Wie wehre ich mich gegen negative Bewertungen?
Gourmet-Connection-Rechtsexperte Alexander Setzer-Rubruck beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema Online-Bewertungen und erklärt, warum es sich (fast) immer lohnt, zu kämpfen.
Herr Setzer-Rubruck, ordnen Sie zu Beginn doch bitte einmal für uns ein, in welchem Bereich wir uns bei Kritiken in Online-Portalen bewegen. Seine Meinung äußern darf in Deutschland doch jeder, oder?
Die freie Meinungsäußerung ist durch Artikel 5 des Grundgesetztes geschützt, das ist richtig. Aber rechtlich betrachtet handelt es sich bei solchen Kritiken nicht zwangsläufig um zulässige Meinungsäußerungen, sondern häufig um unwahre Tatsachenbehauptungen. Und hier liegt der entscheidende Unterschied: Während Meinungen einen subjektiven Eindruck wiedergeben, bezieht sich eine Tatsachenbehauptung auf objektive Umstände. Und die müssen belegbar sein. Sind sie das nicht, kann man gegen das veröffentlichende Portal oder in bestimmten Fällen auch direkt gegen die bewertende Person vorgehen, wenn man weiß, um wen es sich handelt.
Gibt es Tricks, wie auch ein Nicht-Jurist auf den ersten Blick erkennt, ob etwas eine Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung ist?
Die entscheidende Frage lautet immer „Wäre es möglich, dass der Verfasser der Kritik seine Behauptung mit üblichen Beweismitteln beweist?“ Ein Beispiel: Ein Gast schreibt eine schlechte Kritik und behauptet, der Sauvignon Blanc sei warm gewesen. Ganz grundsätzlich darf er das natürlich nur schreiben, wenn der Sauvignon Blanc tatsächlich Badewannentemperatur hatte. Schreibt der Gast aber, dass der Sauvignon Blanc ihm zu warm war, liegt erkennbar eine Meinungsäußerung vor. Diese subjektive Einschätzung ist Geschmacksache und kann daher nicht falsch oder richtig und somit auch nicht beweisbar sein.
Es liegt eine vermeintlich unwahre Tatsachenbehauptung vor. Bei wem liegt in so einem Fall die Beweislast?
Grundsätzlich muss der Bewertende beweisen, dass die Tatsachen, die er äußert, wahr sind. Um beim Beispiel mit dem Sauvignon Blanc zu bleiben: Hat der Kritisierende kein Foto mit einem Thermometer im Weinglas gemacht und der Service behauptet, er habe die Flasche ganz frisch aus dem Kühlschrank genommen, wäre die Äußerung durchaus angreifbar.
Eine Kritik entpuppt sich tatsächlich als unwahre und nicht belegbare Tatsachenbehauptung. Was können Gastronomen und Hoteliers unternehmen?
Hat der so genannte Kritiker nicht unter einem Pseudonym geschrieben, sondern seinen Klarnamen verwendet, kann der Geschädigte die Daten mit seinen Reservierungs- oder Bestelllisten abgleichen, den- oder diejenige direkt kontaktieren und bitten, die Bewertung anzupassen. Ich würde immer empfehlen, mit diesem Schritt zu starten. Fruchtet das nicht oder ist der Klarname unbekannt, sollte man dem Portalbetreiber den Sachverhalt vortragen und um Löschung bitten. Portalbetreiber stellen sich aber gerne stur. Nach meiner persönlichen Erfahrung löschen viele nicht im ersten Anlauf und dann ist es an der Zeit, einen Anwalt einzuschalten.
Und wie sieht es aus, wenn eine schlechte Bewertung zwar formal richtig ist, der Geschädigte aber das Gefühl hat, der Verfasser der Kritik war nie bei ihm zu Gast?
Prinzipiell ist es immer schwierig, zu beweisen, dass etwas nicht stattgefunden hat. Der ideale Lauf der Dinge wäre, dass das Portal dem Geschädigten den Namen des Bewertenden nennt und man ihn mit der Gäste- oder Reservierungsliste abgleicht. Das Problem ist, dass die Betreiber hierzu nicht verpflichtet sind. Allerdings greifen die bereits erwähnten eigenen Prüfungspflichten der Portale: Wenn der Geschädigte dem Betreiber gegenüber glaubhaft machen kann, dass der „Kritiker“ nie Gast bei ihm war, liegt die Beweislast beim Portal. Bedeutet konkret, dass der Portalbetreiber Quittungen oder andere Nachweise vom Bewertenden verlangen kann.
Nachbarn sind genervt vom Lärm und Trubel eines Restaurants und geben wiederholt schlechte Online-Bewertungen ab, um dem Gastronomen zu schaden. Was kann man in so einem Fall tun?
Ich würde immer, wenn es in Richtung Verleumdung, Nachstellung oder dauerhafter falscher Verbreitung von Tatsachen geht, Strafanzeige gegen Unbekannt stellen. Die Polizei ist verpflichtet, zu ermitteln, und wenn ein Straftatbestand vorliegt, sind die Portalbetreiber ebenfalls zur Auskunft gegenüber den Ermittlungsbehörden verpflichtet. In so einem Fall kann man den Täter neben der strafrechtlichen Verfolgung übrigens über anwaltliche Akteneinsicht auch noch zivilrechtlich verfolgen.
Was muss ein Gastronom oder Hotelier beachten, wenn er seine Gäste dazu auffordert, ihn positiv zu bewerten?
Am wichtigsten ist, dass die Bewertenden auch wirklich im Restaurant, Geschäft oder Hotel zu Gast waren. Ansonsten liegt wettbewerbswidriges Verhalten vor und man kann entweder von Verbraucherschutzzentralen oder Mitbewerbern in Anspruch genommen werden. Es ist übrigens auch nicht erlaubt, sich mit Vorteilen wie Gratis-Essen oder finanziellen Mitteln positive Bewertungen zu „erkaufen“.
Aus Ihrer anwaltlichen Erfahrung: Lohnt es sich, gegen schlechte Bewertungen vorzugehen?
Prinzipiell gilt: Das Internet vergisst nichts, und etliche Bewertungen sind schlicht und ergreifend rechtswidrig. Das muss und sollte ein Gewerbetreibender nicht hinnehmen. Es gab schon viele, die sich erfolgreich gewehrt haben. Also würde ich definitiv sagen, dass sich ein Vorgehen oft lohnt.
(Gourmet Connection/MK)