Söders scheinheiliges Loblied auf die Landgastronomie
Lauterbach, ein kleiner beschaulicher Ort im bayerischen Teil Schwabens, ist eine davon. Der einst gut besuchte Brauerei-Gasthof dort gehört zu denen, die aufgeben mussten. Dafür gibt es in dem 1.100-Seelen-Dorf stolze sechs (!) Vereinsheime, die rege für Feierlichkeiten aller Art genutzt werden: Tennis-, Schützen- und Jugendverein, Wasserwacht, Feuerwehr und Pfarrheim – wer braucht schon eine Gastronomie, wo doch unter gleichgesinnten Vereinsmeiern viel unkomplizierter – und günstiger – gefeiert werden kann? Vielleicht sogar der eine oder andere Euro verdient wird?
Vom Geburtstag über die Taufe bis zum Jubiläum – was früher das täglich Brot des Dorfwirts war, macht der Verein heute kurzerhand in Eigenregie. Die Kehrseite der Medaille: Die „Schwarzgastronomie“, die auf Vereinsfeiern, Feuerwehrfesten, in Gemeindehäusern, Pfarrsälen oder auf Fußballplätzen rege betrieben wird, schädigt berufsmäßig agierende Wirte mittlerweile gewaltig.
Ungleiche Voraussetzungen verzerren den Wettbewerb
Dass immer mehr Orte ohne ein Gasthaus – und somit ohne, wie der amtierende Bayerische Ministerpräsident es nennt, „lebendiges Symbol bayerischer Lebensart“ auskommen müssen, ist demzufolge zu einem großen Teil der Verdienst von Söders Regierung, die es seit vielen Jahren nicht schafft, gerechte und einheitliche Voraussetzungen für die Gästebewirtung zu schaffen. Erst wenn auch private Veranstalter und Vereine sich an unangenehme bürokratische Vorgaben, an Hygienerichtlinien, Arbeitszeitgesetze, Allergenkennzeichnung & Co. genauso halten müssen und die gleichen Steuern bezahlen wie berufsmäßige Gastronomen, sind faire Voraussetzungen geschaffen. Ob die Vereine dann überhaupt noch Lust an fröhlichen Kuchenverkäufen, geselligem Würstchengrillen oder der Durchführung öffentlicher Veranstaltungen hätten, daran darf gezweifelt werden. Wahrscheinlich würde man die lästige Bürokratie samt der Bewirtung dann endlich wieder den Profis überlassen – und die Landgastronomie hätte eine Chance zu überleben.
Wenn der bayerische Ministerpräsident also mit großen Worten die 100 besten Heimatwirtschaften auszeichnet, ist das an Scheinheiligkeit kaum zu übertreffen. Sicherlich sitzen in den bayerischen Vereinen genügend ehrenwerte Parteifreunde, deren Interessen man höher schätzt und deren Einflüsse man mehr fürchtet als die des bayerischen Gastgewerbes.
Unsere Meinung zur Wahl der „100 besten Heimatwirtschaften“ fällt deshalb deutlich aus: Die Gastronomie braucht keine heuchlerische Preisochsenverleihung! Sie braucht endlich eine Regierung, die in ihrem Interesse handelt und dafür Sorge trägt, dass nicht noch größerer Schaden entsteht! Dass Söder und seine Mannschaft dies tatsächlich zu leisten vermögen, kann kaum mehr ein frustrierter Gastronom glauben, der seit vielen Jahren tatenlos zusehen muss, wie die Vereinsmeierei ihm die Gäste systematisch abzieht, während er selbst in der Bürokratie untergeht und brav seine Steuern bezahlt, bis am Ende nichts mehr übrig bleibt. (DM)