„Osterurlaub in Deutschland kann es nicht geben“
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller hat spätestens zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz Anfang März einen Stufenplan für Öffnungsschritte versprochen. Daran müsse man sich auch auch langfristig orientieren können, sagte der SPD-Politiker am Sonntagabend in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Auf die Frage, ob er versprechen könne, dass bis zum Bund-Länder-Treffen am 3. März ein solcher Plan vorliege, antwortete er: „Da bin ich mir ganz sicher.“
„Man muss planen können“
Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff forderte für das nächste Bund-Länder-Gespräch zur Corona-Krise einen „klaren Ausstiegsplan aus den bisherigen Regularien“. „Man muss planen können. Auch die Wirtschaftsunternehmen. Und deswegen brauchen wir beim nächsten Treffen am 3. März unbedingt einen Plan, der klar sagt, bei welcher Inzidenz wir was machen“, sagte der CDU-Politiker am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.
„Irritiert mehr, als dass dies Perspektive schafft“
Kritik an den jüngsten der Ministerpräsidentenkonferenz äußerte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). So habe es seitens des Bundes zu wenig Vorschläge für eine Öffnungsstrategie gegeben, sagte er der „Welt“. Das Erstellen eines Perspektivplans habe das Gremium „nicht so hinbekommen, wie viele Menschen das von uns erwartet haben“. Darüber hinaus sei es nicht hilfreich gewesen, mit der Zahl von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen ein neues Ziel zu setzen. „Wenn wir ständig neue Dinge beschließen und erklären müssen, wie jetzt die Zahl 35 als neues Inzidenz-Ziel, dann irritiert das die Menschen mehr, als dass dies Perspektive schafft.“
„Wird sehr schnell, weitere Öffnungsschritte geben“
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), sagte am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“: „Wenn diese Mutation nicht so zuschlägt wie viele Experten befürchten, dann wird es sehr schnell, sehr rasch weitere Öffnungsschritte geben, ganz selbstverständlich. Wenn sich das ändern sollte, dann wird es sehr viel schwieriger.“
„Ich bin dafür, Wahrheiten auszusprechen“
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sehen keine Chance für Urlaubsreisen zu Ostern. „Ich bin dafür, Wahrheiten auszusprechen: Osterurlaub in Deutschland kann es dieses Jahr leider nicht geben“, sagte Kretschmer der „Bild am Sonntag“. Zu große Mobilität bereits im April sei Gift. „Wir würden alles zerstören, was wir seit Mitte Dezember erreicht haben“, warnte der Ministerpräsident.
„Ich wäre froh, wenn wir es ohne dritte Welle bis Ostern schaffen“
Lauterbach sagte am Sonntag der „Welt“: „Ich gehe nicht davon aus, dass wir in diesem Jahr Osterurlaub machen können.“ Die Osterwochen müssten genutzt werden, mit möglichst geringen Kontakten die noch immer drohende dritte Welle in der Corona-Pandemie mit den gefährlichen Mutationen abzuwenden. „Ich wäre schon froh, wenn wir es ohne dritte Welle bis Ostern überhaupt schaffen“, betonte Lauterbach und fügte hinzu: „Sollte dies gelingen, darf der Erfolg nicht im Urlaub zerstört werden.“
„Es ist nicht die Zeit für Reisen“
Brandenburgs Ministerpräsident, Dietmar Woidke (SPD) vertritt eine ähnliche Linie. „Auf touristische Reisen, auf Tagesausflüge, auf jegliche nicht notwendige Fahrt sollte jetzt dringend verzichtet werden“, sagte der SPD-Politiker der „Welt“. Es sei jetzt nicht die Zeit für Reisen.
Kritik an Kretschmer
Berlins Regierender Bürgermeister Müller (SPD) sieht das anders: „Das teile ich so pauschal nicht. Und ich glaube, es ist auch verfrüht, das so festzulegen“, sagte er am Sonntagabend in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Man habe es in den vergangenen sechs, sieben Wochen geschafft, doch um 100 Punkte runterzukommen. „Warum soll es uns nicht jetzt gelingen, in den nächsten sechs, sieben Wochen bis Ostern noch einmal 30 Punkte runterzukommen. Und damit ja doch viel mehr Freiheit und Normalität zurückzugewinnen.“
„Das Gegenteil von einem Gesamtplan“
Auch das nordrhein-westfälische Hotel- und Gastgewerbe reagierte verärgert auf die vorzeitige Absage aller Osterferien-Reisen innerhalb Deutschlands: „Das Philosophieren über ausfallende Osterferien oder erst im Sommer geöffnete Biergärten sind das Gegenteil von einem Gesamtplan. Viele in der Branche empfinden das als schallende Ohrfeige“, erklärte ein Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga NRW am Sonntag gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ). Auch der SPD-Oppositionsführer im NRW-Landtag, Thomas Kutschaty, wies die Einlassungen Kretschmers als verfrüht zurück: „Ich halte solche Festlegungen für falsch. Im Augenblick entwickeln sich die Zahlen in die richtige Richtung. Warum sollen wir schon jetzt jede Hoffnung nehmen?“, sagte Kutschaty.
„Wir haben einen klaren Fahrplan verabredet“
Auch der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther sieht den Osterurlaub dagegen bislang nicht in Gefahr: „Wir haben in der letzten MPK einen klaren Fahrplan verabredet, eine Öffnungsstrategie auch für die Bereiche Gastronomie und Beherbergung zu erarbeiten. Ich halte nichts davon, dies nicht mal eine Woche später infrage zu stellen“, sagte der CDU-Politiker der „Welt“. „Unser Ziel muss es sein, ein anderes Ostern erleben zu können als im vergangenen Jahr.“
„So verspielt man Vertrauen“
„Wenig im Griff, aber Hauptsache eine Meldung. Das ist die Linie von Ministerpräsident Kretschmer», kritisiert auch Jan Korte, parlamentarischer Geschäftsführer der Linke-Fraktion, der „Welt“. Anstatt einen nachvollziehbaren, sicheren und logischen Plan zu entwickeln, werde wahllos irgendeine Maßnahme rausgehauen. „So verspielt man Vertrauen.“ Auch von der FDP kam Kritik. „Bei Herrn Kretschmer setzt sich Merkels Kurs der Perspektivlosigkeit fort», sagt Vizefraktionschef Michael Theurer der Zeitung. «So zermürbt man die Menschen. Sie brauchen aber eine Perspektive.“
(dpa/WAZ/Welt/NZ)