Die Möhre in 20 Facetten
Gemüse auf dem Teller gibt es in Restaurants meist nur als Beilage. Klar – wie soll man allein davon auch satt werden, mag sich der eine oder andere denken. Was aber, wenn man die Rollen vertauscht, das Gemüse zum Star auf dem Teller macht … und Fleisch und Fisch maximal als Sidekick serviert? Das war der Ursprungsgedanke, den die Kreativköpfe des Transgourmet LABs, dem Think-and-Do-Tank von Transgourmet Deutschland, hatten. Und weitergedacht: Wie genau kann man Gemüse ins Zentrum rücken und ihm die kulinarische Wertschätzung zu erweisen, die es verdient? Tatsache ist: In den Küchen deutscher Restaurants findet eine spannende Veränderung statt, die dem aktuellen vegetarischen und veganen Ernährungstrend folgt. Aber hin und wieder fehlt es an Zubereitungsideen. Um also die bekannten Koch-Sphären zu verlassen und die Vielfältigkeit zu entdecken, sollte an einer Gemüsesorte exemplarisch ausgelotet werden, was alles möglich ist. Die Wahl fiel auf die Antwort zu der Frage nach dem auf den ersten Blick banalsten Gemüse Deutschlands: Die Möhre. Und so hat Transgourmet LAB jüngst zu einem gemeinsamen kulinarischen Experiment in den Kochclub in der Fabrik in Offenbach am Main geladen. Mit dabei zehn namhafte Gourmet-Köche, ein Gärtner aus Mecklenburg-Vorpommern und jede Menge Karotten.
Alain Passard soll einmal gesagt haben: „Wir kennen erst zehn Prozent des Potenzials einer Karotte“. Nach der ersten Kochwerkstatt von Transgourmet sind es definitiv mehr. Insgesamt 20 Gerichte bereiteten die anwesenden Köche zu – ob als „Karotte, Rauchcreme & japanische Zitterquitte“ (Christoph Hauser, Restaurant Herz & Niere), Karotten-Estragondrink (Paul Jahn, Deutsche Köche Nationalmannschaft und Restaurant Horváth), Gegrillte Sandkarotte mit einer Emulsion von Sauermolke (Jochim Busch, Gustav Restaurant) oder Karotte mit vergorenem Apfel und Kürbiskernmiso (Ricky Saward, Seven Swans). Selbst als Dessertvariation überzeugt die Möhre – zum Beispiel als Karottenmarzipan (Paul Jahn).
Weitere Köche, die mit kreativen Rezeptideen begeisterten:
- Benedikt Faust, Kuno 1408
- Gilber Korn-Fourcade, Transgourmet Innovations-Referent
- Timo Beck, ResQ
- Isabel Jauernig, Scheunenwirtin
- Dominik Wetzel, Chef-COOK & Food-Experte Transgourmet Cook
- Martin Weghofer, Hotel Kloster Haydau
Mehr Dialog zwischen Köchen und Lieferanten
Im Mittelpunkt standen jedoch nicht nur die „unbekannten Dimensionen eines bekannten Gemüses“, die Lust am Ausprobieren, sondern auch der Ideenaustausch untereinander und mit landwirtschaftlichen Produzenten. Was ist für Lieferanten und Kunden interessant? Olaf Schnelle, Besitzer der Gärtnerei Schnelles Grünzeug, berichtete unter anderem darüber, wie wichtig es ist, Bodenkunde und Pflanzenernährung als Einheit zu sehen, dass die Pflanze den Boden beeinflusst und umgekehrt. Seiner Meinung nach könne über eine ausgewogene Gründüngung der Boden soweit ernährt und aufgebaut werden, dass man keinen chemischen Dünger mehr bräuchte. Diese Böden seien nicht nur hochproduktiv, sondern könnten auch klimatische Katastrophen wie Überschwemmungen leichter Stand halten. Stichwort „regenerative Landwirtschaft“.
Außerdem plädierte Olaf Schnelle für den Dialog zwischen Köchen und Lieferanten. Denn gerade für Kleingärtner sei Kundentreue und Kontinuität über das Jahr hinweg essentiell für die Planbarkeit und Lieferbarkeit der Ware. Denn wechselt der Nachfrage-Umfang einzelner Kunden jährlich, oder setzt gar aus, könne das unter Umständen zu extremen Lieferschwierigkeiten für die Gärtner führen. Wenn ein Koch besondere Wünsche hätte, solle er daher das Gespräch mit dem Lieferanten suchen.
Weitere Events denkbar
Es war die erste Veranstaltung dieser Art – für das kommende Jahr sind laut Transgourmet LAB jedoch weitere Events dieses Formats vorstellbar. Denn unsere Gemüsesorten haben noch eine ganze Menge Potenzial, das entdeckt werden will. Eines steht jedoch schon fest: Es schmeckt nicht nur sagenhaft, sondern man wird in jedem Fall auch satt.