Heil schaltet sich in Arbeitsstreit bei Gorillas ein
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will sich persönlich in den Streit um bessere Arbeitsbedingungen beim Berliner Lieferdienst-Start-up Gorillas einschalten. An diesem Dienstag plant der Politiker in Berlin-Kreuzberg ein Treffen mit den Beschäftigten des Unternehmens, um sich ihren Fragen zu stellen, wie sein Ministerium mitteilte. Seit Wochen kommt es immer wieder zu Protestaktionen und Arbeitsniederlegungen seitens der Fahrerinnen und Fahrer, zuletzt am vergangenen Samstag. Sie kritisieren unter anderem befristete und unsichere Verträge, mangelhafte Ausrüstung und schlechte sowie späte Bezahlung.
Proteste von Belegschaft organisiert
Fahrerinnen und Fahrer haben mit der „Gorillas Workers Collective“ eine lose Interessenvertretung gegründet, die sich vor allem über den Messengerdienst Telegram organisiert, Aktionen plant und ankündigt. Über Twitter rufen sie zu Spenden auf, um den Lohnausfall nach Arbeitsniederlegungen kompensieren zu können. Dem Termin mit dem Minister sieht die Vereinigung demnach skeptisch entgegen. „Die Regierungskoalition ist verantwortlich für die unternehmensfreundlichen Arbeitsgesetze in Deutschland“, teilte das Workers Collective am Montag auf Twitter mit. „Wir werden nicht mit ihm kuscheln.“
Zu große Liefergebiete
Aufgrund der Corona-Krise hat der Online-Boom in Deutschland auch den Lebensmittelhandel erfasst. Etablierte Handelsketten und Plattformen wie Rewe sowie Amazon bieten inzwischen Lieferdienste an, ebenso wie eine Vielzahl neu gegründeter Start-ups wie Gorillas oder die Konkurrenz von Flink. Während sich Unternehmen wie Lieferando oder Delivery Hero vor allem als Plattform verstehen, über die Restaurants ihre Bestellungen abwickeln, verfügen die neuen Lebensmittel-Lieferdienste über einen eigenen Einkauf und eigene Warenhäuser.
Gorillas unterhält etwa in Berlin mehrere Lager, in denen die Produkte von den Beschäftigten zusammengesucht und schließlich von den Fahrerinnen und Fahrern, den sogenannten Ridern, ausgeliefert werden. Auf diese Weise sollen die Kundinnen und Kunden innerhalb von zehn Minuten ihre Bestellungen erhalten. Das setzt die Rider vor allem zeitlich unter Druck. „Sie müssen vor allem bei Gorillas große Liefergebiete abdecken“, sagte Verdi-Gewerkschaftssekretärin Maren Ulbrich.
Arbeitgeber zeigt sich kooperativ
Gewerkschaftlich organisiert sind die Beschäftigten in der Regel nicht. Verdi hat ihnen allerdings bei der Durchsetzung ihrer Belange Unterstützung angeboten. Derzeit sammeln die Beschäftigten Geld für die Gründung eines Betriebsrats. Die Arbeitgeberseite gibt sich zumindest nach außen hin kooperativ. „Uns liegen die Interessen unserer Rider am Herzen, und wir nehmen ihr Feedback äußerst ernst“, teilte das Unternehmen am Samstag anlässlich der Protestaktion mit. „Wir unterstützen ausdrücklich und uneingeschränkt die Gründung eines Betriebsrats bei Gorillas und werden dafür selbstverständlich alle benötigten Mittel zur Verfügung stellen.“
(dpa/KG)