Kommentar

Die Gastronomie – Stimmvieh der Parteien und Melkkuh für den Fiskus

Ein Gastronomiemitarbeiter mit einer Wahlurne in der Hand
Am 14. Oktober wird das Wahlergebnis serviert. (© Ljupco Smokovski/Fotolia)
Es ist an Absurdität kaum zu überbieten: Eine Woche vor den bayerischen Landtagswahlen schieben sich die CSU-Alpha-Platzhirsche Seehofer und Söder bereits gegenseitig den Schwarzen Peter für die desaströsen Prognosen zu. Wahrscheinlich müssen nun beide die Rechnung dafür begleichen, dass im Freistaat längst nicht mehr alles Gold ist, was glänzt – schon gar nicht im Gastgewerbe.
Montag, 08.10.2018, 10:45 Uhr, Autor: Daniela Müller

Fakt ist: Der Frust über hohe Steuerbelastungen und wachsenden Bürokratie-Wahnsinn im Gastgewerbe ist größer denn je. Verwundern kann das kaum, denn während Autoindustrie, Banken, Landwirtschaft und jetzt auch noch die Wohnbesitzgesellschaften über die Wohnzuschüsse Millionen Steuergelder zugeschustert bekommen, wird das Gastgewerbe mit Auflagen und Vorschriften überhäuft. Auch die längst überfällige Einführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf alle Speisen in der Gastronomie wird schon seit Jahren trotz überzeugender Argumente vehement abgelehnt. Sinnvolle Gegenargumente – Fehlanzeige! Warum auch sollte sich der Staat diese Mühe machen? Er sackt lieber gleich gierig den vollen Steuersatz ein. Weil er es eben kann!

Gastronomen werden als Betrüger per se abgestempelt
Wenn es um die lieben Steuern geht, kennt der Staat dabei gerade im Gastgewerbe kein Pardon. Da ist es praktisch für die Staatsdiener in den Finanzbehörden, dass man den gemeinen Gastronomen bereits seit vielen Jahren quasi als Betrüger per se abgestempelt hat. Wo Bargeld fließt, muss doch zwangsweise nebenher ein neuer Nobelschlitten finanziert werden können! So sieht sie aus, die verschobene Realität in den Köpfen der Behördenvertreter.

Es wird Zeit, gemeinsam aufzustehen – gegen unfaire und völlig absurde Vorverurteilungen hart arbeitender Unternehmer und gegen die offen gelebte Geringschätzung unserer Branche durch die Staatsvertreter. Denn statt Förderungen und gefälligen Wahlgeschenken über die sich andere Branchen vor den Wahlen freuen dürfen, werden wir mit Urkunden und warmen Worten abgespeist. Ansonsten sind wir gerade noch dafür gut, den lieben Politikern in unseren Gasthäusern, Bierzelten und Lokalen eine stimmungsvolle Bühne für ihre launigen Wahlkampfreden und natürlich allzeit ein kühles Bier – gerne für lau – bereitzustellen. Na dann Prost!

Danke für weniger als gar nichts…
Ach ja, als Stimmvieh dürfen wir natürlich auch herhalten. Genau damit muss jetzt Schluss sein! Die Unternehmer des Gastgewerbes dürfen sich nicht länger vor den Karren derer spannen lassen, die sie gleich nach den Wahlen weiter schinden. Allein in Bayern gibt es insgesamt rund 40.000 gastgewerbliche Betriebe, die rund 170.000 Menschen in Vollzeit beschäftigen. Das ist eine Macht, die mit der Automobil-Lobby, dem Bauernverband und der Immobilienbranche durchaus mithalten kann. Wir müssen den Parteien endlich klarmachen: Ohne uns sind keine Wahlen zu gewinnen!

Wie gut also, dass wir am kommenden Sonntag in Bayern die Gelegenheit bekommen, uns bei der derzeitigen Regierung für ihr Engagement für unsere Branche während der vergangenen sechs Jahrzehnte zu bedanken: Keine Stimme scheint uns eine mehr als faire Gegenleistung! Danke, für weniger als gar nichts! (DM)

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