Oktoberfest

Nach Anschlägen: Metalldetektoren und mehr Ordner auf der Wiesn

Polizei auf dem Oktoberfest
Um einer erhöhte Sicherheit zu gewährleisten soll es in diesem Jahr auf dem Oktoberfest u. a. mehr Ordner geben. (Foto: © picture alliance/dpa | Lino Mirgeler)
Millionen von Gästen aus aller Welt kommen auf das Oktoberfest. Nach den Anschlägen in Solingen und München wird einmal mehr über die Sicherheit auf dem Fest diskutiert.
Donnerstag, 12.09.2024, 14:42 Uhr, Autor: Sarah Kleinen

In Solingen ersticht ein Mann drei Menschen, in München schießt ein Täter auf das NS-Dokuzentrum und das Generalkonsulat Israels: Kurz vor dem Oktoberfest mit Millionen Besuchern sorgen mutmaßlich islamistische Terrortaten für Unruhe. Als Konsequenz gibt es für das Oktoberfest nun schärfere Sicherheitsmaßnahmen.

An den Eingängen zum Fest sollen bei Kontrollen erstmals Hand-Metalldetektoren eingesetzt werden. Die Mediengruppe „Merkur/tz“ hatte darüber berichtet. Die Kontrollen seien stichprobenartig und verdachtsabhängig, sagte der Festleiter und Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU). 

„Wir werden sicherlich mehr Ordner haben“, sagte Clemens Baumgärtner der Deutschen Presse-Agentur weiter. „Wir werden sicherlich auch einzelne Abtastungen sehen.“ Auch diese sollten bei den Kontrollen an den Eingängen stichprobenartig und verdachtsabhängig durchgeführt werden.

Kontrollen an den Eingängen und hohe Polizeipräsenz gehören seit langem zum ausgeklügelten Sicherheitskonzept für die Wiesn, die als größtes Volksfest der Welt gilt. 

Keine besondere Bedrohung

„Für Bayern und die Wiesn 2024 liegen uns derzeit keine konkreten Gefährdungshinweise vor. Die abstrakte Gefährdungslage durch den islamistischen Terrorismus ist aber sehr hoch“, sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). „Vor allem der Nahost-Konflikt, der weiter zu eskalieren droht, verschärft das Gefährdungspotential, auch durch die Terrormiliz Islamischer Staat.“ Die Sicherheitsbehörden seien höchst wachsam, jedem Hinweis werde akribisch nachgegangen. 

„Momentan gibt es keine Erkenntnisse der Polizei, dass das Oktoberfest einer besonderen Bedrohung ausgesetzt ist“, unterstrich Baumgärtner.Die Wiesn zähle zu den sichersten Volksfesten. Aber: „Wir stoßen an Grenzen, absolute Sicherheit gibt es nicht. Es ist immer noch ein Volksfest, das offen ist für jedermann.“

Ähnlich äußerte sich Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der am 21. September das Fest eröffnet. „Natürlich werden wir alles tun, um die Wiesn-Besucher bestmöglich zu schützen“, sagte er. „Wir wissen aber alle, dass es eine absolute Sicherheit nie geben kann.“

Erfahrung mit Terrorsorgen vor der Wiesn

Die Münchner haben Erfahrung mit Terrorwarnungen vor dem Oktoberfest. 2009 hatten islamistische Drohungen Behörden und Wiesnfans aufgeschreckt. Nach einem Video des Terrornetzwerks Al-Qaida mit Wiesn-Bezug wurde das Festgelände eilig mit Lastwagen gegen Angriffe gesichert. Damals wurden Sperrringe gezogen, die bis heute Gültigkeit haben. Etwa dürfen nur Anwohner mit dem Auto in die Zone um das Festgelände fahren. 

2016 und 2017 wurden die Vorkehrungen nach Lastwagen-Anschlägen in Nizza, Berlin London und Barcelona weiter angepasst. Seit 2016 ist das Gelände komplett umzäunt. 

Die Zufahrten versperren inzwischen Poller und Pflanzenkübel aus Beton – die mit bunten Blumen eher sogar den fröhlichen Charakter des Fests unterstreichen. 

2017 beschloss der Stadtrat als Konsequenz aus Lkw-Anschlägen, dass sämtliche Fahrer und Mitfahrer der Lieferwagen für das Fest einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden. In Stichproben werden die Fahrzeuge kontrolliert, die täglich Wagenladungen von Brezen, Würsten und anderen Schmankerln für Zehntausende Gäste herankarren. 

Taschen und Rucksäcke mit mehr als drei Litern Volumen dürfen nicht mitgenommen werden. Messer und Glasflaschen sind verboten. Über dem Gelände gelten Flugverbote, auch für Drohnen. Mehr als 50 Videokameras helfen bei der Überwachung. Polizeibeamte sind mit Bodycams unterwegs. 

Spagat zwischen Sicherheit und Feiern 

Rund 600 Polizisten und an die 2200 Ordner waren im Vorjahr im Einsatz. Zahlen für dieses Jahr wollen Polizei und Kreisverwaltungsreferat Mitte nächster Woche vorstellen. 

„Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie gut der Spagat zwischen hohem Sicherheitsniveau und ausgelassenem Feiern gelingen kann“, sagt Innenminister Herrmann dazu. „Wir dürfen jedenfalls den Terroristen nicht auf den Leim gehen. Denn das Hauptziel von Anschlägen ist, in der westlichen Welt für Verunsicherung zu sorgen und uns in unserer freiheitlichen Lebensgestaltung zu beeinträchtigen.“

Gästezahlen sanken nach Terrortaten

Fast immer sanken in Jahren mit Terrorsorgen die Besucherzahlen deutlich unter die Sechs-Millionen-Marke. 5,5 Millionen waren es laut Statistik der Stadt 2001 nach den Anschlägen vom 11. September in New York; 5,7 Millionen kamen im Jahr der Al-Quaida-Drohung 2009; 5,6 Millionen waren es 2016.

Noch weniger Besucher kamen nur 1980, als die Bombe eines Rechtsextremisten zwölf Besucher und den Täter in den Tod riss. Damals negierten die Behörden den Terror-Hintergrund. Die Spuren waren am nächsten Tag beseitigt – es wurde einfach weiter gefeiert. Manchen schreckte die Tat wohl doch: Die Gästezahl lag mit 5,1 Millionen so niedrig wie nie mehr danach.

Für dieses Jahr rechnet Wiesnchef Baumgärtner nicht mit weniger Gästen. „Ich glaube nicht, dass es sich auf die Besucherzahlen auswirkt, das würde man jetzt schon bei potenziellen Stornierungen sehen.“ Es könnten vielmehr nicht alle Reservierungswünsche erfüllt werden. „Die Wiesn ist dieses Jahr überbucht. Das ist ein Zeichen genau für das Gegenteil.“

Die Wiesn steht kurz bevor

Die Wiesn gilt als größtes Volksfest der Welt und zieht jedes Jahr Millionen Gäste an. Das Fest beginnt dieses Jahr am 21. September und dauert bis 6. Oktober.

Erstmals ist es in diesem Jahr möglich, die Wiesn auch virtuell zu besuchen. Dies soll einen Besuch des Oktoberfestes auch für benachteiligte oder behinderte Kinder und alle, die sonst keine Chance hätten, das Volksfest zu besuchen, ermöglichen. 

(dpa/SAKL)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Oide Wiesn
Veranstaltung
Veranstaltung

Oktoberfest 2024 ohne Bauern, dafür mit Oide Wiesn

Freude bei den einen, Enttäuschung bei den anderen: Die Bauern werden dieses Jahr beim Oktoberfest nicht den Südteil des Festgeländes beanspruchen. Dafür ist nun Platz für die beliebte Oide Wiesn.
Oktoberfest 2023
Wiesn 2023
Wiesn 2023

Oktoberfest-Halbzeitbilanz: Mehr Besucher als vor der Corona-Pandemie

Viel Sonne, mehr Besucher – Festleiter Clemens Baumgärtner spricht von einer „Pracht-Wiesn“. Trotz des traditionell hohen Bierkonsums geht es insgesamt friedlich zu. Viele Gäste aus dem Ausland feiern mit – und auch einige Prominente.
Oktoberfest im Europa-Park Rust
Event
Event

Oktoberfest im Europa-Park Rust

Nach einer zweijährigen Pause kehrt das Oktoberfest wieder in Deutschlands größten Freizeitpark zurück. In Kooperation mit dem offiziellen Oktoberfest in München verwandelt sich die Europa-Park-Arena ab dem 16. September 2022 in ein traditionelles Festzelt.
Polizisten auf dem Oktoberfest
Oktoberfest 2024
Oktoberfest 2024

„Die Wiesn ist das sicherste Volksfest der Welt“

Am 21. Oktober ist es so weit: Gäste aus aller Welt strömen auf das Oktoberfest. Millionen Menschen werden erwartet. Sicherheit steht dabei an erster Stelle – erst Recht nach den Anschlägen in Solingen und München. Die Sicherheitskräfte auf der Wiesn rüsten sich deshalb nun ganz besonders. 
Oktoberfest
Wiesn
Wiesn

Oktoberfest 2024: Viel Bier, kein Joint und mehr Sicherheit

Der Countdown läuft, bald heißt es wieder „O’zapft is!“: Wenn das Oktoberfest beginnt, herrscht in München wieder Ausnahmezustand. Dennoch geht es in diesem Jahr mit einigen Fragen an den Start: Wie sicher ist das Fest? Ist Corona noch ein Thema? Und: Darf man auf dem Oktoberfest kiffen? 
Oktoberfestzelt
Initiative gestartet
Initiative gestartet

Oktoberfest soll nachhaltiger werden

Zu wenig Bio – seit Jahren ist das der Vorwurf an die Gastronomie auf dem Münchner Oktoberfest. Die Wiesn-Wirte starten deshalb jetzt mit einer weiteren Initiative, um das Image des Fests in Sachen Ökologie aufzupolieren.
Leah und Felix beim Dreh zu vr4kids-Oktoberfest
Wiesn 2024
Wiesn 2024

Oktoberfest ist jetzt virtuell erlebbar

Noch sind die Eingänge mit Bauzäunen versperrt. Erst ab dem 21. September heißt es wieder „O’zapft is“. Millionen Besucher werden dann auf dem Oktoberfest in München erwartet. Trotzdem sind die ersten Gäste bereits unterwegs – denn virtuell hat die Wiesn schon begonnen. 
Clemens Baumgärtner und Annika Mittelmeier mit dem Wiesn-Krug 2024
Wiesn 2024
Wiesn 2024

Oktoberfest 2024: Der neue Wiesn-Krug zeigt Münchens Gastfreundschaft

In drei Wochen heißt es „O’zapft is“. Dann strömen wieder Besucher aus aller Welt zum Münchner Oktoberfest. Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner stellte nun den neuen Wiesn-Krug vor.