„Unser ‚Kontaktlos by Design‘-Konzept trifft die Kundenbedürfnisse“
Das Münchner Hospitality-Unternehmen Limehome hat sich nicht nur auf Serviced Apartments spezialisiert, sondern auch auf ein kontaktloses Hotelkonzept – alle Prozesse laufen digitalisiert ab. Wir haben mit Co-Gründer und Geschäftsführer von Limehome Dr. Josef Vollmayr darüber gesprochen, warum es gezielt ein Unternehmen im Serviced-Apartment-Segment sein sollte, wie eine Auslastung von rund 45 Prozent selbst in den Corona-Hoch-Wochen Ende März und Anfang April gelingen konnte und ob sich die klassische Hotellerie angesichts der hohen Nachfrage nach Longstay-Angeboten auf dem absteigenden Ast befindet.
Herr Dr. Vollmayr, als Sie sich gemeinsam mit Herrn Stäbe entschieden haben, ein eigenes Hospitality-Unternehmen zu gründen, warum haben Sie sich da für das Serviced-Apartment-Segment entschieden?
Wir waren beide einige Jahre als Unternehmensberater tätig und haben vermutlich zusammen fast 1000 Nächte in den verschiedensten Hotels weltweit – zugegebenermaßen meist sehr schönen Hotels – verbracht. Dennoch ist aus den Erfahrungen die Idee entstanden, ein Hotelkonzept zu entwickeln, das Wartezeiten eliminiert, modernes Design mit einem Gefühl von zu Hause verbindet, mobiles Arbeiten mit ausreichend Platz ermöglicht und gleichzeitig die Standards einer etablierten Hotelmarke verspricht. Aus der Not praktisch eine Tugend machen – so ist Limehome entstanden. Das Konzept, das wir schließlich entwickelt haben, lässt sich nun vermutlich am ehesten dem Serviced-Apartment-Segment zuordnen.
Welche Philosophie liegt Limehome zugrunde?
Innerhalb des Unternehmens ist es uns wichtig, wie ein Technologie-Start-up zu agieren. Das bedeutet für uns, dass
- unsere Kunden und kontinuierliche Verbesserung unseres Angebots an erster Stelle stehen. Gute Margen sind weniger Selbstzweck als das Ergebnis eines guten Angebots und der automatisierten Prozesse über unsere Technologieplattform.
- jeder Mitarbeiter selbst gefordert ist Ideen einzubringen und umzusetzen und Hierarchie nur eine nachgelagerte Rolle spielt
- wir uns sehr ambitionierte Ziele setzen und unser Team und die technologische Infrastruktur entwickeln, um langfristig einer der größten europäischen Hospitality-Spieler werden zu können.
In Zusammenarbeit mit unseren Partnern ist uns eine vertrauensvolle und auf Langfristigkeit ausgelegte Geschäftsbeziehung extrem wichtig. Gerade auf dem Immobilienmarkt ist es unverzichtbar ein zuverlässiger Partner zu sein.
Unsere Maxime gegenüber unseren Kunden lautet: Was müssen wir tun, damit die Kunden auch wiederholt bei uns buchen. Außerdem müssen sich alle Mitarbeiter jederzeit selbst die Frage stellen, ob sie am jeweiligen Standort auch selbst für jeden Reisezweck das Limehome wählen würden. Wenn dies nicht der Fall ist, müssen wir dringend etwas unternehmen.
Serviced Apartments erleben als alternatives Hotelkonzept gerade einen regelrechten Boom (die Corona-Krise einmal außen vor gelassen). Wie kommt das? Wie haben sich vielleicht auch die Gäste und deren Bedürfnisse verändert?
Grundsätzlich sind Präferenzen der Gäste so unterschiedlich wie die Gründe der Reise und die jeweiligen Personen. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass das Serviced-Apartment-Konzept die logische Antwort auf die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitswelt und stark steigende private Mobilität ist.
