Interview

„An Preisanpassungen führt in der Gastronomie kein Weg vorbei“

Jochen Kramer
Jochen Kramer, Geschäftsleitung Salomon FoodWorld GmbH (Foto: © Salomon FoodWorld GmbH)
Lieferengpässe und steigende Marktpreise bei bestimmten Waren beschäftigten uns bereits seit Beginn der Pandemie. Mit dem Krieg in der Ukraine verschärfte sich die Situation. Besonders von Preissteigerungen bei Fleisch, Weizen und Speiseölen sind die Unternehmen unserer Branche stark betroffen. Jochen Kramer, Geschäftsleitung Salomon FoodWorld GmbH, analysiert im Gespräch mit HOGAPAGE die aktuelle Lage und wagt einen Ausblick auf die weitere Entwicklung.
Montag, 09.05.2022, 09:31 Uhr, Autor: Daniela Müller

Herr Kramer, erst Corona, jetzt Krieg. Unsere Branche ist seit zwei Jahren im Krisenmodus. Neben fehlenden Mitarbeitern müssen Gastronomen jetzt clever auf die dramatischen Preissteigerungen und immer wieder auftretende Lieferengpässe reagieren. Wie gestaltet sich die Lage bei Salomon – auf was richten Sie sich in puncto Beef & Co. ein?

Selbstverständlich merken wir die deutlich gestiegenen Preise – gerade im Bereich Fleisch. Bei Rindfleisch sehe ich die Ursache z. B. darin, dass die Herdengrößen in den vergangenen Jahren kontinuierlich verkleinert wurden. Das ist ein langfristiger Trend, der sich übrigens absolut unabhängig von der aktuellen geopolitischen Lage entwickelt hat. Auch die Milch ist deutlich teurer geworden. Das führt dazu, dass Milchkühe erst später zum Schlachter geschickt werden, um noch mehr Profit aus der Milch zu schlagen. Unter dem Strich sind auf dem Markt weniger Tiere verfügbar – was den Jungbullen und die Milchkuh gleichermaßen teuer werden lässt.

Wo merken Sie die Preissteigerungen derzeit am deutlichsten?

Tatsächlich ist die Nachfrage nach Hackfleisch gerade im LEH stark gestiegen – und damit auch der Preis. Teilweise werden pro Jahr bis zu 9.000 Tonnen mehr verkauft. Das ist einfach zu erklären: Gerichte mit Hackfleisch sind einfach zuzubereiten – von Spaghetti Bolognese bis Chili con Carne! Schließlich ist es einfach auch immer noch vergleichsweise günstig zu haben – auch das dürfte den Endverbraucher zur starken Nachfrage animieren.

Ich gehe nicht davon aus, dass Hackfleisch wieder auf sein altes Preisniveau aus der Vergangenheit zurückkehrt. Vielleicht entspannt sich die Lage zum Herbst hin aber noch etwas. Die meisten Experten sind sich zumindest darüber einig, dass die Spitze des Eisbergs erstmal erreicht ist.

Bei Schweinefleisch hatten wir ja während der Pandemie absolute Absatzschwierigkeiten und somit Kampfpreise. Wie sieht es aktuell aus?

Aufgrund der historischen Niedrigstände bei den Schweinefleischpreisen haben die Bauern die Einstallungen stark reduziert. Dementsprechend ist das Angebot nun kleiner geworden und hat kurzfristig dazu geführt, dass die Preise buchstäblich nach oben geschossen sind. Aber die Entwicklung bei Schweinefleisch bleibt dennoch schwer prognostizierbar, denn sie ist stark abhängig von den Exporten – etwa nach China. Je nach Nachfrage explodiert oder kollabiert schnell der Preis. Hier bleibt es also spannend.

Last not least: Huhn.

Hier fehlen derzeit tatsächlich rund 12.000 bis 13.000 Tonnen Fleisch pro Monat, die sonst aus der Ukraine nach Deutschland geliefert werden. Deshalb steigen auch hier die Preise. Tatsächlich bemerken wir derzeit eine Stabilisierung auf dem Markt, da die Lücke zunehmend durch Waren aus Thailand und Südamerika geschlossen werden kann. Billiger wird es deswegen aber wohl nicht. Im Gegenteil. Aufgrund der gestiegenen Preise bei Futtermitteln, Energie etc. gehen einige Experten davon aus, dass sich die Lage hier noch einmal zuspitzt. Andere sind der Meinung, dass bereits ein Großteil in den aktuellen Preisen widergespiegelt ist. Aber auch das sind natürlich nur Vermutungen – was wirklich passiert, werden wir abwarten müssen.

