Interview

„Hotels und Gaststätten haben ausgeklügelte Konzepte“

Simone Oldenburg
Für Simone Oldenburg, die Vorsitzende der Linken-Fraktion in MV, sind auch Betriebskantinen systemrelevant. (© linksfraktionmv.de)
Simone Oldenburg, die Vorsitzende der Linken in MV, im HOGAPAGE-Interview. Sie stellt sich hinter die Gastronomie und plädiert unter anderem für eine Wiedereröffnung der Betriebskantinen.
Donnerstag, 14.01.2021, 13:02 Uhr, Autor: Thomas Hack

Die Partei der Linken in Mecklenburg-Vorpommern fordert unter anderem eine Wiedereröffnung der Betriebskantinen, da sie diese als systemrelevant betrachtet. Linkspartei-Vorsitzende Simone Oldenburg im Gespräch mit HOGAPAGE über dieses Thema.

Sehr geehrte Frau Oldenburg, Sie haben vor einigen Tagen eine Öffnung von Betriebskantinen gefordert und bezeichnen diese sogar als systemrelevant. Könnten Sie dies näher erläutern?

Die Unternehmen in der Wirtschaft, gerade auch in der produzierenden Wirtschaft, aber auch der Öffentliche Dienst mit seinen Stadtwerken und andere arbeiten – soweit das möglich ist – unter Einhaltung der Hygienebestimmungen weiter. Wer arbeitet, hat auch Anspruch auf eine warme Mahlzeit. Zudem arbeiten Kantinen mit besonderen Hygienekonzepten und es treffen sich dort Menschen, die ohnehin zusammen sind. Wenn die Unternehmen dann noch mit Fiebermessungen und/oder Schnelltests arbeiten, gibt es keinen Grund, Betriebskantinen zu schließen. Dann müsste man auch die Unternehmen dichtmachen.

Viele Vertreter der Gastgeber-Branche sehen auch die klassischen Gastronomiebetriebe als systemrelevant an, nicht zuletzt durch die gesellschaftliche Bedeutung. Teilen Sei diese Meinung bzw. sollten auch klassische Restaurants wieder öffnen dürfen?

Ja, wir haben auch lange die Position vertreten, dass Hotels und Gaststätten ausgeklügelte Konzepte haben und nicht zu den Virenschleudern zählen. Das sehen wir auch heute noch so. Leider ist es das Umfeld, die Fahrt zum Restaurant, die Ansammlung davor und Treffen im Anschluss an den Restaurantbesuch, die den Betrieb gefährlich machen.

Die meisten Gastronomen beklagen nicht nur die Umsatzeinbußen, sondern auch die Unberechenbarkeit der politischen Beschlüsse. Was könnte man Ihrer Meinung nach seitens der Bundes- und Landesregierungen besser machen?

Zunächst hätte die Bundesregierung sich selber und ihre Risikobewertung aus dem Januar 2013 auf BT-Drs. 17/12051 ernst nehmen müssen. Dort wurde das Szenario einer Corona-Pandemie fast genauso beschrieben, wie es jetzt eingetreten ist. Im Sommer hätte eine viel intensivere Vorbereitung auf die zweite Welle stattfinden müssen.
Dann war die zweite Welle da, und die Maßnahmen wurden viel zu kurzatmig angesetzt. Zum Teil haben sich die Länder und der Bund widersprochen. Die Hotspot-Regionen im Süden Deutschlands wurden nicht rigoros genug bzw. zu spät abgeriegelt. Das Virus konnte sich von Süden nach Norden ausbreiten. Nun hat sich herausgestellt, dass der Lockdown light im November/Dezember nicht die erwünschte Wirkung gebracht hat und das Virus sich weiterverbreitet.

Ich denke, wir werden auch den Februar noch brauchen, um die Inzidenz runterzubringen. Der DEHOGA in M-V rechnet frühestens zu Ostern (2. April) mit einer Wiedereröffnung, andere sprechen sogar von Pfingsten (23. Mai). Die Impfung wird jetzt die Ältesten schützen. Der größte Teil der Bevölkerung wird erst im Frühsommer geimpft. Das Virus bleibt unter uns und wir müssen uns darauf einstellen. Kritik üben wir natürlich auch an den viel zu zögerlichen Finanzhilfen. (TH)

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