Bund nimmt Länder für vorsichtige Corona-Öffnungen in die Pflicht
Angesichts weiter bestehender Corona-Risiken nimmt der Bund die Länder für einen vorsichtigen Öffnungskurs in den Frühling in die Pflicht. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) appellierte am Freitag an alle Ministerpräsidenten, nicht über den beschlossenen „maßvollen“ Stufenplan hinauszugehen. „Das ist das Maximum, was wir uns an Lockerungen leisten können.“ Es gehe nicht um das Ende aller Maßnahmen, sondern einen langsamen Ausstieg aus den Einschränkungen. Rückfälle seien jederzeit möglich.
Deutschland habe die Omikron-Welle „einigermaßen gut gemeistert“, sagte Lauterbach. Die Entwicklung sei aber „noch nicht wirklich in sicheren Gewässern“. Er verwies auf den weiterhin hohen Anteil
Ungeimpfter bei gefährdeten Menschen über 60 Jahre. RKI-Vizepräsident Lars Schaade erläuterte: „Unsere Daten deuten darauf hin, dass der Höhepunkt der Omikron-Welle überschritten ist.“ Der Scheitelpunkt für die Intensivstationen sei aber noch nicht erreicht. Zudem nehme der Anteil des wohl noch leichter übertragbaren Omikron-Untertyps BA.2 in Deutschland zu. Setze er sich weiter durch, sei nicht auszuschließen, „dass die Fallzahlen langsamer sinken oder auch wieder ansteigen“.
Drei- bis vier Mal so viele ältere Ungeimpfte
Lauterbach appellierte mit Blick auf die Bund-Länder-Beschlüsse an die Ministerpräsidenten: „Wir müssen das umsetzen wie ein Uhrwerk.“ Es wäre falsch, wenn man sich nun als jemand zu profilieren
versuchte, der besonders schnell lockere. „Das ist alles auf Kante genäht.“ Nicht verwirren lassen solle man sich durch Rufe nach großen Öffnungen wie in Dänemark oder England. So eine Lockerungsstrategie „verbietet sich für uns“, sagte der Minister. Deutschland habe drei- bis vier Mal so viele ältere Ungeimpfte wie diese Staaten.
Bund und Länder hatten einen Drei-Stufen-Plan für Öffnungen bis hin zu einem möglichen Ende aller tiefgreifenderen Auflagen am 20. März vereinbart – ein „Basisschutz“ soll aber auch danach bleiben. Im ersten Schritt sollen Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene und der vielerorts schon aufgegebene Zugang nur für Geimpfte und Genesene (2G) im Handel entfallen. Im zweiten Schritt soll ab 4. März der Zugang zu Gastronomie und Hotellerie auch schon mit negativem Test (3G) möglich werden. Bei Großveranstaltungen sollen mehr geimpfte oder genesene Zuschauer zugelassen sein als bisher.
Novavax als Alternative?
Für Impfungen sollen erste Lieferungen des Präparats von Novavax kommen. Erwartet würden an diesem Montag 1,4 Millionen Dosen und in der Woche darauf noch eine Million Dosen, sagte Lauterbach. Die Gesundheitsminister der Länder hatten sich dafür ausgesprochen, das Präparat vorrangig Beschäftigten im Gesundheitswesen anzubieten. Novavax könnte eine Alternative für Menschen sein, die Vorbehalte gegen die bisherigen mRNA-Impfstoffe von Biontech und Moderna haben.
Allgemeine Impfpflicht
Lauterbach warb erneut um Unterstützung für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht, um die Pandemie in Deutschland bewältigen zu können. Für den Herbst sei nach Einschätzungen in der Wissenschaft mit möglichen weiteren Corona-Wellen zu rechnen, erläuterte er. Lauterbach erklärte seine persönliche Unterstützung für einen von mehreren Ampel-Abgeordneten vorgelegten Entwurf für eine Impfpflicht ab 18 Jahren. Auf dem Tisch liegt auch ein weiterer Entwurf für eine verpflichtende Beratung und dann eine mögliche Impfpflicht ab 50.
Das Bundesinnenministerium hat nach Angaben einer Sprecherin an der Ausarbeitung der Anträge durch das Gesundheitsressort mitgewirkt und hält die Ausgestaltung beider Entwürfe für verfassungskonform. Das Justizressort äußerte sich nicht näher.
(dpa/MK)