Food-Trend

„,Regional‘ kann einfach kein Qualitätsmerkmal sein“

frische Kartoffeln
Vom Acker in den Kochtopf: Immer mehr Verbraucher legen Wert darauf, Produkte wie Kartoffeln vom benachbarten Bauernhof zu beziehen (Foto: © Fotolia/karepa)
Lebensmittel von regionalen Produzenten zu beziehen, ist einer der aktuellen großen Food-Trends. Spitzenköche sehen das jedoch kritisch. Und was bedeutet überhaupt „regional“?
Donnerstag, 02.05.2019, 13:19 Uhr, Autor: Kristina Presser

Produkte sollen heute möglichst regional sein, ob im Restaurant oder Einzelhandel. Regionaler Anbau ist einer der großen aktuellen Food-Trends. Dabei sagen selbst Spitzenköche, dass „regional“ nicht automatisch „gut“ bedeutet, wie in einem Bericht des Iconist zu lesen. Wofür steht überhaupt „regional“? Denn der Begriff ist – wenn man es recht betrachtet – nicht einmal genau definiert.

Thomas Bühner, Spitzenkoch und bis Sommer 2018 Geschäftsführer des 3-Sterne-Restaurants „La Vie“ in Osnabrück, hält die Einstellung, alles ausschließlich von regionalen Produzenten zu beziehen, für unrealistisch, wie er gegenüber dem Iconist angibt.  „Ich habe bei uns im ,La Vie‘ nie gesagt, dass wir regional kochen. Ein Blumenkohl wird nicht besser, wenn er einmal um die Welt fliegt, und hier in der Region gibt es auch tolle Kartoffeln, tollen Spargel und gute Äpfel. Aber das beste Rind kommt halt nicht aus Osnabrück.“ Die Herkunft eines Produktes sage etwas über Transportwege und Nachhaltigkeit aus, nicht aber über die Qualität und den Geschmack.

Kaffee, Tee und Schokolade werden niemals regional sein – sind sie deshalb schlecht?
Alexander Herrmann, Fernsehkoch und Geschäftsführer eines Zwei-Sterne-Restaurants im fränkischen Wirsberg, stellt noch andere Fragen. „Man müsste erst mal definieren, was regional überhaupt heißt“, sagt der Spitzenkoch. Es gebe dafür keinen allgemein gültigen Maßstab. Sind es fünf Kilometer, 50 Kilometer oder, wie in Amerika, 500 Kilometer, die einen regionalen Umkreis abstecken? Und was ist mit einer grünen Papaya oder einer Mango, die im Tropenhaus im oberfränkischen Tettau wächst? Ist sie „erlaubt“, weil sie unweit von Herrmanns Restaurant gezüchtet wurde? Oder schlägt die südländische Herkunft den Produktionsort? Noch spannender: Bis wohin darf diese bayerische Mango als „regional“ verkauft werden? Wäre sie auch in Berlin noch regional? „Wir verwechseln in dieser Frage allzu oft Historie und Regionalität“, kritisiert Alexander Herrmann. Kaffee, Schokolade, Tee – egal, wo diese Produkte in Deutschland verfeinert werden, sie werden niemals regional. „Und sind sie deshalb schlecht?! Nein, natürlich nicht! Regional kann einfach kein Qualitätsmerkmal sein, das ist doch Unsinn!“

„Ich bin froh, dass wir inzwischen eine eigene Identität entwickeln“, sagt Alexander Herrmann. Denn lange waren es Länder wie Frankreich, Italien und Spanien, an denen sich die deutsche Küche orientiert hat. Mittlerweile geht auch hierzulande wieder was: „Endlich darf ein Saibling genauso serviert werden wie ein Steinbutt – vorausgesetzt, es ist das bessere Produkt!“ Wirbt man also mit kulinarischer Feinheit und Geschmack, mag es schwer fallen, allein auf Produkte aus dem Umland zu setzen.

