Lettlands Küche: Moderne Interpretationen traditioneller Gerichte
Lettlands Küche ist verrückt bodenständig. Davon konnte sich HOGAPAGE Today in der Kochschule Kustermann am Viktualienmarkt in München selbst überzeugen. Geladen hatte der lettische Hotel- und Gaststättenverband gemeinsam mit der Fluggesellschaft Air Baltic. Im Gepäck der Balten: jede Menge positive Grundstimmung, viele gute Reise-Argumente und einen jungen Koch, der seiner traditionellen Heimatküche einen hippen Schliff verlieh.
Blutwurst, Neunauge-Fisch und Cakepops
Lettland ist längst kein Geheimtipp reiselustiger Gourmets mehr. Das Land im Baltikum hat sich in den letzten 20 Jahren schnell zum innovativen Senkrechtstarter einer fast vergessen Region Europas entwickelt. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1989, schüttelten Lettland und Nachbar Estland schnell den staubigen Kommunismus von ihren Schultern ab. Der eiserne Vorhang wurde durch den bunten Flickenteppich aus innovativen Gesellschaftsdogmen und zukunftsfähigen Infrastruktur-Maßnahmen ersetzt.
Auch gastronomisches öffnete sich das Land an der Ostsee. Die Letten lieben ihr gehaltvolles Surf und Torf – gespickt mit heimischen Kräutern aus Wald und Wiesen schaffen die vielen jungen Köche des Landes eine abwechslungsreiche Kulinarik mit spannenden Food-Pairings.
Die Menüfolge am „Lettischen Abend“ liest sich hochklassig und macht neugierig: Zur Vorspeise bereitete Koch Reinis Strazdins u. a. Blutwurst-Crostini mit Rote-Bete-Essig, Zeiwbeln und Lachskaviar zu. Zum Hauptgang kredenzte er den Neunauge-Fisch an Senfcreme mit Saatenbrot-Crustini und Balsamessig, Pulled-Deer (Hirsch-Confit) mit in Butter gerösteten Tannennadeln auf Sprossenbeet sowie Lamm in Petersilienkruste an Selleriepüree. Zum Dessert verwöhnten die lettischen Gastgeber ihre Gäste mit Cakepops aus Roggenbrot mit getrockneten Cranberries und Baiser. Als Getränke wurden Rhabarber-Sekt der lettischen Weinkellerei Abavas sowie Tee aus heimischer Minze gereicht.
Lettlands Küche und ihre Eigenheiten
Reinis Strazdins ist eigentlich Küchenchef der Weinbar „Garage“ in der lettischen Hauptstadt Riga. Das Lokal ist für ist für seine kreative Tapas stadtbekannt. Strazdins ist zwar erst 30 Jahre alt, aber mit seiner 13-jährigen Erfahrung bereits ein alter Hase in Lettlands Gastronomie-Szene. Er versteht es wie kaum ein anderer junger Koch, die deftige und schwere Kulinarik in ein modernes Food-Pairing-Märchen zu verzaubern. Überraschungen auf der Zunge und am Gaumen sind bei dem experimentierfreudigen Koch garantiert. Im Interview mit HOGAPAGE Today hebt er die Eigenart seiner Heimatküche hervor: „Die lettische Küche ist sehr speziell, wir benutzen nur regionale Zutaten, also alles das was wir in unseren Wäldern und im Meer finden.“ Importiert wird kaum etwas, denn die Flora und Fauna des Landes ist sehr ergiebig. „Der Anteil an Bio-Restaurants wächst dabei unaufhörlich“, betont Strazdins. „Unsere Küche nimmt sich die Freiheiten, die sie Jahrzehnte lang unter dem sowjetischen Einfluss nicht ausleben konnte.“
Kristin Bernd von Aviareps hat den Abend gemeinsam mit dem lettischen Hotel- und Gaststättenverband organisiert. Sie ergänzt: „Für uns ist es wichtig, Lettland und das gesamte Baltikum als vielfältige – und auch etwas überraschende – Urlaubsregion vorzustellen, daher sind abwechslungsreiche Veranstaltungskonzepte und leicht ausgefallen Räumlichkeiten wichtig.“
Lettland ist auf der kulinarischen Landkarte Europas kein dunkler Fleck mehr. Dafür sorgen auch Köche wie Reinis Strazdins – sie zeigen, wie stark verwurzelt ihre Küche noch ist, aber wie bunt und verrückt ihre Blüten herauswachsen. „Labu apetīti!“ (FL)