Erpressung mittels Bewertungen?
Anonyme Kritik im Netz – egal ob bei Restaurants, Hotels oder auch Ärzten – ist allgegenwärtig. Doch nicht alle Postings sind wahr. Sich dagegen zu wehren, ist schwierig, wie jetzt ein Bericht der Österreichischen Tageszeitung Kurier aufzeigt. Für Unternehmer seien diese Bewertungen ein „zweischneidiges Schwert“, wie es Mario Pulker, Obmann der Sparte Gastronomie in der Wirtschaftskammer ausdrückt. Denn: „Zufriedene Gäste schreiben selten Bewertungen.“ Was er mit Sorge beobachtet: „Gäste verwenden derartige Online-Bewertungen immer öfter als Druckmittel.“ Die rechtlichen Möglichkeiten für Unternehmer, gegen rufschädigende und falsche Bewertungen vorzugehen, seien beschränkt.
So berichtet der Kurier von einem entsprechenden Erlebnis eines Haubenlokals in der Wiener Innenstadt: Gäste forderten nach dem Essen eine kostenlose Nachspeise samt Kaffee – sonst würde man auf Tripadvisor eine schlechte Bewertung abgeben. Der Lokalbetreiber stieg nicht auf dieses „Angebot“ ein – die Gäste machten ihre Drohung wahr. „Der Kollege hat sich dann an uns gewandt und wir haben es geschafft, diese Bewertung löschen zu lassen. Aber die meisten Lokalbesitzer, denen das passiert, melden sich nicht bei uns“, erklärt ein Gastronomie-Vertreter.
Gute Noten gegen Geld
Es gehe aber auch in die andere Richtung. Agenturen bieten positive Bewertungen gegen Bares an. Eine gute Bewertung kostet 17 Euro. „Damit verliert dieses Bewertungssystem an Glaubwürdigkeit“, wird Pulker im Kurier zitiert.
Nicht nur die Gastronomie kämpft mit dem Trend. Auch in der Hotellerie „geht ohne Social Media gar nichts mehr“, sagt Matthias Koch, Geschäftsführer des Hotellerie-Fachverbands. Pulker, der selbst ein Hotel betreibt, hat von Geschichten gehört, „da stellt es einem die Haare auf. Gäste fordern ein Zimmer der nächsthöheren Kategorie ohne Aufpreis – sonst gibt es schlechte Bewertungen“. Er rät: „Bei solchen Vorkommnissen müssen sofort die Buchungsplattformen kontaktiert werden, damit solche erpresserischen Einträge gar nicht erst veröffentlicht werden können.“
Im Vorjahr informierte der Fachverband Hotellerie über rechtliche Möglichkeiten bei ungerechtfertigten Bewertungen. Kernaussage: Hoteliers müssen sich der Kritik stellen. Bei rufschädigenden Bewertungen muss allerdings der Kläger beweisen, dass diese unrichtig sind. Und: Die Chancen für ein Verfahren stehen eher schlecht. Denn an die Daten des Verfassers heranzukommen, ist schwierig. Zudem sitzen die Anbieter großer Bewertungsplattformen meist nicht in Österreich. „Alternativ wäre es ratsam, vom Diensteanbieter der Plattform die Löschung der Bewertung zu verlangen“, heißt es in den Richtlinien. Aber auch da ist der Unternehmer auf den guten Willen der Plattform angewiesen. (Kurier/CK)