Berlin Food Night wirft Blick auf die Zukunft der Ernährung
Gemeinsam mit dem Food Campus Berlin und dem Food Service Innovation Lab by Dussmann laden die Macher der Berlin Food Week 60 Gäste ins Restaurant Ursprung ein, das erste Planetary Health-Restaurant Europas. Das Menü – kreiert von Berlin Food Week-Kuratorin Alexandra Laubrinus in Zusammenarbeit mit ausgewählten Köchen und Start-ups – zeigt, wie wir in Zukunft essen werden und greift dabei Entwicklungen wie Novel Foods und Planetary Health auf, unter Berücksichtigung kulinarischer Traditionen und gesundheitlicher Aspekte.
Dabei geht es explizit um Konzepte und Zubereitungsmethoden, die auch für die breite Masse und in allen Bereichen funktionieren – nicht verkopft und futuristisch.
Im Konzept der Planetary Health-Ernährung steht Gemüse im Mittelpunkt. Auf Fleisch und andere tierische Produkte muss aber nicht gänzlich verzichtet werden. So wird aufgezeigt, welchen Beitrag die Landwirtschaft zur Biodiversität und Reduktion von CO2-Emissionen leisten kann, etwa durch Fütterung von Gras und Nebenprodukten der Lebensmittelproduktion, und auf welchem Weg sich die Branche in Richtung Nachhaltigkeit bereits befindet.
Ein weiterer Aspekt ist die Reduktion von Foodwaste durch Kreislaufwirtschaft und Upcycling. Diese Konzepte werden auf verschiedene gastronomische Segmente wie Sternegastronomie, Gemeinschaftsgastronomie, Landgastronomie, Szenegastronomie und Systemgastronomie angewendet, um eine große gastronomische und kulinarische Vielfalt aufzuzeigen.
Einblicke ins Menü
Das Menü ist noch in der Entwicklung. Einige Gänge stehen aber schon fest: Zum Empfang serviert das Food-Tech Unternehmen Formo eine vielfältige Auswahl tierfreier Käsespezialitäten, die in Berlin mittels Präzisionsfermentation hergestellt werden.
Tim Gräsing von der Speisekneipe Lausebengel tischt in Kooperation mit dem Food-Tech-Projekt ReGood ein Treberbrot mit Bierbutter auf. Damit wird demonstriert, wie das Brauereinebenprodukt Treber als Upcycling-Getreiderohstoff genutzt werden kann.
Dazu werden adaptogene Getränke des von David Dominguez gegründeten Start-ups Ada serviert. Adaptogene sind bestimmte Pflanzen wie Ginsengwurzel und Hibiskus, die einen positiven Einfluss auf den Organismus haben.
Als Vorspeise serviert Sebastian Frank, Inhaber und Küchenchef des Sternerestaurants Horváth in Berlin, seine berühmte Pilzleber. Mit seinem Signature Dish, das geschmacklich einer Gänseleber täuschend ähnlich ist, beweist er, dass pflanzliche Produkte den tierischen in puncto Textur und Umami in nichts nachstehen.
Durch die Zusammenarbeit des Food Service Innovation Lab by Dussmann und der Initiative Milch entsteht ein klassisches Gericht mit modernem Twist. Das Gericht Kartoffeln & Quark zeigt, dass der Weg zu einer ökologisch verantwortungsvollen Landwirtschaft auch in der Milchwirtschaft möglich ist und wie die Milch als hochwertiges Lebensmittel Teil einer pflanzenbasierten Ernährung sein kann.
Zubereitet wird es vom Team des Restaurants Ursprung. Die Köllnitzer Hofküche ist ein Beispiel für Landgastronomie mit Farm-to-Table-Konzept, die alle Zutaten auf dem eigenen Hof produziert.
Zum Hauptgang zaubert Küchenchef Stefan Ziegenhagen ein Duett vom hofeigenen Köllnitzer dry-aged Fisch und grasgefüttertem Weiderind.
Eine Novel-Foods-Zulassung liegt in Europa bisher noch in etwas ferner Zukunft – dennoch ist auch das Start-up Mushlabs mit von der Partie und zeigt in Kooperation mit Atelier Dough einen innovativen Gang, der durch Fermentation aus Pilzmyzelien hergestellt wird.
Zum Menü gibt es ein Bio Helles Keller Bier von Knärzje, die bis zu einem Viertel des Braumalzes durch überschüssiges oder rückläufiges Brot ersetzt – ein Beweis für die Umsetzung des Zero Waste-Prinzips.
Als Vertreter der Szenegastronomie serviert Justus Will vom Restaurant Aerde zum Dessert einen Pilzkaffee. Basis ist der Vitalpilz Chaga, der auf Birken wächst. Weitere Zutaten sind Lupinen, ungenutzte Reste heimischer Gemüsesorten wie verbrannte Lauchhaut, Sellerie, Walnüsse und Haselnüsse sowie anregende Vitalstoffe.
„Gar nicht so futuristisch“
„Überrascht hat uns, dass viele Gerichte des Menüs gar nicht so futuristisch klingen, wie man bei den thematischen Schwerpunkten denken könnte, sondern recht nah an klassischen Speisen sind. Das zeigt, dass man nicht alles komplett neu erfinden muss, sondern oft kleine Veränderungen ausreichen, um Großes zu bewirken“, sagt Alexandra Laubrinus, Kuratorin und Geschäftsführerin der Berlin Food Week, über die Entstehung des Menüs.
Sie ergänzt: „Das passt sehr gut zu unserer Herangehensweise, unsere Gäste über Genuss und Erlebnis mitzunehmen und nicht mit Verzicht abzuschrecken. Wir wollen die Ernährungswende anschaulich und niedrigschwellig vermitteln, weil wir überzeugt sind, dass nur so ein neuer Mainstream entstehen und echter Wandel gelingen kann.“
Christian Hamerle, Head of Food Service Innovation bei Dussmann, ergänzt: „Fest steht, dass wir die Rechnung auf dem Teller nicht mehr ohne den Planeten machen können. Mensch und Planet brauchen deshalb dringend ein neues, gänzlich nachhaltiges Verständnis für Ernährung. Die Herausforderung wird sein, die gewohnten ressourcenvernichtenden Komfortzonen zu verlassen, ohne dabei auf das geliebte genusskulturelle Verständnis verzichten zu müssen. Die Berlin Food Night macht deutlich, dass Planetary Health Diet und neue Welt der Future Food Produkte die lukullische Vielfalt auf dem Teller vergrößern und die Zukunft der Ernährung köstlich und klimagerecht schmecken wird.“
„Wir müssen die Idee der Planetary Health Diet in einen ‚Planetary Health Lifestyle‘ verwandeln. Denn nur die lustvolle Akzeptanz der Konsumenten ermöglicht regenerativ wirksame Wertschöpfungsketten von ‚Farm to Table‘“, so Jörg Reuter, Geschäftsführer des Food Campus Berlin.
(Berlin Food Week/SAKL)