HOGALIFE – Interview mit Bernhard Steinmann
Worüber schreiben Sie in Ihrem Blog und welche Zielgruppe wollen Sie damit erreichen?
Ich schreibe über meine Restaurantbesuche und möchte damit zum Gedankenaustausch über kulinarische Themen anregen, das Interesse für die gehobene Gastronomie wecken und eine Entscheidungshilfe für einen Restaurantbesuch anbieten. Wer sich beispielsweise für Nouvelle Cuisine, Grande Cuisine, Molekularkühe, Regionalküche oder Slow Cooking interessiert, soll sich angesprochen fühlen.
Als Foodblogger sind Sie viel in Restaurants unterwegs. Hat sich Ihnen der Eindruck vom schwindenden Service, bedingt durch den Nachwuchs- und Fachkräftemangel, bestätigt?
Der Nachwuchs- und Fachkräftemangel ist, meiner Meinung nach, einem Imageproblem geschuldet. Lange Arbeitszeiten, reichlich Überstunden, mäßige Bezahlung, werden oft als Gründe benannt. Mit den gezeigten Serviceleistungen bin ich aber grundsätzlich mehr als zufrieden. Als geduldiger und freundlicher Gast kann man ja auch zum guten Gelingen beitragen.
Worauf legen Sie bei einem Restaurantbesuch persönlich am meisten wert – unabhängig ob Sterne-Restaurant oder rustikales Wirtshaus.
Beim Essen werden nicht nur die Geschmacksrezeptoren benötigt. Eine Restaurantbesuch spricht alle Sinne an. Die Optik ist wichtig, ebenso beeinflussen die eigenen Erwartungen das Ergebnis. Ein netter Rahmen sowie eine entspannte Atmosphäre sind Voraussetzung. Doch letztlich kommt es auf die Frische der Produkte an, auf eine sinnvolle Zusammenstellung, auf die Balance, das Aroma und vor allem muss ein solides Handwerk erkennbar sein.
Was ist bei einem Restaurantbesuch Ihrer Meinung nach heute am wichtigsten?
Nun, man besucht ein Restaurant nicht ausschließlich zur Nahrungsaufnahme. Die Gäste achten auch auf das Ambiente, auf eine ungezwungene Atmosphäre. Ich denke, dass auch der Umgang mit Kindern eine entscheidende Rolle spielt. Schließlich sind die Kleinen die Gäste von morgen.
Können Sie die Sorgen vieler Gastronomen bestätigen? Herrscht bei Gästen wirklich eine zunehmende „Geiz ist Geil“-Mentalität?
„Geiz ist Geil“ ist weder originell, noch lustig und zutreffend schon gar nicht. Häufig wird aber das „Preis-Leistungsverhältnis“ bemüht, wobei jeder seine eigenen Maßstäbe anlegt und das Verhältnis von Kosten und Leistung recht variabel handhabt. Für die Gäste der Spitzengastronomie würde ich eine geizige Grundhaltung eher verneinen.
Worin sehen Sie persönlich den größten Trend und damit die beste Chance für Restaurants, sich in diesen schwierigen Zeiten zu behaupten?
Ich denke, man muss sich spezialisieren, das Profil schärfen, man kann es nicht allen recht machen. Keine riesigen Speisekarten, sondern frische Produkte und, auf gute Qualität achten. Die junge Feinschmeckergeneration hat viel Spaß an vegetarischen Angeboten sowie an einer regionaler Ausrichtung. Ich glaube, die Vielfalt muss in Restaurants mit unterschiedlichsten Richtungen und Angeboten liegen. Nicht darin, dass es in einem Restaurant alles gibt.
In welche Richtung werden sich die Food-Trends in den kommenden Jahren entwickeln?
Schnelligkeit wird leider weiter an Bedeutung gewinnen. Jederzeit und überall wird Essen abgerufen. Restaurants, Cafés, auf der Straße, in Fashion Stores, gar im Autohaus, Food Trucks und Lieferdienste, jedenfalls schnell, gut und preiswert. Nicht mein Ding, aber der Trend ist absehbar.
Was war Ihr schlimmstes Erlebnis bei einem Restaurantbesuch?
Scheint mir noch bevorzustehen. Bisher jedenfalls kann ich mich nicht beklagen.
Lieber Herr Steinmann, vielen Dank für das Interview und Ihren Einblick in Ihren Berufsalltag.
Über Bernhard Steinmann
Bernhard Steinmann, 62, ist hauptberuflich Sachbearbeiter im öffentlichen Dienst und leidenschaftlicher Foodblogger sowie nebenberuflicher Journalist. In seinem Blog verarbeitet er all die spannenden Facetten der Gastronomie – vom rustikalen Landgasthof bis zur Sterneküche. Vor allem aber, möcht er das Interesse für die gehobene Gastronomie wecken und eine Entscheidungshilfe für einen Restaurantbesuch anbieten.