Interview

“Will ich ein erfolgreicher Geschäftsmann sein oder ein besonderes Restaurant haben?”

JUan Amador beim Anrichten
Alles oder nichts: Nu rein bisschen zum Spaß zu kochen war Juan Amador zu wenig. (© Markus Oberländer)
Juan Amador im HOGAPAGE-Gespräch über das Potential des Kulinarikstandortes Österreich, die wirtschaftliche Bedeutung des dritten Sterns, und seine fehlgeschlagene Idee, ohne Druck zu kochen.
Dienstag, 30.04.2019, 10:11 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

HOGAPAGE: Herr Amador, herzliche Gratulation zum dritten Stern – für Sie ja nichts Neues. Das ist das neunte Mal, dass Sie mit der Höchstwertung ausgezeichnet wurden. Wird das irgendwann zur Routine?
Juan Amador: Zur Routine wird das nie. Und auch wenn wir sehr ehrgeizig auf dieses Ziel hingearbeitet haben, war es letztendlich ein Überraschung. Natürlich kommt es einem entgegen, wenn man das schon kennt. Für mich glänzen diese drei Sterne aber besonders hell. Einerseits, weil sie eine Auszeichnung für das gesamte Team sind und andererseits, weil ich sie in meiner Lieblingsstadt Wien erkocht habe.

Sie sind der erste in Österreich, der die drei Sterne erhalten hat, was durchaus für Diskussionen innerhalb der Branche gesorgt hat. Provokant gefragt: Was machen Sie besser als die österreichischen Köche? Oder kommt Ihr internationaler Kochstil den Michelin-Bewertungskriterien einfach mehr entgegen als der eher regional-inspirierte Stil Ihrer Kollegen?
Hätten es auch andere verdient in Österreich? Ich bin der Meinung: Ja! Dazu kommt ja, dass Michelin in Österreich ausschließlich für den Guide der „Main Cities of Europe“ testet – und damit nur in Wien und Salzburg. Dabei wäre das Potenzial an hervorragenden Restaurants auch außerhalb der Städte gegeben. Vielleicht sind die ersten drei Sterne für ein Wiener Restaurant ein Signal in diese Richtung. Die österreichische Küche hätte sich diese internationale Wahrnehmung mehr als nur verdient.

Sie hatten ja schon wiederholt die Erfahrung: Wie wirkt sich ein dritter Stern wirtschaftlich aus? Lässt sich das mit einem Buchungs- oder Umsatzplus beziffern?
In den ersten 24 Stunden nach Verleihung des dritten Sterns kamen mehr als 250 Reservierung herein. Aus aller Welt. Das ist natürlich auch ein wesentlicher wirtschaftlicher Faktor. Ein Restaurant, wie wir es betreiben, wird nie das große Geld abwerfen. Die Frage ist: Will ich ein erfolgreicher Geschäftsmann sein oder will ich ein ganz besonderes Restaurant haben? Ich habe mich für letzteres entschieden. Die Wirtschaftlichkeit muss aber natürlich gegeben sein und da hilft uns der dritte Stern enorm.

Sie haben in einem anderen Interview mal erwähnt, dass mit Erreichen des dritten Sterns für Sie die Spannung eigentlich immer abgefallen ist, denn damit hat man es quasi „geschafft“. Gar keine Angst, in den Folgejahren den dritten Stern auch mal wieder zu verlieren mit den dann entsprechenden Konsequenzen in Medien und Öffentlichkeit?
Tatsächlich fühle ich mich erleichtert. Wir sind als Team nun für unsere Arbeit mit dem dritten Stern ausgezeichnet worden und haben somit auch von außen die Bestätigung eine absolute Topleistung für unsere Gäste bringen zu können. Jetzt freuen wir uns darauf, noch befreiter drauf los kochen zu können. Für die Kreativität war Druck noch niemals gut.

Sie sind ja vor ein paar Jahren nach Wien gekommen mit dem Anspruch, hier wieder drei Sterne zu erkochen. Ursprünglich noch in einem Lokal im zweiten Bezirk. Aus dem ist dann nichts geworden und wenn ich mich richtig erinnere gab es von Ihnen auch die Aussage, dass Sie sich diesen Stress eben nicht mehr antun wollten. Dann hat sich das Projekt an Ihrem aktuellen Standort im 19. Bezirk ergeben, anfangs als eine Art gehobenes Wirtshaus, auch wenn das wohl eine leichte Untertreibung war. Was hat dann den Sinneswandel, doch wieder aufs Ganze zu gehen, bewirkt?
Ich wollte es hier in Wien tatsächlich entspannter angehen und mir weniger Gedanken um Sterne, Hauben und andere Bewertungen machen. Aus diesem Grund war unser Konzept zu Beginn auch zweigeteilt – einerseits ein Wirtshaus mit Greißlerei, andererseits Fine Dining. Ich habe mir sogar einen Küchenchef als Stellvertreter gegönnt; aber rasch gemerkt, dass ich nicht aus meiner Haut herauskomme. Es hat einfach weniger Spaß gemacht. Spätestens als wir vom Michelin 2017 von Null auf zwei Sterne gewertet wurden, wusste ich, ich will mich wieder auf unsere ursprünglichen Stärken fokussieren. Anfang 2018 haben wir das Doppelkonzept dann eingestampft und die Größe der Küche verdreifacht. Seitdem ist der Spaß am Kochen zurück und auch deshalb ist dieser dritte Stern ein ganz besonderer.

Das Menü mit Weinbegleitung kostet bei Ihnen 360 Euro. Das ist schon ein ziemlich internationaler Preis und liegt ein ganzes Stück über dem, was andere Kollegen in Wien verlangen. Ist der Wiener doch bereit, so viel für ein Top-Essen zu bezahlen oder leben Sie eher von ausländischen Gästen?
Das 8-Gang-Menü macht 235 Euro aus. Das ist zunächst einmal viel Geld. Doch man muss schon auch genau hinsehen, was einem dafür geboten wird. Das beginnt beim Einkauf der Produkte. Ich kann heute Forellen um sechs Euro pro Kilo kaufen oder Rotbarben, die auf 49 Euro kommen. Exzellente Kaisergranaten kosten um die 130 Euro pro Kilo. Dazu kommen noch Fixkosten und – was  eigentlich das Wertvollste ist – stundenlange Vorbereitung, Kreativität, Handwerk und Leidenschaft eines Teams von 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

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