In die Zukunft kann niemand blicken. Sich darauf vorbereiten, sollten sich die Unternehmer in unserer Branche aber schon.

Ich bin mir sicher, dass der Gastronom gezwungen sein wird, die Preissteigerungen an den Gast weiterzugeben. Denn wir reden ja hier nicht nur über einen höheren Wareneinsatz, sondern auch über Personal- und Energiekosten, die zu einem enormen Preisdruck führen.

Die gute Nachricht ist, dass die Gäste nach der langen Corona-Zwangspause nicht nur hungrig nach Gastronomie sind und Nachholbedarf haben, sondern auch viel Verständnis für höhere Preise mitbringen. Schließlich sind die Medien voll von Beiträgen über Lieferengpässe. Das heißt, momentan ist ein guter Zeitpunkt, für Preisanpassungen. Schwierigkeiten könnte es eventuell im niedrigen Preissegment geben – denn natürlich macht es einen großen Unterschied, ob ich für einen Döner drei oder sechs Euro bezahlen soll. Im mittleren und höheren Segment, werden es die meisten Gäste nicht so stark wahrnehmen, davon bin ich überzeugt.

Was sind –neben Preisanpassungen – Ihre einfach umsetzbaren drei Top-Tipps, um in der jetzigen Zeit erfolgreich eine Gastronomie zu betreiben?

  1. Wareneinsatz optimieren!

Falls möglich kann man durch eine geschickte Kombination aus Inszenierung, Geschirr und Produkt für den Gast weiterhin ein attraktives Gericht anbieten, hat aber seinen Wareneinsatz reduziert. So merkt der Gast noch nicht einmal, dass die Portion kleiner ist. Das kann z.B. bei Pommes Frites oder Beilagen eine Option sein. So kann man z.B. statt unseren Mozzarella Sticks unsere Mozzarella Fries anbieten, die bei geringerem Wareneinsatz für den Gast weiterhin ein gutes Erlebnis bieten. Wo man sehr genau aufpassen muss, dass man bei der Qualität keine Einbußen macht, insbesondere, wenn man versucht auf günstigere Alternativen umzusteigen. Das Thema Menüoptimierung spielt auf jeden Fall jetzt eine ganz wichtige Rolle!

  1. Kalkulieren!

Ich rate wirklich jedem, sich sehr intensiv mit dem Thema Kalkulation auseinanderzusetzen. Nur wer seine Zahlen im Blick hat, kann erfolgreich durch die Krise kommen. Wer sich nur am Preis seines Nachbar-Lokals orientiert oder stur mit dem berüchtigten „Faktor Vier“ rechnet, bleibt auf der Strecke.

  1. Richtig kommunizieren!

Richtig kommunizieren fängt bei der Speisekarte an. Wenn es das Klientel zulässt, sollte auf Digital umgestellt werden. Auf diese Weise kann die Karte flexibel verändert werden – je nach Verfügbarkeiten und aktuellen Preisen. Schöner Nebeneffekt: Wenn alle Gäste über einen QR-Code ihre Karte aufrufen, die auf der Webseite eingebunden ist, wird die Seite schon bald bei Google besser geranked. Schließlich sollte man dem Gast gerade jetzt in Speisekarten, Newslettern & Co., jene Speisen näher ans Herz legen, die größere Margen bringen bzw. einen höheren Deckungsbeitrag haben.

