Interview

„Es ist nicht unser Ziel, Tempel zu entweihen“

Martina Hohenlohe
Gault&Millau-Chefredakteurin Martina Hohenlohe wird mit dem neuen Bewertungsschema wohl für einige Unruhe in Österreichs Top-Gastronomie sorgen. (© Gault Millau)
Die Chefredakteurin des Gault Millau in Österreich, Martina Hohenlohe, im HOGAPAGE-Gespräch über das neue Bewertungsschema, das mit der kommenden Ausgabe eingeführt werden soll.
Montag, 17.06.2019, 11:56 Uhr, Autor:Clemens Kriegelstein

HOGAPAGE: Fr. Hohenlohe, mit dem im kommenden Herbst präsentierten Guide wird es bei der Bewertung von Lokalen zu einer tiefgreifenden Änderung in Österreich kommen: 13 Punkte von früher entsprechen neu 11 Punkten und im einen wie im anderen Fall ist das einer Bewertung mit einer Haube gleichzusetzen. Bedeutet das demnach, dass die Top-Bewertung von 19 Punkten und fünf statt der ehemals vier Hauben ab 2020 schwieriger zu erringen sein wird als bisher?
Martina Hohenlohe: Prinzipiell ja. 19 Punkte und die Höchstanzahl der Hauben wird künftig etwas schwieriger zu erlangen sein. Es ergibt sich aber durch das 5-Haubensystem eine größere Bandbreite, dadurch können Betriebe differenzierter bewertet werden.

Ist das neue, für die Höchstnote strengere Bewertungsschema eine Reaktion auf den Guide Michelin, dessen 3-Sterne auch etwas selektiver vergeben werden?
Nein, keineswegs. Die Einführung der neuen Bewertungen ist eine logische Konsequenz auf das immer stärker ausgebaute weltweite Netz an Gault & Millau Lizenznehmern – das macht nur Sinn, wenn wir an einem Strang ziehen und vor allem mit derselben „Währung“ rechnen – also mit einem einheitlichen Bewertungssystem.

Ohne Namen zu nennen: Kann man sagen, wie viele Restaurants auf 5-Hauben-Niveau arbeiten? Alle aktuellen 4-Hauber ja wohl nicht, oder?
Dazu geben wir noch keine Auskunft, im November 2019 werden wir die Ergebnisse öffentlich präsentieren.

Wird das nicht ein Heulen und Zähneknirschen in der österreichischen Gastrowelt geben, wenn vielleicht das eine oder andere Denkmal durch das neue Bewertungsschema vom Thron der Höchstbewertung gestoßen wird?
Mit der neuen Bewertungsskala folgt Gault&Millau Österreich dem französischen Vorbild und trägt zu einer besseren internationalen Vergleichbarkeit bei. Das ist unsere Hauptmotivation und nicht, Tempel zu entweihen. Wir nehmen uns sehr viel Zeit für die Umrechnung auf das neue System und halten dauernd Rücksprache mit unseren Testern, da wir uns bewusst sind, dass man hier nicht einfach einen Algorythmus drüber laufen lassen kann, sondern Restaurant für Restaurant neu bewerten muss. Heulen und Zähneknirschen gibt es leider immer wieder, ebenso aber Grund zu Jubel und Freude – ich denke, da wird dieses besondere Produktionsjahr keine Ausnahme machen.

Ist es nicht ein Risiko, eine so gut eingeführte Marke so radikal zu verändern? Besteht nicht die Gefahr, dass die Leute verwirrt werden?
Das waren jahrelang unsere Bedenken, unsere Leser sind seit 40 Jahren an das System gewöhnt. Aber diese Weiterentwicklung ist notwendig, vor allem, weil wir es heute mit anderen Medien zu tun haben, mit einem neuen Nutzerverhalten und dank Social media mit viel mehr internationaler Vernetzung. Es ist einfach unabdingbar geworden, dass eine Haube in Moskau genauso viele Punkt trägt, wie eine Haube in Melbourne oder in Schützen am Gebirge. Wir vertrauen auf die Flexibilität und Offenheit unserer Leser, dass sie sich auf das neue System einlassen und sich rasch daran gewöhnen werden.

Gab es bei der Umstellung in Frankreich von 4 auf 5 Hauben vor ein paar Jahren keine Verständnisprobleme?
Laut dem CEO in Frankreich nicht. Aber wir waren nicht dabei und können dazu keine detaillierten Auskünfte geben.

Ein Argument der neuen Skala ist auch die internationale Vergleichbarkeit. Wie ist hier der Stand bei unseren Nachbarn?
Deutschland und Frankreich arbeiten seit längerer Zeit mit fünf Hauben. Auch in Slowenien und Kroatien wird bereits mit dem 5-Haubensystem bewertet.

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