Paul Bocuse stirbt mit 91 Jahren
Sein Drei-Sterne-Tempel „L’Auberge du Pont de Collonges“ galt als Pilgerort für Gourmets aus aller Welt. In diesem Gebäude in seinem Heimatort Collonges-au-Mont-d’Or in der Nähe von Lyon starb Bocuse am Samstag. In Collonges war er 1926 auch zur Welt gekommen. Bocuse – Markenzeichen: Trikolore-Kragen und hohe Kochmütze – hatte zwischen 1958 und 1965 drei Michelin-Sterne für seine Künste verliehen bekommen. Er verlor sie nie.
Weltweite Trauer
„Die Gastronomie trauert. Monsieur Paul war Frankreich. Einfachheit und Großzügigkeit. Vorzüglichkeit und die Kunst zu leben. Der Papst der Gastronomen hat uns verlassen“, twitterte der französische Innenminister und frühere Bürgermeister von Lyon, Gérard Collomb.
Präsident Emmanuel Macron würdigte Bocuse als „die Inkarnation der französischen Küche“. „Sein Name steht in der französischen Küche für Großzügigkeit, für Respekt der Traditionen und auch für seinen Einfallsreichtum.“ Die französische Gastronomie verliere „eine mythische Figur, die sie in großer Form geprägt hat“, teilte Macron mit. Alle Köche weinten um ihn, „im Elysée und in ganz Frankreich. Aber sie werden seine Arbeit fortsetzen.“
Bocuse wurde weit über die Grenzen seines Heimatlandes hinaus zur Ikone der verfeinerten Lebensart mit exquisiten Speisen und Getränken. Er gehörte zu den Vertretern der „Nouvelle Cuisine“, eine Bewegung damals junger Köche, die die französische Küche entstauben wollten. Einfache Zubereitung, frische Zutaten, Regionalität – das waren die Grundlinien. Der Spitzenkoch gründete mindestens 20 Restaurants, einige auch in Japan. Der Herd und sein Geschäftssinn machten ihn reich: Sein geschätztes Vermögen betrug 50 Millionen Euro. Die französische Nachrichtenagentur AFP nannte ihn am Samstag einen „Epikur mit überbordender Energie, einen unermüdlicher Globetrotter, der sein Leben der Gastronomie gewidmet hat.“
Kollegen voller Ehrfurcht
Zahlreiche Spitzenköche äußerten sich zum Tod von Bocuse. „Der Leuchtturm der weltweiten Gastronomie ist erloschen“, sagte der Dreisternekoch und Autor Alain Ducasse. „Paul Bocuse hat neue Horizonte aufgezeigt.“ Noch am Mittwoch habe er mit Bocuse zu Mittag gegessen.
Spitzenkoch Harald Wohlfahrt würdigte Bocuse als „einen ganz Großen, wenn nicht den Größten“ seiner Zunft. „Bocuse hat ganze Generationen von Köchen geprägt“, so Wohlfahrt. „Er hat die Köche hinter dem Herd herausgeholt und sie in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt.“
Tief betrübt zeigte sich auch Starkoch Eckart Witzigmann. „Es tut mir das Herz weh“, sagte der Gastronom. „Es ist ein riesiger Verlust für die Gastronomie.“ Bocuse habe vorgezeigt, wie man als Koch Gäste vorbildlich betreut, von der persönlichen Begrüßung bis zur Verabschiedung. „Paul war ein Gastgeber, wie er sein soll“, sagte der Österreicher Witzigmann (76). In den späten 60er Jahren durfte Witzigmann eine Zeit lang in Bocuses Küchenteam arbeiten. Er sei damit wohl einer der ersten nicht französisch sprechenden Köche in der Brigade des Meisters gewesen, sagte Witzigmann. (dpa/MJ)