 60 Mio. Euro, die jeweils als staatliche Kompensation für dürrebedingte Ernteausfälle gedacht waren.

Nicht viel anders sieht es bei der deutschen Automobilindustrie aus, die bei Bedarf auch immer auf ein offenes Ohr in Berlin hoffen darf, sei es durch eine Abwrackprämie, die die Neuwagenverkäufe ankurbelt oder eine andere Form von Finanzspritze, wenn die Absatzkurven mal wieder der Schwerkraft folgen.

Schweigen im Walde

Wenn allerdings der Tourismus und die Gastronomie betroffen sind, wie aktuell durch die Corona-Hysterie, herrscht einmütiges, betretenes Schweigen im Walde. Hilfsgelder für Hotels oder Restaurants, die aktuell mit Umsatzeinbußen zu kämpfen haben, sind in Österreich, wo die Tourismusindustrie zu den mit Abstand wichtigsten Wirtschaftszweigen gehört, nicht vorgesehen und in Deutschland schon gar nicht. Das ist vor allem insofern spannend, weil gerade in Österreich die Regierungspartei ÖVP seit Jahr und Tag nicht müde wird zu versichern, welch große Bedeutung diese Branche für das Land hat. Aber wenns hart auf hart geht, gibt es von offizieller Seite leider nur ein Achselzucken und der Sylter Gastronom muss ebenso schauen, wo er bleibt, wie der Hotelier am Wörthersee.

Großveranstaltungen auf der Kippe

Dabei ist das, was wir im Moment erleben, unter Umständen erst der Anfang. Immer mehr Großveranstaltungen werden gestrichen, in Genf wurden der für März geplante Autosalon Uhrenmesse (April) bereits ersatzlos abgesagt, auch alle anderen Großevents mit mehr als 1.000 Teilnehmern sind bis mindestens 15. März in der ganzen Schweiz behördlich untersagt. Auch die ITB in Berlin, immerhin die größte Reisemesse der Welt, wird dieses Jahr nicht stattfinden und die ProWein in Düsseldorf wird zumindest auf ein noch nicht definiertes Datum verschoben. Zumindest die für Mitte März geplante Internorga in Hamburg soll nach derzeitigem Stand der Dinge wie geplant über die Bühne gehen. In wenigen Wochen ist Ostern und damit traditionell eine für Tourismus und Gastronomie eminent wichtige Zeit. Wenn Restaurant- oder Hotelbuchungen aufgrund von öffentlicher Panik oder gar behördlicher Quarantänebestimmungen ins Wasser fallen, wird es für viele Betriebe düster aussehen.

Es wäre also nur recht und billig, wenn für den schlimmsten Fall des Falles Berlin und Wien vorsorglich schon mal die eine oder andere Million zur Seite legen, um im Worst-Case-Szenario einer Branche unter die Arme zu greifen, die alleine in Österreich für über 15 Prozent des BIP (rd. 60 Mrd. €) verantwortlich ist und die hier in den letzten Jahren rund 40.000 neue Jobs geschaffen hat, wie Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer erst kürzlich stolz verkündet hat. Und selbst in Deutschland ist der Tourismus immerhin für vier Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung, bzw. für rund drei Millionen Arbeitsplätze verantwortlich – deutlich mehr als doppelt so viele wie die deutsche Landwirtschaft…

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