Corona

„Gäste, Gastgeber und Reiseregionen brauchen dringend Klarheit“

Hotelmitarbeiterin und Paar, das gerade eincheckt, tragen alle eine Mund-Nasen-Maske
Zumindest eines ist in Deutschland einheitlich: Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist in öffentlichen Räumen von Hotels Pflicht. (Foto: ©Bojan Bjedov/stock.adobe.com)
Neue regionale Corona-Hotspots in Deutschland zeigen: Die Bundesländer reagieren darauf uneinheitlich und nach eigenem Dafürhalten. Das stiftet Verwirrung, vor allem bei Urlaubern und Mitarbeitern aus dem Gastgewerbe.
Donnerstag, 25.06.2020, 09:58 Uhr, Autor: Kristina Presser

Machen Abstands- und Hygienevorschriften den Aufenthalt in Hotels, Apartments und Restaurants in diesen Tagen schon etwas komplizierter, so erschweren nun neue regionale Corona-Hotspots in Deutschland das Branchengeschäft. Nach dem großen Ausbruch in einem Schlachthof in Nordrhein-Westfalen, greifen erste Urlaubsregionen zu Beschränkungen für Reisende aus Risiko-Gebieten. Derzeit sind dies vor allem die nordrhein-westfälischen Landkreise Gütersloh und Warendorf. Ein bundesweit einheitliches Vorgehen gibt es dabei nicht – und genau das kann zum Problem werden.

Bund und Länder haben einen regionalen Notfallmechanismus vereinbart, falls das Infektionsgeschehen in einer Gegend stark zunimmt. Das heißt: Behörden sollen vor Ort schnell gegensteuern, um eine größere
Ausbreitung zu verhindern. Für die beiden nordrhein-westfälischen Landkreise gelten inzwischen wieder strenge Kontaktbeschränkungen – aber eben nur dort.

Verwirrung durch unterschiedliches Vorgehen der Länder

Und die Bundesländer? Diese reagieren unterschiedlich bei Menschen aus Corona-Risikogebieten, die keinen negativen Corona-Test vorweisen können: So haben Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern ein Beherbergungsverbot oder andere Beschränkungen erlassen. In Niedersachsen dürfen zum Beispiel Touristen aus Corona-Hotspots bald nur noch mit ärztlichem Attest in Hotels, Ferienwohnungen oder auf Campingplätzen übernachten. Damit folge Niedersachsen der Beurteilung der nordrhein-westfälischen Landesregierung, heißt es. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) verteidigte jetzt die beschlossenen Beschränkungen für Urlauber aus Risikogebieten. „Das, was bis jetzt geschieht, lässt sich aus meiner Sicht sehr sehr gut begründen“, sagte er. Als Risikogebiete gelten Regionen mit mehr als 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen.

Berlin, Hessen und Thüringen fahren dagegen einen anderen Kurs. Sie planen aktuell keine Beherbergungsverbote für Touristen aus der Region Gütersloh. Allerdings werde das Infektionsgeschehen aufmerksam beobachtet, sagte ein Sprecher der Landesregierung in Wiesbaden. Touristen wird empfohlen, sich vor Reiseantritt selbst zu informieren, welche Regelungen an ihren Zielorten gelten.

Bislang keine Lösung in Sicht

Insgesamt also ein Flickenteppich an Regelungen und Vorgehensweisen, der zu Undurchsichtig führt. Von der Regierung heißt es, man wolle die regionalen Entwicklungen genau beobachten. Allerdings bestimmen die Länder über das operative Vorgehen. Merkel machte generell klar, dass es auf funktionierende Kommunikation der örtlichen Behörden in der ganzen Republik ankommt: „Wenn jemand an der Ostsee war, aber aus Bayern oder Hamburg gekommen ist, ist es natürlich wichtig, dass die Gesundheitsämter untereinander in einem engen Kontakt sind.“

Und jetzt? Eine Schaltkonferenz der Gesundheitsminister brachte am Mittwoch noch keine Lösung für eine einheitliche Linie bei Reisebeschränkungen. Dem Vernehmen nach könnte das Thema bei den Ministerpräsidenten landen.

Branchenexperten fordern Klarheit

Kritisch äußerte sich nun der Deutsche Tourismusverband (DTV). Er forderte angesichts der unterschiedlichen Vorgehensweisen nun Bund und Länder dazu auf, umgehend für bundesweit einheitliche Verfahren, Prozesse und Zuständigkeiten zu sorgen, wie er mitteilte. Norbert Kunz, DTV-Geschäftsführer, sagte: „Es kann doch nicht sein, dass jetzt der Vermieter einer Ferienwohnung in die Pflicht genommen wird, bei jedem seiner Gäste zu prüfen, ob er aus einem als Risikogebiet eingestuften Landkreis kommt. Noch schwieriger wird das, wenn es sich um Gäste aus dem EU-Ausland handelt.“ Bund und Länder müssten sich unverzüglich auf ein abgestimmtes Vorgehen bei neuerlichen Corona-Ausbrüchen verständigen. „Die Gäste, Gastgeber und Reiseregionen brauchen jetzt dringend Klarheit“, ergänzt Kunz.
(dpa/DTV/KP)

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