Polnische Wirte starten Lockdown-Widerstand
In Polen widersetzen sich zahlreiche Gastronomen den Corona-Verordnungen und öffnen für Gäste. Sie klagen über spärliche staatliche Hilfe und wollen den Bankrott abwenden. Das Warschauer Lokal „PiwPaw“ etwa ist eine von zahlreichen Kneipen und Restaurants in Polen, die sich den Regelungen widersetzen. „Man muss doch irgendwie leben“, lässtr der Eigentümer dazu verlauten. Mehrere Millionen Zloty habe er durch den Lockdown verloren, aus dem Rettungsschirm der Regierung erhalte er vielleicht 300 000 Zloty – umgerechnet etwa 70 000 Euro. „Ich hatte eine supergut funktionierende Firma. Diese Firma existiert jetzt schon nicht mehr“, sagt er frustriert.
„Regierung zerstört grundlos Arbeitsplätze“
Der Kneipenbesitzer ist nicht allein. „Otwieramy“ („Wir öffnen“) nennt sich eine Kampagne von Gastronomie-Betreibern und anderen Unternehmern, die ein Ende des Lockdowns fordern. „Wir erwarten von der Regierung, dass sie uns erlaubt, normal zu arbeiten, und dass sie Arbeitsplätze nicht grundlos zerstört. Wir wollen, dass Bars und Restaurants öffnen können“, sagt Michal Wojciechowski von der Initiative „Streik der Unternehmer – Polen ohne Spaltung“, die federführend bei der Aktion ist. Mehrere Hundert Restaurants und Kneipen sind nach seinen Angaben daran beteiligt.
Zwischen „Testessen“ und „Personalschulungen“
Die Polen sind ideenreich bei dem Versuch, die illegale Öffnung mehr oder weniger notdürftig zu kaschieren. Das Steakhaus „Whiskey in the Jar“ etwa hat seine Lichter im Erdgeschoss gedimmt, ein einsamer Kellner hütet die Bar. Doch von draußen kann man im ersten Stock Menschen sitzen sehen. Drinnen hängen Jacken und Mäntel an der Garderobe, in der Küche brutzelt Fleisch, Teller werden dekoriert. Eine Nachfrage macht den Kellner misstrauisch. „Wir führen hier heute Bewerbungsgespräche“, sagt er. «Personalschulung», murmelt stattdessen die Kellnerin in einer Cocktailbar. Manche Restaurants überreichen ihren Gästen einen einseitigen Vertrag, wonach sie an einem „Testessen“ teilnehmen. Andere veranstalten „Food Workshops“. Das „PiwPaw“ hat sich sogar kurzerhand zum „Museum für Kronkorken“ erklärt. (dpa/TH)