Politiker fordern höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch
Agrarpolitiker von SPD und Grünen fordern der „Welt“ zufolge eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch. „Ich bin dafür, die Mehrwertsteuerreduktion für Fleisch aufzuheben und zweckgebunden für mehr Tierwohl einzusetzen“, hat Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion verlauten lassen. Es sei kaum erklärbar, „weshalb Fleisch mit sieben Prozent und Hafermilch mit 19 Prozent besteuert werde“. Rückendeckung bekam der Politiker von Thomas Schröder, Verbandspräsident des Deutschen Tierschutzbundes: „Parallel zur CO2-Steuer brauchen wir auch eine Fleischsteuer.“ Mit den Mehreinnahmen wäre es etwa möglich, Ställe umzubauen. Die Grünen-Spitze hingegen stellt sich gegen den Vorschlag aus den eigenen Reihen. Robert Habeck sagt dazu, eine isolierte Betrachtung von Einzelsteuersätzen sei nicht sinnvoll. Wer etwas ändern wolle, müsse das gesamte Mehrwertsteuersystem „auf ökologische Lenkungswirkung, Kohärenz und soziale Auswirkungen“ umbauen. Auch Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) lehnt eine Steuererhöhung ab.
„Eine Fleischsteuer wäre ein möglicher Weg.“ (SPD)
Doch auch seitens der CDU kamen zustimmende Worte, wie etwa von Albert Stegemann: „Eine solche Steuer kann ein konstruktiver Vorschlag sein. Dafür müssten diese Mehreinnahmen aber zwingend als Tierwohlprämie genutzt werden, um die Tierhalter in Deutschland beim Umbau zu unterstützen.“ Auch SPD-Politiker Rainer Spiering kann eine Mehrwertsteuererhöhung für Fleisch gutheißen: „Eine Fleischsteuer, der Einfachheit halber über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent, wäre ein möglicher Weg, der sich allerdings hauptsächlich auf die Konsumenten bezieht“, betonte er. Ihm zufolge müssten auch die Fleischproduzenten sowie der Lebensmitteleinzelhandel Beiträge für eine nachhaltige Nutztierhaltung leisten.
„Künstliche Verteuerung deutscher Produkte!“ (FDP)
Kirsten Tackmann (Die Linke) betonte dagegen: „Ich halte den Ansatz für falsch, Tierschutz über eine Fleischsteuer regeln zu wollen, die ja auch sozial Benachteiligte zahlen müssten. „Tierschutz sei im Grundgesetz verankert und müsse durch „ordnungsrechtliche Maßnahmen und zielgerichtete Förderpolitik“ durchgesetzt werden. „Da haben Steuern nichts zu suchen.“ FDP-Politiker Gero Hocker stimmte dem zu: „Der Vorschlag trägt weder zum Tierwohl noch zum Klimaschutz bei, sondern drängt durch eine künstliche Verteuerung deutsche Produkte aus dem Markt.“ In der Folge würden Verbraucher zu günstigeren ausländischen Produkten greifen. Auch Stephan Protschka (AfD) sprach sich gegen eine Fleischsteuer aus: „Wenn die Gelder wider Erwarten nicht im Bundeshaushalt versickern, sorgen sie am Ende nur für weitere finanzielle Abhängigkeiten deutscher Landwirte von der öffentlichen Hand.“ Er hingegen fordere ein verpflichtendes Tierwohlsiegel.
„Nicht der Fiskus, sondern die Landwirte brauchen Unterstützung!“ (Deutscher Bauernverband)
Auch der Deutsche Bauernverband hat bereits mit einer Stellungnahme reagiert. Generalsekretär Bernhard Krüsken sagte dazu: „Nicht der Fiskus, sondern die Landwirte brauchen Mittel und Unterstützung für eine Weiterentwicklung der Tierhaltung. Ohne Marktpartner und Verbraucher geht es außerdem nicht: Weder dem Tierwohl noch dem Klimaschutz ist gedient, wenn die deutschen Landwirte weiter in mehr Tierwohl investieren und der Markt sich preisgünstig aus anderen EU-Ländern mit niedrigeren Tierwohlstandards versorgt. Deshalb brauchen wir auch eine flächendeckende und verbindliche Kennzeichnung der Haltungsform, die auch die Fleischwaren mit einschließt. Zudem würde eine Fleischsteuer deshalb ins Leere laufen, weil es für Um- und Neubauten von Ställen derzeit eine faktische Blockade im Bau- und Genehmigungsrecht gibt. Wir brauchen eine verbindliche Strategie für die Nutztierhaltung, die zu Ende gedacht ist.“
„Strengere Düngeregeln statt Steuererhöhung“ (Bundesregierung)
Die Bundesregierung selbst hat schließlich zurückhaltend auf Vorstöße für eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch reagiert. Das zentrale Problem seien hohe Tierbestände und die intensive Tierhaltung, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums in Berlin. Dafür gebe es aber effektivere Mittel als das Mehrwertsteuerrecht, um zu einer „Abstockung“ zu kommen – etwa strengere Düngeregeln in Regionen mit vielen großen Ställen und die künftige EU-Agrarfinanzierung. (welt.de/dpa/TH)