Foodporn

Juan Amador verbannt Food-Fotos

Juan Amador beim Anrichten eines Gerichtes
Auch Juan Amador habe anfangs „überall das Handy draufgehalten“, um sich an das eine oder andere Gericht eines Kollegen erinnern zu können. Aber ein Gericht, das einen besonders berührt, merke man sich automatisch. Da brauche es kein Foto dafür. (© Markus Oberländer)
Radikaler Schnitt des Spitzenkochs: Der gesamte Restaurant-Auftritt soll künftig auch online ohne Food-Fotos auskommen. Seinen Gästen das Fotografieren verbieten will er allerdings nicht.
Freitag, 08.03.2019, 10:05 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

Seine Küche gilt als kompromisslos und ebenso konsequent sagt Sternekoch Juan Amador nun auch den Food-Fotos den Kampf an: Ab sofort verbannt Amador sämtliche Bilder von Gerichten aus seinem kompletten Portfolio. Seine Gäste holt sich der Spitzenkoch als Verbündete ins Boot – sie sollen überzeugt werden, dem unsäglichen „Foodporn“ selbst entgegenzuwirken. Damit will Amador der erste Sternekoch der Welt sein, der Food-Fotos komplett aus seinem Portfolio streicht.

„Oberflächliche Entwicklung“
„Food-Fotos sind heute zur härtesten Währung in der internationalen Gastronomie geworden. Sie sorgen für Fläche in den Printmedien, für Likes und Reichweite auf Social Media und für eine Vielzahl der weltweit besten Köche sind Food-Bilder sogar wie Visitenkarten. Eine oberflächliche Entwicklung, die der Gastronomie schadet“, sagt der aus Deutschland stammende Koch und Unternehmer, der seit 2016 in Wien das Restaurant Amador betreibt (2 Michelin Sterne, 3 Hauben Gault&Millau). „Denn“, so Amador weiter, „über das eigentliche Erlebnis eines Restaurantbesuchs sagt ein Food-Foto überhaupt nichts aus. Da geht es um Emotionen auf ganz anderen Ebenen: Geschmack, Ambiente, zwischenmenschliche Beziehungen. Diese müssen wir auch in der Kommunikation wieder in den Vordergrund stellen.“

Eine Entwicklung, die Amador schon lange kritisiert und daraus nun die Konsequenz zieht. Ab sofort werden sowohl auf der Homepage sowie auch auf den Social-Media-Kanälen keine Food-Fotos mehr zu finden sein. Zudem ergeht an sämtliche Medien die Bitte, vorhandene Food-Bilder von Juan Amador nicht mehr zu veröffentlichen.

Will Gäste von „antrainierten Zwängen“ befreien
Den Gästen im Restaurant wird erklärt, warum man bittet, auf das Fotografieren des Essens zu verzichten. Ein Verbot wird es jedoch nicht geben. Amador: „Von Verboten halte ich nichts, sie sind genau die falsche Message. Durch Hektik und Stress der heutigen Zeit sind die Menschen oft getrieben und fotografieren wie automatisch, ohne groß darüber nachzudenken, ob das einen Sinn macht. In Wirklichkeit betrügen sie sich selbst um die Magie des Genusses. Für die Dauer des Besuchs in unserem Restaurant geben wir den Gästen nun die Möglichkeit, sich von diesen antrainierten Zwängen zu befreien.“ Mobiltelefone können am Empfang abgegeben werden, bei eingehenden Anrufen werden die Gäste informiert.

Sportfotograf statt Food-Spezialisten
Anstatt der Food-Fotos setzt der Sternekoch vermehrt auf Stimmungs- und Detailfotografie, um das Restauranterlebnis auch visuell darzustellen. Für die aktuelle Fotoserie wurde dazu mit Markus Oberländer einer der besten Sportfotografen Österreichs engagiert. „Im Sport geht es darum, Emotionen festzuhalten. Und genau das wollen wir hier auch. Also haben wir uns bewusst für jemanden entschieden, der komplett aus einem anderen Bereich stammt.“ Im Laufe des Jahres will man dies auch mit Videos und Liveübertragungen aus der Küche ergänzen, für deren Umsetzung der bekannte Grazer Kameramann Philipp Lihotzky gewonnen werden konnte. Amador: „Wir sind uns bewusst, dass mit den Food-Fotos etwas wegfällt, womit sich die Leute gerne einen ersten Eindruck über uns machen. Deshalb werden wir in der Kommunikation nach außen einzelne Sinne verstärkt und auch ungewöhnlich ansprechen – vor allem das Hören.“

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