„Klar war ich erst einmal schockiert“
Es war wie ein Beben, das durch Gastronomie und Medien ging, als das Spitzenrestaurant „La Vie“ in Osnabrück 2018 nach zwölf Jahren seine Türen dauerhaft schloss. Nun hat der ehemalige Geschäftsführer und Küchenchef Thomas Bühner, der mit drei Michelin-Sternen und 19 Punkten im Gault Millau ausgezeichnet als einer der besten Köche Deutschlands gilt, über seine Zeit danach und sein kulinarisches Verständnis gesprochen.
Wie Thomas Bühner dem Manager Magazin erzählt, sei seine Zeit im „La Vie“ die Erfüllung seines Lebenstraumes gewesen: Er wollte immer ein Drei-Sterne-Restaurant führen. Gleichzeitig trauere er aber nicht darum, dass der Investor Georgsmarienhütte Holding GmbH nicht mehr in der Gastronomie aktiv sein wollte und daher sein Restaurant schließen musste. „Klar war ich erst einmal schockiert. Aber im Augenblick habe ich den Eindruck, mein Leben ist spannender als je zuvor“, sagt er.
Auf die Frage hin, ob die Spitzengastronomie in der Krise stecke, gibt er zu, dass ein Problem die mangelnde Bereitschaft der Gäste sei, mehr Geld für gutes Essen auszugeben. Manche hätten ihren Besuch im Spitzenrestaurant „La Vie“ sogar im Bekanntenkreis geheim gehalten – aus Unsicherheit darüber, was Freunde dazu gesagt hätten. Unsere Einstellung zu guter und bester Qualität muss sich also ändern. „Wenn ich an einem Restaurant vorbeigehe, an dem steht: ‚Drei Gänge 12,90 Euro‘, das macht mich stutzig. Dafür kann man nichts Gutes machen. Und was mich aufregt: ‚To Go‘ wird staatlich subventioniert. Wenn Sie ihren Kaffee mitnehmen, zahlen Sie sieben Prozent Mehrwertsteuer, wenn Sie ihn dort trinken, 19 Prozent. Das müsste genau umgekehrt sein“, fasst Thomas Bühner zwei der Gastro-Brennpunktthemen zusammen.
Ob er jungen Leuten raten würde, Koch zu werden? Diese Frage des Manager Magazins bejahte der Spitzenkoch mit voller Überzeugung: „Es ist ein harter Beruf, aber: Auf der einen Seite kommt die dreckige Karotte rein in die Küche, auf der anderen kommt ein kreativer Teller heraus, und Sie bekommen direkte Resonanz auf Ihre Arbeit. Besser geht es doch nicht. Ich kann auch nicht sehen, wo das Problem ist, wenn man abends oder an Feiertagen arbeitet. Dann hat man halt andere Tage frei. Der Bekanntenkreis ändert sich vielleicht, aber die Möglichkeiten summieren sich auch.“