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Der Snackautomat ist rund um die Uhr im Einsatz.
Wachstum
Wachstum

Foodji möchte Position als Marktführer stärken

Frisches, gesundes Essen rund um die Uhr: Das Münchener Food-Tech Unternehmen betreibt intelligente Essensautomaten. Foodji möchte im Segment der autonomen Verpflegung weiter wachsen. Wie soll das gelingen?
Denis Feix und Kathrin Feix
Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit

„Marburger Esszimmer“ mit neuem Konzept

Nach zweijähriger Pause öffnet im Winter das „Marburger Esszimmer“ wieder seine Pforten. Dabei setzt das Fine-Dining-Restaurant auf eine zeitgemäße Spitzenküche mit Schwerpunkt auf Gemüse aus regionalem und nachhaltigen Anbau.
Das Wunderlocke in München, Sendling nimmt den Gastronomiebetrieb auf.
Neueröffnung
Neueröffnung

Wunderlocke in München nimmt Gastrobetrieb auf

Seit Juli 2022 bietet das Wunderlocke Reisenden sowie Einheimischen ein außergewöhnliches Hospitality-Konzept. Im Herbst eröffnen nun die fünf Gastronomiebetriebe, die sich auf sieben Etagen präsentieren.
Die Food-Trends für 2023.
Perspektiven
Perspektiven

Food-Trends 2023: Ein Blick in die Zukunft der Gastronomie

Die aktuellen Food-Trends zeigen, was die Gastronomie, Handelsgastronomie und Lebensmittelindustrie in den nächsten Jahren prägen wird. Was das für die Branchen für das kommende Jahr bedeutet, zeigt der neue Food Report 2023 von Hanni Rützler und dem Zukunftsinstitut.
Emilia Montz
Gastronomie
Gastronomie

S.Pellegrino Young Chef Academy Award: Emilia Montz im Finale

Es war ein nervenaufreibender Wettbewerb für die Teilnehmer. Am Ende konnte sich die Chef de Partie aus dem Restaurant „Troyka“ über den Sieg im Vorentscheid freuen. Für sie geht es nun nach Mailand zum Finale.
Das Sieger-Küchenteam
Sieger
Sieger

Hannoveraner Team im Chef’s-Cup-Finale

Das Küchenteam vom Messegelände Hannover wird Deutschland bei dem internationalen Kochwettstreit vertreten. Das Finale richtet das Catering-Unternehmens Aramark in diesem Jahr in Shanghai aus.
Daniel von Canal und Felix Munte
Wachstumskapital
Wachstumskapital

25 Millionen Euro für Foodji durch Hybridfinanzierung

Foodji sichert sich als erstes Unternehmen in Europa Zugang zu einer neuen Hybridfinanzierung von P Capital Partners (PCP) und erhält dadurch Zugang zu bis zu 25 Millionen Euro. Das Münchner Food-Tech-Scale-up will das Kapital nutzen, um weiter zu skalieren und mit seinen intelligenten Essensautomaten die Versorgungslücke im Mittelstand zu schließen. 
Essensausgabe in der Kantine
Gesunde Verpfelgung
Gesunde Verpfelgung

Neues RAL Gütezeichen für gesicherte Essensqualität in der Gemeinschaftsverpflegung

Ab sofort gibt es einen neuen Qualitätsstandard für die Gemeinschaftsverpflegung: Das „RAL Gütezeichen Qualitätsprodukt Gemeinschaftsgastronomie“ wurde für eine gesicherte Essensqualität in der Gemeinschaftsverpflegung ins Leben gerufen.
Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) in Dresden
Übergabe
Übergabe

Spitzenköche bereichern Rezeptsammlung des Deutschen Archivs der Kulinarik

Das Deutsche Archiv der Kulinarik an der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) in Dresden wächst weiter. Bekannte Spitzenköche übergaben am Montag persönlich ihre Rezepte für ihre berühmten Kreationen.