Personalmangel bekämpfen: „Glaubwürdigkeit ist am wichtigsten!“
1. Was genau versteht man unter Employer Branding und warum ist es heute wichtiger denn je?
Grob zusammengefasst, versteht man darunter, dass ein Unternehmen nicht nur seine Dienstleistung oder sein Produkt, sondern auch sich selbst als Arbeitgeber etabliert und entsprechend vermarktet.
Employer Branding ist heute wichtiger denn je, da der Bewerbermarkt sehr umkämpft ist. Manche Berufe sind auch nicht mehr so attraktiv wie vor Jahren. Es bilden sich immer mehr Berufssparten, in denen man auch ohne eine Ausbildung oder einen guten Schulabschluss arbeiten kann. Gerade im Bereich Gastronomie, wo ja noch wirklich sehr handwerklich und körperlich gearbeitet wird, spüren wir den Mangel an Nachwuchs und damit auch den Fachkräftemangel jetzt schon extrem.
2. Wo glauben Sie, besteht bei den Unternehmen der größte Nachholbedarf im Bereich Arbeitgebermarketing?
Viele Unternehmen sind noch in der Denkweise verhaftet, dass der Bewerber etwas von ihnen will und sich bewerben muss. Das hat sich komplett verändert. Durch die Geschwindigkeit des Internets, durch täglich neu entstehende mediale Plattformen, eröffnen sich für Arbeitgeber viele Möglichkeiten, potenzielle Kandidaten zu erreichen. Heute bewerben sich Unternehmen bei diesen Kandidaten und zwar im besten Fall schon dann, wenn diese noch gar nicht aktiv suchen. Die Bindung zu dieser Gruppe wird auch immer wichtiger.
Im Umkehrschluss müssen sich Unternehmen auch mehr um die Bindung der bestehenden Mitarbeiter kümmern. Es müssen beispielsweise Entwicklungswege und Karrierepfade, attraktive Vergütungsmodelle und Benefits geschaffen werden, die für Mitarbeiter interessant sind. Weiterhin gehört zur Bindung auch, dass die Kommunikation in Unternehmen besser wird, dass Mitarbeiter Gehör finden und sich somit stark mit dem Arbeitgeber identifizieren.
3. Wie können sich auch kleine Familienbetriebe, z.B. Restaurants, besser selbst vermarkten, um ihre Personalsituation zu verbessern?
Das ist eine gute Frage und die Beantwortung hängt sicherlich auch vom jeweiligen Betrieb bzw. Betreiber ab. Meiner Erfahrung nach, wechseln viele Kandidaten aus der freien Gastronomie deshalb zu Unternehmen wie Aramark, weil wir attraktive Arbeitszeitmodelle, gute Sozialleistungen, Weiterentwicklung und eine hohe Beständigkeit bieten können. Wenn es möglich ist, müsste sicherlich in erster Linie an diesen Punkten angesetzt werden.
4. Welche Herausforderungen im Bereich Employer Branding werden in der Zukunft am wichtigsten sein?
Glaubwürdigkeit ist im Employer Branding der wichtigste Faktor und wird auch in Zukunft von großer Bedeutung sein. Durch die gestiegene Vielzahl an Informationsquellen, können potenzielle Kandidaten eine Sichtweise auf das Unternehmen erhalten, die verschiedene Blickwinkel abbildet. Quellen, die das Unternehmen selbst bereitstellt, Berichte aus der Presse, aber auch Erfahrungsberichte auf Bewertungsportalen, die die Sichtweise von Kunden, Mitarbeitern und Bewerbern abbilden, ergeben ein großes Gesamtimage. Gerade die Bewertungsportale, wie bspw. kununu, gewinnen eine immer höher werdende Glaubwürdigkeit bei potenziellen Bewerbern.
5. Können Sie uns ein Beispiel aus Ihrem Unternehmen geben, wie Employer Branding erfolgreich umgesetzt wurde?Ich glaube, man muss zum vorab sagen, dass man niemals mit der Umsetzung von Employer Branding fertig wird. Das ist ein andauernder Prozess. Als ich vor 6 Jahren bei Aramark gestartet bin, habe ich zu allererst alle Prozesse aus der Sichtweise unserer Bewerber betrachtet und habe dann, gemeinsam mit operativen Kollegen begonnen, einen Prozess zu entwickeln, der aus der Sicht des Bewerbers schnell und unkompliziert durchführbar ist und der den operativen Kollegen das Bewerberhandling vereinfacht.
Das war eine große Herausforderung für alle Seiten, aber wir konnten damit zum Beispiel schon nach kurzer Zeit, die Besetzungsdauer offener Aramark Jobs enorm verkürzen. Weiterhin haben wir unser gesamtes Anzeigenkonzept überarbeitet und den onlinegestützten Bewerberprozess integriert. Seither laufen das gesamte Anzeigengeschäft und das administrative Bewerbermanagement über meine Abteilung. Im Zuge dessen haben wir die Karriereseite überarbeitet und intern ein neues Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter-Programm entwickelt und implementiert. Parallel dazu hat unsere Abteilung Personalentwicklung tolle Entwicklungsprogramme, insbesondere für Köche und Servicepersonal eingeführt. Auch das Thema Führung wird bei uns intensiv geschult und wir sind stolz darauf, dass wir durch interne Talentförderungsprogramme auch viele Frauen in verantwortliche Positionen, wie bspw. Districtmanagerin oder Regionalleiterin, entwickelt haben. Dies ist kein Selbstverständnis für die Gastronomiebranche. Alle diese Themen spiegeln sich auch in unseren Außenauftritten wieder und sind Teil des Employer Brandings. (MJ)
Über Martina Kloos
Als Manager HR Recruitment und Personalmarketing bei Aramark bin ich für das gesamte Anzeigen- und Bewerbermanagement, bis hin zur Außendarstellung des Arbeitgebers zuständig. Mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung in der kompletten Bandbreite von HR aus verschiedenen Branchen wie Transport- und Logistik, IT, Energie sowie Gastronomie, verstehe mich als Vermittler, zwischen Unternehmensanforderungen und Bewerberbedürfnissen. Ich mag Herausforderungen und finde meinen Job jeden Tag aufs Neue spannend.