Brexit verunsichert deutsche Ernährungsbranche
Großbritannien hat die Europäische Union verlassen und noch immer sind der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) zufolge die Folgen für die deutschen Lebensmittelhersteller nicht geklärt. Die Unternehmen müssten sich daher auf alle Szenarien einstellen, wie es weiter heißt. „Jetzt gilt es, zügig die Verhandlungen über zukünftige Beziehungen aufzunehmen und insbesondere den ambitionierten Abbau der mit dem Ausscheiden aus dem Binnenmarkt drohenden Handelsbarrieren in den Fokus zu rücken. Wir hoffen auf praktikable Lösungen bis Ende des Jahres“, erklärt BVE-Geschäftsführerin Stefanie Sabet.
Ernährungsindustrie fordert Zollunion
Um die Lebensmittelversorgungsketten auf beiden Seiten aufrechtzuerhalten, fordert die BVE eine Zollunion mit gemeinsamen Außenzöllen, einen gegenseitigen Marktzugang für Lebensmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie eine transparente und einfache Zollabwicklung. Darüber hinaus bedürfe es der BVE zufolge wirksamer Ursprungsregeln, die den Import von EU-sensiblen Produkten auf Umwegen über Großbritannien ausschließen. Auch das hohe Niveau der EU-Standards in Bezug auf Lebensmittelsicherheit, Umwelt, Tierschutz und Gesundheitsschutz müsse gewährleistet bleiben. So dürfe etwa die Zusammenarbeit zwischen der EFSA und dem Vereinigten Königreich im Bereich der Ernährungssicherheit nicht beendet werden. Nichttarifäre Handelshemmnisse müssen verhindert und vermieden werden. Dafür sei es notwendig, einen institutionellen Rahmen zur Gewährleistung der Rechtsangleichung zu schaffen.
„Brexit stellt Verschlechterung der Handelsbeziehungen dar“
„Kein Zweifel besteht für uns an der Tatsache, dass der Brexit in jedem Fall eine Verschlechterung der Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und dem Vereinten Königreich bedeutet“, so Sabet. Jüngsten Umfrageergebnissen des BVE-AFC Exportindikators zufolge würde bereits für 2020 die Mehrheit der Lebensmittelexporteure einen sinkenden Absatz für den Großbritannienexport erwarten. Für die deutsche Ernährungsindustrie ist Großbritannien der viertgrößte Exportmarkt. Ohne ein Austritts- oder Handelsabkommen sei mit einer Zolllast von 382,5 Millionen Euro pro Jahr – mehr als eine Million pro Tag – für die Unternehmen der deutschen Ernährungsindustrie zu rechnen. Die Belastung der Branche läge damit über dem gesamtwirtschaftlichen Mittel. Berechnungen des ifo-Institutes gehen in diesem Fall von einem Wertschöpfungsverlust von 0,8 Prozent aus. Das entspräche rund 360 Millionen Euro, die der Branche verloren gingen. Dabei seien die Teilbranchen der Ernährungsindustrie unterschiedlich schwer betroffen. Die Hersteller von Fleisch- und Milchprodukten trifft die größte Belastung.