Wo stehen wir mit der Digitalisierung in Deutschlands Hotellerie?
Wie ist es um die Digitalisierung in der deutschen Hotel-Landschaft bestellt? Um diese Thematik mit Experten zu diskutieren, lud das Technologieunternehmen hotelbird jetzt nach München in das Rilano Hotel ein. Und schnell wurde klar: Noch hinkt Deutschland hinterher. Aber dass der digitale Wandel auch die Hotellerie überschwappen wird, ist lediglich eine Frage der Zeit. Denn das Reiseverhalten und die Erwartungshaltung der Millennials orientieren sich zunehmend an digitalen Angeboten in Hotels. Und auch für das altbekannte Brennpunktthema Fachkräftemangel kann Digitalisierung Lösungsansätze bieten.
Zwischenmenschlichkeit wird in der Hotel-Branche immer wichtig bleiben
Jan-Nicolas Corbach, Regional General Manager München der Gorgeous Smiling Hotels GmbH, sieht in der Digitalisierung eine notwendige Entwicklung für die Hotellerie. „Es entstehen gerade viele neue Angebote und Möglichkeiten. Allerdings setzt sich die Hotellerie leider nicht nur aus Innovationsfreude mit diesen neuen Services auseinander, sondern aufgrund des Zwangs, die Mitarbeiter an den Stellen zu entlasten, wo die Digitalisierung Arbeit vereinfachen kann und, ebenso bedeutend, noch einen Mehrwert für den Gast schafft.“ Der Fachkräftemangel, die rückläufige Zahl der Auszubildenden und der demographische Wandel zwinge die Hotels zur längst überfälligen Digitalisierung. Trotzdem ist die Hotellerie eine Dienstleistungsbranche, und damit eine, die von der zwischenmenschlichen Kommunikation lebt. Emotionen festzustellen, individuell auf einen Gast einzugehen, muss daher immer Aufgabe des Personals sein und kann nicht von digitalen Produkten übernommen werden.
Eine zweite Zielgruppe, die stark auf Technologie und Digitalisierung in der Hotellerie setzt, sind Geschäftsreisende. Das berichtet Juan A. Sanmiguel, Gründer und CEO des Münchner Unternehmens hotelbird. Hier arbeitet man vor allem an Online-Check-in, mobiler Bezahlung und digitalen Schlüsseln, und damit am Kommunikationsprozess zwischen Rezeption und Gästen. „Die Automatisierung von bestimmten Aufgaben an der Rezeption wird sich aus unserer Sicht in den nächsten Jahren in der Hotellandschaft genauso etablieren wie es vor einigen Jahren der Online-Check-in bei Flugreisen getan hat. Je früher Hoteliers sich mit diesem Thema auseinandersetzen, desto eher können sie von den Vorteilen einer digitalen Guestjourney profitieren“, sagt Sanmiguel. Digitale Angebote seien kein Verlust an Dienstleistung, sondern ganz im Gegenteil ein Service-Gewinn für den Gast, durch den sich Hotels auch effektiv Geld sparen und neue Einnahmequellen generieren.
Von Service-Robotern, sichererem Zahlungsverkehr und zu alten Software-Systemen
Eine digitale Alternative zur inzwischen eher ungeliebten Minibar stellte das Münchner Unternehmens Robotise vor. Jeeves ist ein Serviceroboter, der Roomservice-Aufgaben übernehmen kann und Getränke und Snacks auf Bestellung liefert (rund um die Uhr versteht sich). Johannes Fuchs, Business Development von Robotise, erklärt: „Erfolgreiche Hoteliers verstehen, dass die Zukunft darin besteht, Technologie so einzusetzen, dass sie die Beziehung zum Gast stärkt und die Erlebnisse im Hotel verbessert. Gleichzeitig kann ein Roboter wie JEEVES alltägliche Aufgaben im Haus übernehmen und optimieren.”
Auch das Thema Zahlungsverkehr stand bei den Hotel-Experten im Fokus. Um diesen sicherer, verbraucherfreundlicher und überhaupt bargeldlos zu gestalten, entwickelt der Zahlungsdienstleister Concardis maßgeschneiderte Lösungen. Andre Wagemann, eCommerce Consultant im eCommerce Competence Center bei Concardis, sagte dazu: „Mit nahtlosen Datenströmen und gemeinsamen Kanälen für alle Zahlungseingänge optimieren Hoteliers ihre Prozesse. Durch die Integration verschiedener Lösungen und die Nutzung von Schnittstellen können Buchungen über unterschiedliche Kanäle einheitlich und komplett digital abgebildet werden – das ermöglicht echte Effizienzsteigerungen.“
Für Ulrich Pillau, Gründer von Apaleo, steht die Hotellerie vor einem großen Umbruch – wenn auch etwas verspätet. Dabei helfen soll die von Apaleo entwickelte Property-Management-Software. Sie ermöglicht es, mit beliebig vielen Drittanbieter-Systemen verbunden zu werden. „Diese vollkommen offenen Plattformen werden die Hoteltechnologie komplett verändern. Hoteliers können nun aus einer großen Anzahl von innovativen Apps die richtigen für ihr Hotel oder ihre Zielgruppe auswählen sowie einfach und ohne Kosten implementieren. So werden alte Software-Systeme, die momentan noch vorherrschen, radikal erneuert.“
Konsens herrschte trotz aller Fürsprache der Digitalisierung dabei, dass eine vollständige Digitalisierung aller Prozesse nicht die Lösung für alle Hotelbetriebe sein kann und es auch Zielgruppen gibt, die der radikale Einsatz digitaler Produkte eher abschrecken würde – zum Beispiel Gäste von Digital-Detox-Hotels oder ältere Generationen mit weniger Affinität zur digitalen Welt.
Übrigens: In der kommenden Ausgabe unseres HOGAPAGE-Magazins widmen wir uns in der Titelstory ausführlich der Digitalisierung des Gastgewerbes – welche digitalen Lösungen gibt es und für wen eignen sie sich.