Eisdielen sollen Zutaten ausweisen
An Deutschlands Eistheken heißt es in diesen Wochen wieder tausendfach: Eine Kugel Schoko! Vanille! Oder vielleicht mal etwas wie Himbeere-Ingwer? In der sommerlichen Hochsaison wollen es die meisten Schleckermäuler unbedingt kühl und cremig bis fruchtig. Dabei wüssten manche schon gern näher, was genau da in die Waffel oder den Becher kommt. Die Verbraucherzentralen fordern, dass Kunden sich auch bei Eiskugeln leichter über Zutaten und Qualitätsunterschiede bei der Herstellung schlau machen können – wie bei verpacktem Eis am Stiel. „Eisgenuss ist etwas Schönes“, so der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller. In Eisdielen, Cafés oder an Eiswagen interessierten sich aber viele durchaus auch dafür: „Ist das echte Vanille?“ oder „Ist der Fettanteil vielleicht einer, den ich gar nicht so toll finde?“ In den Kühltruhen von Supermärkten oder Tankstellen sei das kein Problem. Wie bei Tiefkühl-Pizzen müssen bei einer Packung Vanille-Eis alle Informationen aufgedruckt werden: eine Zutatenliste und Angaben zum Nährwert mit Kalorien, Zucker und Fett.
Direkt auf der Kugel Stracciatella geht das natürlich nicht. Die Verbraucherschützer bemängeln aber, dass lose angebotene Lebensmittel generell von diesen Pflichtkennzeichnungen ausgenommen sind. Nur zu Allergieauslösern wie Nüssen muss eine schriftliche Dokumentation parat gehalten werden – manche Cafés deklarieren dies auch direkt auf den Eissorten-Schildchen in der Theke. Aber könnten Kunden nicht auch einfach fragen? „Die Lebensrealität ab 28 Grad und aufwärts mit einer Schlange von zehn Metern und mehr ist, dass ich mir kein Bedienungspersonal vorstellen kann, was gelassen und ruhig auf entsprechende Fragen bei einer Kugel Erdbeereis Auskunft geben möchte“, argumentiert Müller. Auch für viele Kunden gebe es da sicherlich eine Hemmschwelle, überhaupt zu fragen.
Eisdielen und -wagen sollen Übersichten aushängen
Stattdessen sollten Eisläden und Eiswagen Übersichten aushängen, schlägt der Verbraucherschützer vor. Schließlich gebe es viele Werbeflächen, von denen ein gewisser Teil für Infos über Zutaten reserviert werden könne. Für Anbieter wäre das sogar eine gute Gelegenheit, eine bessere Herstellungsqualität deutlich zu machen. Beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) stoßen solche neuen „Bürokratievorschläge“ jedoch nicht auf Gegenliebe. Schon der Aufwand für die seit Ende 2014 vorgeschriebenen schriftlichen Infos zu Allergenen sei für Betriebe mit täglich wechselnden Speisen immens, erläutert Dehoga-Sprecher Christopher Lück. „Wer sich für Details in seinem Eis interessiert, ist herzlich eingeladen zu fragen und Antwort zu erhalten.“ Genau so funktioniere die Kommunikation mit den Gästen doch seit Jahrzehnten nachweislich konstruktiv.
Was Kunden in puncto Herstellung und Beschaffenheit ganz generell von Speiseeis erwarten dürfen, hat eine zuständige Expertenkommission erst im Herbst aktualisiert. So enthält „Milcheis“ mindestens 70 Prozent Milch, wie es in den Leitsätzen heißt. Bei „Erdbeereis“ ist von mindestens 20 Prozent Frucht auszugehen. Bei „Vanilleeis“ hat dieser Geschmack „deutlich wahrnehmbar“ zu sein und ausschließlich aus gemahlenen Schoten, Vanilleextrakt oder natürlichen Aromen zu stammen – sonst wäre es „Eis mit Vanillegeschmack“ .
Insgesamt wird der Milliardenmarkt mit Speiseeis in Deutschland von industriell hergestellten Produkten dominiert, die einen Anteil von mehr als 80 Prozent ausmachen. Dazu gehören verpacktes Eis in Kiosken und Supermärkten, größere Packungen für zu Hause oder Kartons mit Variationen mehrerer Eissorten. Mehr als sechs Liter davon verzehrt jeder Bundesbürger nach Daten der Markeneisbranche im Jahr. Eis aus Eisdielen und Softeis, das häufig in Schnellrestaurant-Ketten verkauft wird, kommen demnach zusammen pro Kopf auf 1,5 Liter. (dpa/MJ)