Mysteriös: Weintrauben verschießen Plasmablitze!
Es klingt wie in einem schlechten Science Fiction-Film der 50er Jahre: Die Erde wird von einer seltsamen Spezies in Beschlag genommen, die sich jahrhundertelang unauffällig verhält – bis das erste dieser Wesen anfängt, völlig unkontrolliert mit grellen Plasmablitzen um sich zu schießen. Doch es handelt sich hier keineswegs um ein schockierendes C-Movie der Hollywood-Industrie, sondern um die knallharte Realität. Doch diese ist noch viel absurder, als es sich Sci-Fi-Regiesseure vorstellen können, denn die „Spezies“, mit welcher wir es zu tun haben – ist die gute alte Weintraube von nebenan! Klingt unvorstellbar? Dann haben wir hier die Anleitung, wie jedermann die gefürchteten Plasmablitze zuhause auslösen und beobachten kann.
Und so erzeugst du Plasmablitze aus Weintrauben:
Nimm eine Weintraube und schneide mit einem scharfen Messer das „spitze“ Ende ab. Dann teilst du die Traube längs in zwei Hälften. Aber: Nicht ganz durchschneiden, denn die beiden Hälften müssen unbedingt noch durch das Häutchen miteinander verbunden bleiben. Jetzt legst du das Traubengebilde mit Fleischseite nach oben auf einen Porzellanteller und bedeckst die Frucht mit einem schweren Glas. Das Ganze jetzt in die Mikrowelle geben, diese auf Vollgas drehen, kurz abwarten – und Zumm!!!
Die Erklärung der Wissenschaftler:
Kanadische Forscher wollen das mysteriöse Weintraubenphänomen nun endlich auch physikalisch erklärt haben: Einer Forschergruppe um Aaron Slepkov von der Trent University in Peterborough zufolge sind die runde Form der Trauben und die Eigenschaften des Wassers entscheidend. Frühere Erklärungen für dieses Phänomen hätten stets die Rolle der Haut und der offenen nassen Oberfläche bei der Bildung des Plasmas betont, schreiben die Forscher. „Wir stellen jedoch fest, dass keine dieser Bestandteile für die Bildung des Plasmas wesentlich ist.“ Ein genauer Blick auf die Entwicklung des Plasmablitzes zeige, dass die Zündung unterhalb der „Hautbrücke“ zwischen den beiden Traubenhälften stattfinde. In einem Plasma seien die Atome teilweise ionisiert, sie sind also nicht elektrisch neutral. Wegen der Ionen und freien Elektronen sei ein Plasma elektrisch leitend und könne durch das Erhitzen von Gasen erzeugt werden.
Auch Eier schießen gerne mal um sich
Nach den Erkenntnissen der Forscher sorgt die sogenannte Mie-Streuung, eine Streuung elektromagnetischer Wellen in runden Objekten, für die Hotspots. Eine wichtige Rolle spiele auch die dielektrische Konstante des Wassers, die anzeige, wie durchlässig Wasser für elektrische Felder ist. Um zu zeigen, dass der Inhalt entscheidend ist und nicht die Oberfläche, legten die Forscher zwei sich berührende Wachteleier in einen Mikrowellenofen. Es zeigte sich ein Hotspot am Berührungspunkt. Diesen Hotspot gab es nicht, wenn die Eier durch ein kleines Loch entleert worden waren. Füllten die Wissenschaftler die Eierschalen mit Wasser, wurde erneut ein Hotspot erzeugt. Eine Spektralanalyse des Plasmablitzes weist auf Natrium und Kalium hin, chemische Elemente, die in der Traubenhaut vorhanden sind. Weil sich das elektrische Feld der Mikrowellenstrahlung stark im Berührungspunkt konzentriert, werden diese Atome teilweise ionisiert. Die Natrium- und Kalium-Ionen sind mit der Wellenlänge der Mikrowellen in Resonanz und können auch die umgebende Luft ionisieren, so dass ein Plasma entsteht.
Alles klar? Uns auch nicht, aber wenigstens wissen wir jetzt alle, wie man in der eigenen Wohnung mit Plasmablitzen um sich schießen kann…
(dpa/TH)