Jugendgefängnis: Thüringens Dinner im Knast begeistert externe Gäste
Im Jugendknast in Arnstadt wird es eng. Nicht etwa, weil die Region in Thüringen besonders viele Straftäter hervorbringt und die Strafanstalt für Jugendliche aus allen Nähten platzt: das Jugendgefängnis bekommt besonders viel Besuch. Besuch von hungrigen Thüringern, die von den Kochkünsten der jugendlichen Straftäter gehört haben und selbst in den Genuss der Drei-Gänge-Menüs hinter schwedischen Gardinen kommen wollen. Der Hype um das Candle-Light-Dinner zwischen Mördern und Vergewaltigern ist so groß, dass die Restaurant-Tische bereits ein Jahr im Voraus ausgebucht sind.
Gänsebrust von Erpressern und Dealern
Auch im Arnstädter Jugendknast geht es in der Vorweihnachtszeit besinnlich zu. Die jugendlichen Straftäter, die hier wegen Mord, Erpressung oder Drogengeschäften ihre Strafe verbüßen, haben sich große Mühe gegeben, ihren Gästen eine heimelige Atmosphäre bei Kerzenschein und Tischkärtchen zu schaffen. Unter musikalischer Begleitung der hauseigenen Gruppe „Gitterband“ kochen und servieren die Straftäter ihren rund 40 Gästen an diesem Abend Gänsebraten und Risotto. In der Küche erhalten die Jugendlichen Hilfe von einem Lehrkoch. Bis auf alkoholische Getränke fehlt es den externen Gästen an nichts auf der Karte. Das Angebot in Thüringens Kulinarik-Knast ist limitiert. Nur sechs Mal im Jahr dürfen Besucher gegen einen Unkostenbeitrag die Haftanstalt besuchen und deren gastronomisches Angebot genießen. Das Dinner hinter Gittern ist mittlerweile so begehrt, dass die Plätze bis Ende 2017 ausgebucht sind, berichtet Anstaltsleiterin Anette Brüchmann gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa). Sogar einige Stammgäste gibt es inzwischen, aber auch Geburtstagsrunden und Thüringens Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) bewirteten die Häftlinge schon. HOGAPAGE today berichtete bereits im November über ein ähnliches Projekt in Südafrika, bei dem Häftlinge kochen und kellnern.
Servicekraft hinter Gittern
Der 24-jährige Christopher, der beim Weihnachtsdinner in Arnstadt die Gäste bedient, sitzt nicht zum ersten Mal ein. Im September vergangenen Jahres begann er im Gefängnis eine Ausbildung als Servicefachkraft. Das erste Dinner sei für ihn noch ungewohnt gewesen, gesteht er. Der 25 Jahre alten Christoph, der bereits von Anfang an in Arnstadt in der Küche steht, will nach seiner Haftzeit als Koch arbeiten. „Unsere Gäste sind alle begeistert“, sagt er freudig, „das erwartet hier drinnen keiner“.
Die Faszination von Gefängnissen und der damit verbundene Nervenkitzel sind ein weltweites Phänomen. So gibt es in Japan ein Restaurant, das einem düsteren Gefängnis nachgeahmt wurde und seine Gäste hinter Gittern bedient. Die Besucher können dabei selbst in Sträflingskleidung schlüpfen, um ein möglichst authentisches Erlebnis als Gefangener zu haben. Gegessen wird dann in Gefängniszellen. (dpa / fl)