Umsatzsteuer

Steuerschätzung: Gibt es Spielraum für die 7-Prozent-Mehrwertsteuer in der Gastronomie?

Christian Lindner
Christian Lindner sieht kaum zusätzliche Haushaltsspielräume für ein Beibehalten der reduzierten Mehrwertsteuer in der Gastronomie. (Foto: © picture alliance/dpa | Kay Nietfeld)
Wird die 7-Prozent-Mehrwertsteuer beibehalten oder nicht? Die Regierung hat ihre Entscheidung hierzu von der Steuerschätzung für das Jahr 2024 abhängig gemacht. Nun liegen die Zahlen schwarz auf weiß vor. 
Freitag, 27.10.2023, 11:43 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

„Die Staatseinnahmen entwickeln sich im Rahmen der Erwartungen“, sagte Lindner bei der Präsentation der Steuerschätzung in Berlin. „Das ist eine gute Nachricht und zugleich eine schlechte Nachricht für all diejenigen, die jetzt auf zusätzliche finanzielle Möglichkeiten gehofft hatten.“

Nach einer Prognose der Steuerschätzer vom Donnerstag wird der Staat im kommenden Jahr nur rund 1,9 Milliarden Euro mehr Steuern einnehmen als noch im Frühjahr gedacht. Für den Haushalt von Finanzminister Christian Lindner bedeutet das kaum Entlastung. „Es ergeben sich keine neuen Verteilungsspielräume“, betonte Lindner. 

Insgesamt erwarten die Steuerschätzer für 2024 Einnahmen in Höhe von 964,1 Milliarden Euro. Dabei wurde die erhöhte Mehrwertsteuer von 19 Prozent in der Gastronomie mit eingerechnet. 

BdS: „Es gibt definitiv Spielraum“

Bei der Vorstellung der Steuereinschätzung machte Christian Lindner deutlich, dass er sich eine weiterhin reduzierte Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie vorstellen könnte, jedoch kaum zusätzliche Haushaltsspielräume dafür sieht. „Es müssten Mittel an anderer Stelle gefunden werden“, sagte er. Da die Erhöhung auf 19 Prozent im Schätzergebnis eingeplant sei, müsse also eine Gegenfinanzierung gefunden werden.

BdS-Hauptgeschäftsführer Markus Suchert appelliert nach der Offenlegung der Zahlen für die Beibehaltung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes: „Die Zahlen zeigen eine positive Entwicklung und noch wichtiger: es gibt definitiv Spielraum. Daher muss die Politik jetzt Farbe bekennen und im Sinne der Planungssicherheit für die Unternehmen der (System-)Gastronomie eine Entscheidung für die Fortführung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes treffen und nicht die Verantwortung auf andere schieben. Sympathie allein reicht jetzt einfach nicht mehr“, stellt der BdS-Hauptgeschäftsführer unmissverständlich klar.

Enorme Kostensteigerungen bei Energie, inflationsbedingt hohe Lebensmittelkosten, anhaltender Fachkräftemangel, steigende Personalkosten, drohende Werbeverbote für einen Großteil der Produkte, ordnungspolitische Vorgaben zum Umgang mit Verpackungen und weitere gesetzgeberische Eingriffe in die unternehmerische Freiheit sorgten weiterhin für extrem schwierige Rahmenbedingungen und gefährdeten die Wirtschaftlichkeit der mittelständisch geprägten Systemgastronomie.

„Eine Entlastung durch die Entfristung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes ist daher dringend notwendig. Die finanziellen Reserven der Gastronomen sind schlichtweg aufgebraucht. Das bedeutet, dass eine Rückkehr zum erhöhten Mehrwertsteuersatz an die Gäste weitergegeben werden müsste“, erklärt Suchert. In der Folge könnten sich bestimmte Gästegruppen einen Restaurantbesuch wohl kaum noch leisten.

Zudem würde sich die Preissteigerungen – ausgelöst durch die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf Speisen – auch direkt auf die Inflationsrate auswirken und diese weiter antreiben. „Deswegen fordern wir die politischen Entscheider im Deutschen Bundestag auf, den reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent auf Speisen uneingeschränkt beizubehalten. Jetzt gilt es, als Branche zusammenzustehen, die Abgeordneten zu überzeugen und bis zum Schluss für die Entfristung zu kämpfen,“ appelliert der BdS-Hauptgeschäftsführer abschließend. 

7-Prozent-Mehrwertsteuer in der Gastronomie?

Würde die seit der Corona-Krise geltende reduzierte Umsatzsteuer über den Jahreswechsel bei 19 statt 7 Prozent bleiben, müssten die öffentlichen Haushalte im kommenden Jahr auf weitere 3,4 Milliarden Euro Steuereinnahmen verzichten, wie aus der Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sahra Wagenknecht hervorgeht. Sie liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Die Mehrwertsteuerermäßigung in der Gastronomie läuft planmäßig zum Jahresende aus.

In der Gastronomie würden die Umsatzsteuermindereinnahmen „und damit die Entlastung der privaten Verbraucher“ seit der Senkung der Mehrwertsteuer im Juli 2020 auf insgesamt gut neun Milliarden Euro geschätzt, schreibt das Wirtschaftsministerium.

Die Steueränderung in der Gastronomie könnte theoretisch noch durch eine gesetzliche Neuregelung geändert werden. Konkrete Pläne dafür gab es zuletzt aber nicht. FDP und das Bundesfinanzministerium hatten bisher darauf verwiesen, dass zunächst die Steuerschätzung abgewartet werden müsse.

(dpa/BdS/Tagesspiegel/n-tv/Spiegel/SAKL)

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