„Armutsbericht 2017“: Deutschland wird ärmer
Die Armut in Deutschland ist auf einen neuen Höchststand von 15,7 Prozent angestiegen, so der Befund des aktuellen „Armutsberichts“ des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, der dieses Jahr wieder unter Mitwirkung weiterer Verbände und Fachorganisationen erscheint. Nach Aussagen des Verbandes markiert dieser Höchstwert einen mehrjährigen Trend wachsender Armut. Er fordert die Politik zu einem entschlossenen Handeln in der Arbeitsmarktpolitik, beim Wohnungsbau, in der Bildung und dem Ausbau sozialer Dienstleistungen und Angebote in den Kommunen auf. Voraussetzung für eine offensive Armutsbekämpfung sei ein rigoroser Kurswechsel in der Steuer- und Finanzpolitik.
Nordrhein-Westfalen ist am ärmsten
Erstmals ermöglicht der Bericht des Paritätischen einen Zehn-Jahres-Vergleich. Auffällig sei dabei der Rückgang der Armutsquote in allen ostdeutschen Bundesländern mit Ausnahme Berlins. Auf der anderen Seite stieg die Armut in allen westdeutschen Bundesländern mit Ausnahme Hamburgs und Bayerns merkbar an. Als besondere Problemregionen identifiziert der Bericht im Zehn-Jahres-Vergleich die Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen. Unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl, der Bevölkerungsdichte und der längerfristigen Trends müssten das Ruhrgebiet und Berlin als die armutspolitischen Problemregionen Deutschlands angesehen werden.
Armutsquote bei Rentnern ist besonders hoch
Alarmierend sei im Zehn-Jahres-Vergleich insbesondere die Armutsentwicklung bei Rentnerinnen und Rentnern. Ihre Armutsquote stieg zwischen 2005 und 2015 von 10,7 auf 15,9 Prozent und damit um 49 Prozent, ein völliger „Ausreißer in der Armutsstatistik“. Durchgreifende Reformen in der Alterssicherung seien daher unausweichlich, um Altersarmut vorzubeugen, wie der Verband bei der Veröffentlichung seines Berichts mitteilt. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sagt Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes „Wir haben es wieder mit einem zunehmenden Trend der Armut zu tun. Die wirtschaftliche Entwicklung schlägt sich schon lange nicht mehr in einem Sinken der Armut nieder.“
Kritik am „Armutsbericht 2017“
Widerworte zum „Armutsbericht“ kommt vom Städte- und Gemeindebund. Gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ entgegnet der Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg, dass der Armutsbericht zu undifferenziert sei. Menschen mit weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens als arm zu bezeichnen, halte er für „zu pauschal“.
(dpa / Neue Osnabrücker Zeitung / Paritätischer Wohlfahrtsverband / FL)