Nach wie vor verreisen viele Menschen, um aus dem Alltag auszubrechen, sich verwöhnen zu lassen und eben etwas anderes zu tun. Eine viel größere Gruppe verreist, oder muss verreisen, und will sich dabei im normalen Tagesablauf möglichst wenig einschränken lassen und dafür sind voll-ausgestattete Apartments einfach besser geeignet. Die zunehmende Digitalisierung der Customer Journey und der internen Prozesse hat nun Möglichkeiten eröffnet, Serviced-Apartment-Angebote auch für kurzfristige Aufenthalte zu erschwinglichen Preisen anzubieten. Wir würden sagen, der Kunde bekommt einfach „more time, more space, more home und more value“. Die Covid-19 Krise hat diese Entwicklung nochmal deutlich beschleunigt. Die Möglichkeit sich mit einer voll ausgestatteten Küche selbst versorgen zu können, ausreichend Platz zum Entspannen und Arbeiten zu haben und unser „Kontaktlos by Design“-Konzept trifft hier die Kundenbedürfnisse.
Und zu guter Letzt hat auch der Real Estate Markt die Asset-Klasse allmählich vollends akzeptiert und adaptiert.
Limehome bietet, so steht es auf Ihrer Website, digitale Zugangssysteme und ermöglich eine digitale Customer Journey von der Buchung bis zur Rechnungserstellung. Das spricht vor allem die Generation Y und Z als Zielgruppe an. Was ist mit älteren Menschen und jenen, die weniger digital affin sind?
Die wesentliche Umstellung für den Gast ist tatsächlich, dass er für den Check-in und Check-out nicht mehr anstehen muss, sondern alle Informationen vorab bekommt, den Meldeschein über das Handy ausfüllen kann und die Rechnung direkt per E-Mail erhält und bei Bedarf die Rechnungsadresse online anpassen kann. Das ist sehr einfach gestaltet, die meisten Gäste kennen das Vorgehen bereits von Flugreisen. Sollten dennoch Fragen auftauchen, ist unser Kundenservice natürlich jederzeit erreichbar und erklärt einzelne Prozesse. Die Buchung erfolgt ohnehin bereits lange vorrangig online.
Tatsächlich sind unsere Gäste keinesfalls nur Millennials, sondern durchschnittlich etwa 40 Jahre alt, von Montag bis Donnerstag vorrangig Geschäftsreisende, von Freitag bis Sonntag meist Privatreisende und gerne auch Familien.
Ist es richtig, dass die Limehome-Apartments gänzlich ohne Personal vor Ort auskommen? Und warum war Ihnen wichtig, mit so wenig Personal wie möglich zu planen?
Ja, es ist richtig, dass wir vor Ort weitestgehend ohne Personal auskommen. Alles, was nicht zwingend von einem Menschen erledigt werden muss, haben wir digitalisiert. Einfache und repetitive Arbeiten wie die Rechnungsstellung und das Ausstellen der Zugangskarte haben wir effizienter abgewickelt. Der Kundenkontakt bei Fragen wird zentral gebündelt. Aber selbstverständlich ist das Housekeeping nach wie vor unverzichtbar. Allerdings arbeiten wir auch hier mit einer App, die uns jederzeit anzeigt, welches Zimmer gereinigt ist und wo ein Wasser oder Kaffee nachgefüllt werden muss.
Die Kosten, die wir über einen effizienteren Betrieb einsparen, können wir in eine hochwertige Ausstattung der Apartments investieren, den Gästen mehr Raum für das Gefühl von Zuhause bieten und zugleich sehr hohe Qualitätsstandards erfüllen. Wir wollen die Ressourcen dort einsetzen, wo wir am meisten Nutzen für die Mehrheit unserer Gäste schaffen können.
Falls es vor Ort ein Problem gibt, wie können Gäste dann mit Ihren Mitarbeitern kommunizieren – wie werden Probleme gelöst?
Wir haben für unsere Gäste eine Kundenservice eingerichtet, der 24/7 telefonisch oder per Mail zu erreichen ist. Sollten also doch einmal Probleme auftreten, ist Unterstützung schnell zur Stelle.
Die Corona-Krise hat besonders dem Gastgewerbe stark zugesetzt. Trotzdem hört man immer wieder, gerade das Serviced-Apartment-Segment hätte die Krisenmonate im Vergleich zur klassischen Hotellerie besser überstanden und würde sich auch schneller wieder erholen. Wie sehen Sie das?
Klassische Hotelbetriebe mit 100+ Zimmern stehen vor der Herausforderung, dass sie im Schnitt ca. 60 Prozent Auslastung benötigen, um überhaupt kostendeckend arbeiten zu können – ein Grund, weshalb die Mehrzahl der Hotels geschlossen waren bzw. teilweise immer noch sind. Zudem waren Wellness- und Gastronomieangebote in dieser Zeit auch nicht zu betreiben.
