Politiker halten sich beim Engagement für die Gastwelt zurück
Der politische Verband hat von Anfang Februar bis Ende März 2024 eine Befragung unter Bundestagsabgeordneten durchgeführt. 733 Abgeordnete haben sich tatsächlich beteiligt.
Wertschätzung durchaus vorhanden
Grundsätzlich schätzen Bundestagsabgeordnete die Arbeit der über 250.000 Unternehmen der Gastwelt (Tourismus, Travel, Hospitality & Foodservice) und sehen diese für das soziale Miteinander in unserer Gesellschaft als „sehr relevant“ an.
Gleichzeitig räumen sie dem Themenfeld aber nur eine geringe politische Priorität in Berlin ein. Das zeigt eine Befragung der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG) unter Bundestagsabgeordneten zu Inhalten, Wahrnehmung und Kommunikation der Gastwelt bzw. Tourismuswirtschaft.
Branche zu zergliedert
Ein mutmaßlicher Hemmschuh wurde dabei erneut sichtbar: Der Sektor wird als nicht besonders homogen wahrgenommen: Pluralität und Vielseitigkeit der Interessenvertretung wecken bei sieben von zehn Befragten (68 Prozent) den Eindruck von Zersplitterung.
Tatsächlich bietet die Auswertung aufschlussreiche Einblicke in die politische Wahrnehmung der Gastwelt in der Bundeshauptstadt. Und so sieht der Vorstandschef der Denkfabrik, Dr. Marcel Klinge, sowohl die Branche als auch politische Verantwortungsträger in der Pflicht.
„Wir haben hohe Zustimmungswerte bei niedriger politischer Priorität. Die wichtigste Aufgabe ist und bleibt daher die Verbesserung der gegenseitigen Kommunikation“, so Klinge.
Trotz hoher Relevanz, kaum Unterstützung
Ein erfreuliches Ergebnis sei die grundsätzliche Wertschätzung der befragten Politiker gegenüber der Gastwelt, betont Klinge: 85 Prozent der teilnehmenden Abgeordneten sehen den Sektor als „wichtig“ für die Bundesrepublik Deutschland an und sogar 96 Prozent attestieren ihm eine „hohe Relevanz“ für ihr jeweiliges Bundesland.
Dabei ergibt sich ein differenziertes Bild, wenn nach den einzelnen Branchen innerhalb der Gastwelt gefragt wird: National werden als „sehr relevant“ insbesondere Verkehrsleistungen (77 Prozent), Gastronomie (74 Prozent), Kunst und Kultur (62 Prozent), Schankwirtschaft und Hotellerie (jeweils 55 Prozent) sowie Sportfreizeit (51 Prozent) erachtet.
Die politische Bedeutung der Gastwelt scheint in Berlin jedoch nicht im Einklang mit ihrer grundsätzlichen Zustimmung zu stehen. So rangiert der Sektor im Vergleich lediglich auf Platz elf von 14 abgefragten Politikfeldern. An der Spitze des Rankings stehen Wirtschaftspolitik, Energiepolitik und Asyl- und Migrationspolitik.
Unverzichtbarer Wirtschaftsbereich
DZG-Sprecher Klinge: „Diese Diskrepanz wirft die Frage auf, wie die Branche dieses Bedeutungsdelta überwinden kann, besonders mit Blick auf die enormen Zukunfts-Herausforderungen wie dem Mitarbeitermangel, bröckelnde Standortattraktivität und steigenden Kosten.“
Die Kluft zwischen Zustimmung und Priorisierung als politisches Themenfeld lässt für den Chef der Denkfabrik nur einen Schluss zu: „Man findet uns zwar nett, wir bringen aber politisch zu wenig Gewicht auf die Waage. Dabei sind wir kein ‚Nice to have‘, sondern ein unverzichtbarer wirtschaftlicher wie gesellschaftlicher Stabilitätsanker. Diese Kernbotschaft müssen wir alle in Zukunft stärker kommunizieren.“
Thema Mehrwertsteuer wird unterschiedlich bewertet
Interessante Einblicke brachte die Abgeordnetenbefragung auch zur Kampagne zur Verstetigung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes im vergangenen Jahr: 74 Prozent fühlten sich über die Ziele und Inhalte der Kampagne gut informiert, 85 Prozent sahen sich ausreichend mit Zahlen und Fakten versorgt und 73 Prozent konnten das Anliegen der Gastronomie nachvollziehen.
Allerdings überzeugten „nur“ 46 Prozent der Befragten die vorgebrachten Argumente. Fünf von zehn Politikern bewerteten die Forderung nach einer Verlängerung der Umsatzsteuerreduzierung auf sieben Prozent indes als realistisch (50 Prozent), 73 Prozent konnten das Anliegen der Gastronomie persönlich „nachvollziehen“.
Kommunikation funktioniert
Die Kommunikation gegenüber der Bundespolitik wird insgesamt als gut bewertet (59 Prozent), elf Prozent bewerteten sie sogar als sehr gut, 26 Prozent als befriedigend. Sieben von zehn Befragten nehmen allerdings eine Zersplitterung der Interessensvertretung wahr (68 Prozent).
„An diesem zentralen Punkt sollten wir mit Blick auf die Bundestagswahl 2025 unbedingt gemeinsam arbeiten. Die von der DZG zusammen mit 44 Verbänden und Organisationen jüngst gestartete Awareness-Kampagne #HerzUnsererGesellschaft ist ein schönes Beispiel, wie das im Schulterschluss gelingen kann“, so Klinge.
(DZG/CHHI)