Eigenverantwortung nicht mehr gefragt
Seit wenigen Monaten sollte in Österreich das absolute Rauchverbot in der Gastronomie gelten. Doch die neue Koalition zog es vor, in diesem Bereich alles beim Alten zu belassen, was eine Initiative auf den Plan gerufen hat, die das Rauchverbot per Volksbegehren durchdrücken möchte. Endlich, werden viele sagen, würde dann auch Österreich dort angekommen, wo sich der Großteil Europas oder auch der USA schon seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten befinden. Schließlich geht’s um den Schutz unserer Gesundheit und überall anders klappt‘s ja schließlich auch. Die Diskussion ist also längst entschieden, nicht zuletzt in den sozialen Medien unserer Facebook-Demokratie.
Eine etwas abweichende Sichtweise sei trotzdem gestattet: Österreich ist beim Thema „Rauchverbot“ jahrelang einen Sonderweg gegangen, mit dem man versucht hat, es allen recht zu machen: Raucher konnten ihren Kaffe oder ihr Bier im Raucherbereich genießen, Nichtraucher ihr Schnitzel rauchfrei in der Nichtraucherzone. In Einzelfällen mag es bei der tatsächlichen Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereichen (speziell durch nicht geschlossene Türen) zu Problemen gekommen sein, aber es ist einem erwachsenen Menschen prinzipiell zumutbar, den Wirten auf einen Missstand aufmerksam zu machen und im Wiederholungsfall das Lokal zu wechseln. So wie man es auch machen würde, wenn das Bier zu warm serviert wird, das Salatöl ranzig oder das Besteck schmutzig ist. Die Gastroszene in Österreich ist ja zum Glück vielfältig. Und würden sich genügend Menschen so verhalten, wären solche Probleme recht bald beseitigt.
Doch in der Realität dürfte es mit der „überwältigenden Mehrheit“, die sich eine komplett rauchfreie Gastronomie wünscht, ohnehin nicht so weit her sein. Der Vorarlberger Gastronom und nebenbei auch Obmann der Fachgruppe Gastronomie der Wirtschaftskammer Vorarlberg, Andrew Nussbaumer, hat gerade erst seine eigentlich rauchfreie Bar im Palast in Hohenems wieder für Raucher geöffnet. Das Zeichen, das er für eine rauchfreie Gastronomie setzen wollte und für das er 50.000 Euro investiert hat, ist schiefgegangen. Nach sechs Wochen Umsatzrückgang ohne Raucher musste die Notbremse gezogen werden. „Zum Schluss haben sogar die Nichtraucher das Lokal wieder verlassen, weil die Besucherzahl im Lokal mit der Zeit zu gering wurde”, wird er in den Vorarlberger Nachrichten zitiert.
Gesetzliche Preisobergrenzen?
Das bisweilen vorgebrachte Argument „Ich will aber ins XY-Gasthaus gehen, nur ist es mir dort zu verraucht, deswegen hätte ich gerne ein Rauchverbot“ ist daher skurril: Jedes Lokal hat ein Angebot, das sich aus Speisen, Getränken, Preisen, Atmosphäre, etc. zusammensetzt. Und eben daraus, ob in einem bestimmten Bereich auch Raucher sitzen dürfen, oder nicht. Wenn einem Gast dieses Angebot gefällt – herzlich willkommen. Wenn nicht – such dir bitte eine Alternative. Sonst endet man irgendwann bei „Ich würde gerne öfter ins Steirereck gehen, aber die Preise sind mir zu hoch. Ich fordere daher eine gesetzliche Preisobergrenze für Restaurants!“. (Wobei auch eine solche Facebook-Gruppe wahrscheinlich schnell einige tausend Likes hätte…)
Aber Eigenverantwortung ist in der heutigen Zeit immer weniger gefragt. Vom Rauchen in der Gastronomie, über Hundehaufen am Gehsteig, bis zum Essen in den Öffis: Neue Verbote braucht das Land! Das Motto „Leben und leben lassen“ wurde irgendwann nach der Jahrtausendwende unter ominösen Sicherheits-/Umweltschutz-/Gesundheitsaspekten sukzessive entsorgt. Und wer traut sich schon, solch hehren Zielen entgegenzutreten? Zudem will schließlich niemand einen Shitstorm, den man unter den politisch korrekten Berufsempörten unserer Zeit mit jeder Nichtigkeit auslösen kann, riskieren. Man darf gespannt sein, wann die nächste Kampagne startet, die den Alkohol ins Visier nimmt. (CK)
PS: Der Autor dieser Zeilen ist und war Zeit seines Lebens Nichtraucher.