Wir haben mit unseren vergleichsweise kleinen, voll digitalisierten Standorten, einer schlanken Kostenstruktur den immensen Vorteil, dass wir auch bei geringerer Auslastung die Standorte geöffnet lassen konnten. Viele Geschäftsreisende, die trotz Krise nicht auf Reisen verzichten konnten, haben hier über uns Apartments gebucht – oft auch für einen längeren Zeitraum. Selbst in den Corona-Hoch-Wochen Ende März und Anfang April konnten wir eine Auslastung von 40-45 Prozent über alle Standorte hinweg erzielen. Ende Mai lag die Auslastung schon wieder bei mehr als 70 Prozent und mittlerweile sind wir im gesamten Juli bei über 80 Prozent. Wir haben während dieser Zeit auch einige Standorte eröffnet und sind nun in den Umsätzen seit Februar (vor Corona) tatsächlich um 75 Prozent gewachsen.
Das zeigt, dass sich Service-Apartment-Anbieter wie wir strukturell wie auch konzeptionell von vielen klassischen Hotel-Playern abheben und hier entsprechend profitieren.
Wie glauben Sie wird sich der Hotelmarkt künftig entwickeln? Werden Serviced-Apartments der klassischen Hotellerie vielleicht sogar den Rang ablaufen?
Das schier mühelose jährliche Wachstum der vergangenen 15 Jahre in der Hotellerie ist natürlich erst einmal vorbei. Es wird die nächsten anderthalb Jahre insgesamt weniger Reisetätigkeit geben. Wir gehen davon aus, dass wir in dieser Zeit eine Konsolidierung des Marktes und auch zahlreiche Insolvenzen erleben werden. Die Ausgangslage hat sich verändert und so werden einige Spieler, deren Produkt nicht mehr zeitgemäß und deren Prozesse zu ineffizient sind, nicht bestehen bleiben. Die Gäste müssen nicht mehr das letzte verbliebene Zimmer nehmen, sondern können wählen.
Langfristig sehen wir aber keinen Grund, weshalb es zumindest in Deutschland weniger Reiseaufkommen geben sollte. In Deutschland wird aus privaten und kulturellen, aber vor allem aus geschäftlichen Gründen gereist. Mehr Homeoffice heißt eben nicht weniger reisen. Es bedeutet mehr zu Hause und weniger Office aber dann noch viel mehr Notwendigkeit seine Geschäftspartner und Kollegen in einer zunehmend dezentralen Arbeitswelt regelmäßig persönlich zu treffen.
Das Serviced-Apartment Segment war bereits vor der Krise der „Rising Star“ der Hotellerie, die Pipeline an neuen Projekten ist lang. Die letzten Monate haben das Segment sicherlich noch attraktiver gemacht – für Kunden aber eben auch für Investoren und Entwickler. Für die zumeist jungen Unternehmen ist die Digitalisierung deutlich einfacher als für große, etablierte Hotelkonzerne. Man muss aber dennoch realistisch sein. Der klassische Hotelmarkt ist riesig. Auch wenn sich das Serviced-Apartment-Segment in den nächsten 7-10 Jahren verdreifacht, ist dieser noch immer bei unter zehn Prozent Marktanteil. Aber es macht natürlich Spaß in diesem aufstrebenden Segment aktiv zu sein.
Welche Projekte haben Sie aktuell geplant bzw. was planen Sie für die kommenden Jahre?
Neben unseren aktuellen Standorten befinden sich derzeit rund 30 weitere Objekte in der Entwicklungsphase – weiterhin in B- und C-Städten aber auch verstärkt in A-Städten. Neben Standorten in Österreich und Deutschland sind wir jetzt auch in Spanien gestartet und werden dort noch in diesem Jahr unsere ersten Standorte eröffnen. Insgesamt sehen wir gerade jetzt enorme Opportunitäten auf dem Markt. Wir werden versuchen uns zahlreiche attraktive Standorte zu sichern und fassen auch passende Betreiber mit Potential ins Auge. Zudem legen wir unseren Fokus auf drei Themen: die kontinuierliche Weiterentwicklung unserer Technologieplattform, eine weitere Verbesserung unseres Produkts um Zusatzleistungen und digitale Services sowie die Etablierung von Limehome als Marke – dazu haben wir nun die relevante Größe.
Wir danken für das Gespräch.