Schweizer Gastgewerbe muss sich gedulden
Ab Montag, 1. März 2021, können Läden, Museen und Lesesäle von Bibliotheken in der Schweiz wieder öffnen, ebenso die Außenbereiche von Sport- und Freizeitanlagen, Zoos und botanischen Gärten. Im Freien sind dann auch Treffen im Familien- und Freundeskreis sowie sportliche und kulturelle Aktivitäten mit bis zu 15 Personen wieder erlaubt. Dies hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 24. Februar 2021 nach Konsultation der Kantone entschieden.
Gastro-Öffnung frühestens ab 22. März
Das Gastgewerbe muss jedoch noch warten: Der nächste Öffnungsschritt soll am 22. März erfolgen, mit der Konsultation der Kantone ab dem 12. März und dem Entscheid des Bundesrats am 19. März. Dabei geht es unter anderem um Kultur- und Sportveranstaltungen mit Publikum in begrenztem Rahmen, Homeoffice-Pflicht, Sport in Innenräumen und die Öffnung von Restaurantterrassen.
Voraussetzungen für weiter Öffnungen
Für die Beurteilung des nächsten Öffnungsschrittes hat der Bundesrat Richtwerte festgelegt: Die Positivitätsrate soll unter fünf Prozent, die Auslastung der Intensivplätze mit Covid-19-Patienten unter 250 belegten Betten und die durchschnittliche Reproduktionszahl über die letzten 7 Tage unter 1 liegen. Zudem soll die 14-Tages-Inzidenz am 17. März nicht höher sein als bei der Öffnung am 1. März.
Der Bundesrat wird bei seinem Entscheid eine Gesamtbeurteilung dieser Richtwerte vornehmen. Sollte sich die epidemische Situation in den nächsten Wochen positiv entwickeln, wird er für den 22. März auch die Öffnung der Innenbereiche der Restaurants und anderen Tätigkeiten in Innenräumen sowie den Präsenzunterricht an Hochschulen ins Auge fassen.
GastroSuisse: „Der Gastro-Lockdown ist reine Symbolpolitik“
Der Branchenverband GastroSuisse bezeichnet diese Beschlüsse des Bundesrats für das Gastgewerbe als einen Schlag ins Gesicht. „Der Gastro-Lockdown ist reine Symbolpolitik und soll das bisherige Staatsversagen kaschieren“, erklärt Casimir Platzer, Präsident von GastroSuisse. „Dem Bundesrat fehlt bis heute eine klare Langzeit-Strategie.“ Dass das Gastgewerbe weiterhin geschlossen bleibt und ab dem 22. März – wenn überhaupt – nur im Außenbereich geöffnet werden darf, findet der Branchenverband alles andere als nachvollziehbar: „Der Entscheid entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage“, betont Platzer und begründet: „Die Ansteckungsgefahr im Gastgewerbe ist gering. In den Tourismusorten kam es zu keinen Hotspots, obschon die Hotelrestaurants und teilweise Terrassen offen waren.“ Nur rund 2 Prozent der Ansteckungen finden laut Bundesamt für Gesundheit in Bars und Restaurants statt.
Gesetzliche Grundlage fehlt
Eine von der Universität Luzern letzte Woche publizierte Studie bestätigt Platzers Aussagen: Mitarbeiter im Gastgewerbe infizieren sich nicht häufiger mit COVID-19. Das Sicherheitskonzept der Betriebe funktioniert, da sich die Mitarbeiter, obwohl diese stark exponiert sind, kaum anstecken. Kommt hinzu: Dem Bundesrat fehlen gesetzliche Grundlagen für dessen Entscheid. Gemäß dem Covid-19-Gesetz ist der Bundesrat verpflichtet, sich bei den Maßnahmen an Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit zu orientieren. „Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen sind aber verheerend. Schaden und Nutzen stehen in keinem Verhältnis“, betont Platzer. Der kontinuierliche Stellenabbau wird noch verstärkt und verlängert. Dazu kommen die zeitverzögerten Folgeeffekte auf Branchenzulieferer und das gesamte Gewerbe. „Wir befürchten eine Kettenreaktion, die die gesamte Volkswirtschaft nachhaltig schädigen wird“, warnt Platzer.
Forderung nach finanziellen Hilfen
„Der Bundesrat muss für den Schaden des zweiten Teil-Lockdowns aufkommen und Verantwortung übernehmen“, verlangt Platzer daher. „Die Situation ist explosiv und das Vertrauen schwindet.“ Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Härtefall-Regelung wie befürchtet noch nicht greift. Tatsächlich sind noch nicht einmal 200 Millionen Franken ausbezahlt – wohlgemerkt: die Gastronomie in der Schweiz erwirtschaftet in einem Monat mehr als 2 Milliarden Franken. GastroSuisse fordert daher mehr denn je, dass Ungleichbehandlungen und Ungerechtigkeiten korrigiert werden und dass der Bund die Branche direkt unterstützt, vor allem über A-Fonds-perdu-Beiträge und Entschädigungen für ungedeckte Fixkosten.
(GastroSuisse/Bundesamt für Gesundheit/NZ)