Polizei nutzt Gästelisten von Restaurants
Wer in Bayern eine Gaststätte betritt, muss auf einem Zettel oder einer Liste seine Kontaktdaten hinterlassen. Eigentlich sind diese bloß zur Verfolgung von Infektionsketten im Zuge der Corona-Pandemie gedacht – in mindestens zehn Fällen hat jedoch auch die bayerische Polizei für Ermittlungen auf Gästedaten zurückgegriffen. Die Opposition ist empört und spricht von einem Vertrauensbruch.
„Es geht um Leben und Tod!“
Das Innenministerium hingegen verteidigte die Vorgehensweise der Polizei – bei den Fällen gehe es vor allem um Ermittlungen wegen schwerer Straftaten wie versuchte Tötung oder Raubüberfall. „In einem Fall ging es auch um die Suche nach einem vermissten Wanderer, der mutmaßlich Gast in einer Almwirtschaft war. In einem solchen Fall geht es um Leben und Tod.“ Doch offensichtlich nutzte das Landeskriminalamt die Gästedaten auch nach einem mutmaßlichen Rauschgiftdelikt in einem Wirtshaus am Starnberger See, indes in Augsburg ein Gastwirt nach einem Diebstahl aufgefordert wurde, eine Gästeliste für die Polizei bereitzuhalten.
„Zweckänderung möglich“
Rechtlich sei der Zugriff auf Gästedaten durchaus erlaubt, ließ der Sprecher der Augsburger Polizei hierzu verlauten. Auch wenn die Daten grundsätzlich nur für den eigentlichen Zweck genutzt werden dürften, sei für die Aufklärung von Straftaten eine „Zweckänderung“ möglich. Die Strafprozessordnung sehe „Ermittlungen jeglicher Art“ vor, was auch die Auswertung und Nutzung einer „Corona-Gästeliste“ betreffe. Doch damit besteht nun auch die Gefahr, dass Gäste ihre Kontaktdaten nicht mehr angeben möchten und so der eigentliche Zweck, die Verfolgung von Infektionsketten, gefährdet ist.
Grüne sprechen von Vertrauensbruch
Die Grünen-Fraktionschefin im Landtag, Katharina Schulze, sagte dazu: „Im Umgang mit den Gästedaten der Gastronomie ist es ohne Zweifel zu einem Vertrauensbruch gekommen.“ Die Staatsregierung habe kommuniziert, die Daten sollten lediglich den Gesundheitsbehörden zur Verfolgung eines möglichen Infektionsgeschehens zugänglich sein. „Wir brauchen jetzt eine klare, bundeseinheitliche Regelung über ein Begleitgesetz und wir brauchen vor allem Klarheit für Wirtsleute und Gäste, dass die erhobenen Daten nicht willkürlich, sondern nur zu klar eingegrenzten Fahndungszwecken verwendet werden dürfen.“ (lby/TH)