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Simon Morris, Geschäftsführer Vion Food Group
Interview
Interview

Salomon Foodworld bleibt Teil von Vion

Die Vion-Gruppe hat entschieden, Salomon Foodworld als integralen Bestandteil im Unternehmen zu belassen. Der Geschäftsführer Simon Morris erläutert die Hintergründe zu dieser Entscheidung und die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens. 
Andreas Bartelt
HOGAPAGE-Interview
HOGAPAGE-Interview

„Erfolgreiche Restaurants setzen auf starke Strukturen und klare Prozesse“

Eine gute Organisation ist das Rückgrat eines Betriebs – davon ist Andreas Bartelt überzeugt. Der GastroCoacher ist Experte für nachhaltige Restaurantentwicklung und weiß, dass ohne klare Abläufe viel Potenzial ungenutzt bleibt. Im Interview mit HOGAPAGE erklärt er, inwiefern eine starke Struktur und klare Prozesse die Basis für langfristigen Erfolg bilden. 
Homeira Amiri
Interview
Interview

Awareness-Kampagne für die Gastwelt: Erste Erfolge und zukünftige Schritte

Im Juni startete die branchenübergreifende Awareness-Kampagne #HerzUnsererGesellschaft. Das Ziel: Den gesellschaftlichen und ökonomischen Stellenwert des Dienstleistungssektors Gastwelt stärker in den Fokus politischer Entscheidungsträger rücken. Nach ersten Live-Aktionen und bundesweiten Maßnahmen zieht die Co-Sprecherin der Initiative, Homeira Amiri, nun eine erste Halbzeitbilanz.
Sara Heusch
HOGAPAGE-Interview
HOGAPAGE-Interview

So setzt das Urban Nature St. Peter-Ording nachhaltige Impulse in der Hotellerie

Nachhaltigkeit spielt in der Hotellerie eine immer größer werdende Rolle. Das Urban Nature St. Peter-Ording setzt in diesem Bereich besonders engagierte und innovative Akzente. Im Interview mit HOGAPAGE verrät Direktorin Sara Heusch, wie das Hotel durch seine Nachhaltigkeitsmaßnahmen wegweisende Impulse für die Branche setzt und welche Herausforderungen und Erfolge auf diesem Weg lagen.
Betriebskantine
HOGAPAGE-Interview
HOGAPAGE-Interview

Christian Niemeyer über die Zukunft der Betriebsgastronomie und nachhaltige Essensangebote

Fleisch steht bei den Deutschen immer noch hoch im Kurs. Dennoch haben viele den Anspruch, sich nachhaltiger zu ernähren und verzichten zum Wohle des Klimas bereits auf Tier- und Milchprodukte. Was bedeutet das für die Betriebsgastronomie? Dieser Frage geht HOGAPAGE im Interview mit Christian Niemeyer, Head of Food bei Sodexo Deutschland, nach. 
Zwei Männer beim Public Viewing
HOGAPAGE-Interview
HOGAPAGE-Interview

Wie Gastronomen und Hoteliers von Public-Viewing-Events profitieren können

Die Fußball-EM ist vorbei, die Olympischen Spiele sind in vollem Gange, Public Viewing ist angesagt: Gastronomen und Hoteliers sollten die Begeisterung hierfür am Köcheln halten – auch nach dem Sport-Sommer. Warum und wie, erklärt Robert Merkel, Country Manager von MPLC Germany, im Interview mit HOGAPAGE.
Angela Inselkammer
Forderung
Forderung

Dehoga-Präsidentin fordert mehr Unterstützung für das Gastgewerbe

Die Corona-Pandemie hat tiefe Spuren hinterlassen und die steigenden Kosten sowie Bürokratie belasten die Betriebe zusätzlich. Angela Inselkammer fordert deshalb in einem Interview Maßnahmen zur Entlastung und Unterstützung der Gastronomie und Hotellerie.
Portrait Reinhard Seivert
HOGAST im Gespräch
Anzeige
HOGAST im Gespräch

„Gemeinsam machen wir die Region stark“

Er hat ein Gespür für die Belange beim Um- oder Neubau von Hotelprojekten – und betrachtet einen Betrieb dabei stets allumfassend, statt abteilungsspezifisch. Als Einkaufsberater verhilft Reinhard Seivert den HOGAST-Mitgliedern so zum größten wirtschaftlichen Erfolg.
Simone Zilgen
HOGAPAGE-Interview
HOGAPAGE-Interview

Wie Aramark Millionen Fans bei der Fußball-EM 2024 begeistern konnte

Wie ist es Aramark gelungen, bei der Fußball-EM 2024 reibungslos 1,2 Millionen Fans zufriedenzustellen? Im Interview mit HOGAPAGE erklärt Simone Zilgen von Aramark wie diese Herausforderung gemeistert werden konnte.