Hoteliers starten Protest-Aktion auf Mallorca
Seit dem neuen „Gesetz gegen den Exzess-Tourismus“ auf Mallorca gilt auch im Hotel Samos seit Ende Januar: Wer All-inclusive bucht, der darf zum Essen nur noch drei alkoholische Getränke kostenfrei bestellen – danach wird zur Kasse gebeten. Für den deutschen Hoteldirektor Christoph Gräwert kommt diese Norm einem Alptraum gleich und er fühlt sich in seiner Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt – zudem das Regelwerk nur in zwei Regionen Mallorcas gilt, an der beliebten Playa de Palma und in der Partyhochburg Magaluf. Aber nur einige Straßenzüge fallen unter das Gesetz, ein nur hundert Meter entferntes Nachbarhotel darf hingegen weitermachen wie bisher. Gräwert will das nicht hinnehmen und hat deshalb eine Plattform für Betroffene gegründet. 45 Hotels machen schon mit. Mit vereinten Kräften wollen sie gegen die unfaire Behandlung und deren Folgen kämpfen.
Personal-Entlassungen befürchtet
Die Hotelbesitzer sind auch deshalb frustriert, weil viele von ihnen den Kampf gegen den Sauftourismus sogar unterstützen. „Wir haben vergangenes Jahr renoviert, um auf vier Sterne aufrüsten zu können. Unser Anliegen war es, den Exzess-Tourismus durch mehr Qualität und höhere Preise zu verdrängen – da hat uns das neue Gesetz jetzt in die Suppe gespuckt“, so Gräwert. Er befürchtet, dass die Gäste auf Halbpension umsteigen – und er letztlich Personal entlassen muss. „Wir sehen keinen Zusammenhang zwischen den nächtlichen Exzessen in gewissen Gegenden und dem, was die Hotels tagsüber anbieten“, sagt er. Das Gesetz selbst liefere indirekt den Beweis: Im ebenfalls betroffenen Urlaubsgebiet Sant Antoni de Portmany auf Ibiza befinde sich kein einziges All-inclusive-Hotel, argumentiert er.
Hoteliers rechnen mit Chaos
Für Gräwert sind die teils ausschweifenden Trinkgelage die Wurzel des Übels, doch diese seien von dem Gesetz aber im Grunde kaum betroffen: „Die Bars dürfen keine Werbung mehr für Alkoholexzesse machen und keine Happy Hour mehr anbieten. Aber dann verkaufen sie statt drei Bier für drei Euro eben jeweils ein Bier für einen Euro.“ Dass Läden, die Alkohol verkaufen, nun schon um 21.30 Uhr schließen müssten, dürfte wohl nur zu Hamsterkäufen kurz vor Ladenschluss führen, so Gräwert. Für die erste Saison mit dem neuen Regelwerk rechnen die Hoteliers mit Chaos. Denn die Neuregelung gilt nur für All-inclusive-Pakete, die ab dem Inkrafttreten des Gesetzes am 23. Januar verkauft wurden. Einige der Hotelgäste dürfen in diesem Sommer also nach Belieben Alkohol trinken, während andere nur drei Drinks pro Mahlzeit bekommen. Wie das kontrolliert werden soll, ist Gräwert ein Rätsel.
Hoteliers befürchten Zwangsschließungen
Anwalt Antonio Monserrat vertritt die Interessen der Betroffenen. Der ehemalige Richter hält das im Eilverfahren erlassene Gesetz für verfassungswidrig. „Es verstößt gegen das Gleichheitsprinzip, gegen den freien Handel und gegen die Freiheit des Einzelnen, also des Kunden“, argumentiert er. Zudem gebe es viele Schwachstellen: „Im Text ist unspezifisch von drei alkoholischen Getränken die Rede – das können ja auch drei Maßkrüge sein“, lacht er. Doch eine Klage beim Verfassungsgericht ist für Privatpersonen nicht möglich. Somit bleibt nur der indirekte Weg: Sobald eines der betroffenen Hotels bei einem Gesetzesverstoß erwischt und eine Geldbuße verhängt wird, kann dagegen geklagt werden. Angesichts von Strafen bis zu 600.000 Euro oder gar einer Zwangsschließung ist Gräwert allerdings erstmal nicht bereit, etwas zu riskieren. (dpa/TH)